Der langjährige Präsident des Internationalen Eishockeyverbandes ist an der Eishockey-WM in Prag nicht erwünscht – oder jedenfalls nur virtuell. Die Ehrenmitgliedschaft wird dem Freiburger aber nicht entzogen.

Die Eishockey-WM in Prag ist ein riesiger Erfolg. Bereits in der ersten Woche passierten mehr als 500 000 Zuschauer die Gates an den beiden Spielorten in Prag und Ostrava. Dabei beginnt die entscheidende Turnierphase erst mit den Viertelfinals am Donnerstag. Die Tschechen sind damit auf Kurs, den eigenen Publikumsrekord der letzten WM in Prag 2015 zu übertreffen (741 690).

Doch eine Person, die in Prag gerne dabei gewesen wäre, fehlt: René Fasel, während 27 Jahren Präsident des Internationalen Eishockeyverbandes (IIHF), ist am Kongress ab Mittwoch nicht erwünscht. Der mittlerweile 37-jährige Freiburger darf als Ehrenpräsident zwar virtuell an der Zusammenkunft teilnehmen, doch physisch, wie er das gerne getan hätte, ist er unerwünscht. Luc Tardif, der Fasel vor drei Jahren an der Spitze der IIHF abgelöst hat, sagt: «Es ist eine Frage der Sicherheit.»

Man war Fasel in Tschechien nie sonderlich zugetan. Schon zu seiner Zeit als Präsident wurde er im Eishockey-begeisterten Land bei öffentlichen Auftritten mehr als einmal ausgepfiffen. Man warf im Parteilichkeit vor. Doch für Kritik sorgte bereits damals seine Sympathien für die Russen. Mit seiner Nähe zur Krieg führenden Nation hat der Freiburger sein Vermächtnis, das er während 27 Jahren an der Spitze der IIHF aufgebaut hat, nun auf einen Schlag zerstört.

Die IIHF hat ihre Ethikkommission sogar dazu aufgefordert, eine Untersuchung einzuleiten und zu prüfen, ob sich Fasel etwas juristisch Relevantes hat zu Schulden kommen lassen. Es gibt mehrere Personen, die sich dafür aussprechen, ihm die Ehrenpräsidentschaft abzuerkennen.

Tardif gibt sich zurückhaltend. Er sagt, er habe im vergangenen Herbst letztmals mit René Fasel gesprochen. Gleichzeitig sagt er aber auch: «Ich denke nicht, dass es richtig wäre, ihm die Ehrenpräsidentschaft zu entziehen. Man sollte nicht vergessen, was er in all seinen Jahren an der Spitze des internationalen Eishockeys geleistet hat. Gleichzeitig vertritt er heute andere Interessen als die unseren.»

Vor einem Jahr nahm Fasel gemäss der Nachrichtenagentur Tass die russische Staatsbürgerschaft an und pendelt seither zwischen seiner Freiburger Heimat und der Region Krasnodar hin und her. Er soll auch in den Aufbau der Friendship-Games involviert sein, die Putin als Antwort auf die russische Isolation im internationalen Sport auf die Beine gestellt hat. Mit Fasels Hilfe soll Russland derzeit versuchen, die NHL zu einer Teilnahme an diesen zu bewegen. Er selber war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Tardif half seine Erfahrung

Dass Luc Tardif die Wogen zu glätten versucht, ist nachvollziehbar. Er sitzt seit 2021 an der Spitze des IIHF. Sein Verband durchlebte in den letzten Jahren mehrere Krisen: «Im Prinzip müssen wir nur schon froh sein, dass es uns überhaupt noch gibt. Ich hatte keine Anlaufzeit. Gleich zu Beginn waren die aussergewöhnlichen Olympischen Spiele in Peking, die unter dem Schatten der Covid-Pandemie standen. Die NHL zog sich kurzfristig von den Winterspielen zurück. Und nur zwei Tage nachdem die Spiele vorüber gewesen waren, überfiel Russland die Ukraine.»

Das alles hat auch das internationale Eishockey durchgeschüttelt. Tardif half in dieser schwierigen Phase seine Erfahrung. Als Council-Mitglied war er zuvor während zehn Jahren für die Finanzen der IIHF verantwortlich gewesen. Doch heute sagt er: «Selbst wenn die Zeit nicht einfach war, ich mag meinen Job und habe noch nicht bereut, das Präsidium übernommen zu haben.»

Doch die Turbulenzen haben bereits vor seinem Amtsantritt begonnen. Die WM in der Schweiz musste wegen der Covid-Pandemie abgesagt werden. Dann geriet das nächste Turnier in Wissrussland und Lettland wegen potenziellen Wahlmanipulationen und politischen Unfruhen in Weissrussland in die Kritik. Nach Wahlmanipulationen und wilden Ausschreitungen auf den Strassen von Minsk sah sich die IIHF dazu gezwungen, Weissrussland die WM zu entziehen und sie einzig im Land des Co-Gastgebers Lettland durchzuführen.

Russland bleibt ausgeschlossen

René Fasel, damals noch Präsident, reiste noch im Januar nach Minsk und beging dort den Lapsus, den weissrussischen Autokraten Alexander Lukaschenko vor laufenden Kameras zu umarmen. Ein Sturm der Entrüstung brach über den Freiburger und seine Organisation herein. Fasels Nähe zum russischen Kriegsfürsten Wladimir Putin überschattet ihn und die IIHF auch nach mehr als zwei Kriegsjahren. Ihre Rückkehr an die WM ist im Moment kein Thema, auch wenn diese aus rein sportlicher Sicht ins Turnier gehörten.

Zumindest ist Tardif bei den Gesprächen in einem anderen Dossier bereits einen Schritt weiter. Im Februar einigte er sich mit der NHL und dem IOK auf die Teilnahme der NHL-Spieler an den kommenden beiden Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand und 2030 in Salt Lake City. Geholfen hat ihm der Druck, den das US-Network NBC, das die Olympia-TV-Rechte hält, auf die NHL und das IOK aufgebaut hatte. Es ging in den zähen Gesprächen vor allem darum, wer die Versicherung für die Spielerlöhne zahlen muss, die zwischen 12 und 13 Millionen Dollar pendeln. Man einigte sich darauf, diese Kosten zwischen IIHF, IOK und den nationalen olympischen Komitees aufzuteilen.

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