Samstag, April 19

Die Trump-Regierung will den illegal ausgelieferten Migranten nicht in die USA zurückholen. Eine Bundesrichterin sieht darin eine mögliche Missachtung der Justiz. Aber noch sieht sich die Regierung am längeren Hebel.

Eine unbeirrbare amerikanische Bundesrichterin am Bezirksgericht in Maryland lässt nicht locker: Tag für Tag bestellt die 57-jährige Paula Xinis die Anwälte der Trump-Regierung vor Gericht. Sie sollen darlegen, wie genau sie die Rückkehr von Kilmar Garcia «erleichtern» wollen – so wie es der Oberste Gerichtshof in Washington am 10. April verlangt hat. Dieser entschied, dass die Abschiebung des 29-jährigen Salvadorianers illegal gewesen sei. Bereits 2019 hatte eine Einwanderungsbehörde seine Ausweisung untersagt, weil die Gang MS-13 sein Leben bedrohe.

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Doch Richterin Xinis wirft der Regierung fehlende Kooperation vor: «Ich habe überhaupt nichts erhalten», sagte sie in der Anhörung vom Dienstag. «Ich habe keine wirkliche Antwort erhalten und keine rechtliche Begründung dafür, warum nicht geantwortet wird.» Xinis kündigte an, sämtliche rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um die Trump-Regierung zu einer substanziellen Stellungnahme zu bewegen – insbesondere zur Frage, wie die Rückkehr Garcias ermöglicht werden soll. Der Migrant aus El Salvador befindet sich derzeit in einem Hochsicherheitsgefängnis in seinem Heimatland.

Eine illegale Ausschaffung

Beamte der Einwanderungsbehörde verhafteten Garcia am 12. März und schoben ihn drei Tage später – unter Berufung auf Notrecht und ohne ordentliches Verfahren – nach El Salvador ab. Er war einer von insgesamt 261 mutmasslichen Bandenmitgliedern, die auf diese Weise ausser Landes gebracht wurden.

Bereits im Februar hatten die Vereinigten Staaten ein laut Aussenminister Marco Rubio «aussergewöhnliches» Migrationsabkommen mit El Salvador geschlossen. Im Rahmen dieser Vereinbarung zahlen die USA 6 Millionen Dollar pro Jahr für die Inhaftierung von mutmasslich kriminellen Migranten, die im Schnellverfahren abgeschoben wurden.

Die Trump-Regierung wirft Kilmar Garcia vor, Mitglied der salvadorianischen Gang MS-13 zu sein. Am Dienstag erläuterte ein Anwalt vor dem Bezirksgericht in Maryland die Haltung der Regierung: Garcias Verbindungen zur MS-13 seien von zwei Richtern der Einwanderungsbehörde im Jahr 2019 für glaubwürdig gehalten worden; Garcia wiederum habe keine Beweise vorlegen können, um den Vorwurf zu entkräften. Die Regierung versucht damit, die Beweislast umzukehren.

In Wirklichkeit wurde Garcia nie angeklagt; ein Ausweisungsbefehl wurde damals gerichtlich gestoppt. Garcia ist inzwischen dreifacher Vater und absolvierte zum Zeitpunkt seiner Verhaftung im März eine Lehre als Schlosser. Sein Anwalt spricht von einem «kafkaesken Fehler».

Bukele besucht Trump im Oval Office

Die Trump-Regierung hat bei der Ausschaffung angeblich krimineller Migranten von Anfang an Katz und Maus mit den Gerichten gespielt. Über die für den 15. März geplanten Flüge nach El Salvador informierte sie die zuständigen Stellen erst in letzter Minute. Einer gerichtlichen Anordnung, die Abschiebungen vorläufig zu stoppen, wurde nicht Folge geleistet – mit der Begründung, die Maschinen seien bereits gestartet. Der salvadorianische Präsident Nayib Bukele kommentierte das Vorgehen auf der Plattform X mit der sarkastischen Bemerkung: «Oops, too late».

Am vergangenen Montag empfing Präsident Trump seinen Amtskollegen Bukele im Weissen Haus. Der Besuch verlief betont freundschaftlich, beide Staatschefs machten deutlich, dass sie nicht beabsichtigen, Garcia in die USA zurückzubringen. Bukele wies entsprechende Forderungen als «absurd» zurück. Es könne schliesslich nicht von ihm erwartet werden, «einen Terroristen in die Vereinigten Staaten zu schmuggeln».

President Trump Participates in a Bilateral Meeting with the President of El Salvador

An der Pressekonferenz im Oval Office kamen auch Justizministerin Pam Bondi und Aussenminister Marco Rubio zu Wort: «Das ist die Sache von El Salvador, wenn sie ihn zurückschicken wollen», sagte Bondi. «Das geht uns nichts an.» Rubio sagte, kein Gericht könne die Aussenpolitik der USA steuern.

Vor dem Bezirksgericht in Maryland machten die Anwälte der Regierung kaum konkretere Angaben. Man könne lediglich zusichern, dass Garcia zurückkehren dürfe, wenn er sich an der Grenze der USA melde. Doch nicht für lange: Er würde entweder sofort in ein Drittland ausgeflogen oder aber die im Jahr 2019 verhängte Ausweisungssperre für El Salvador würde aufgehoben – und er würde erneut dorthin ausgeschafft.

Ambivalentes Urteil des Supreme Court

Diese Erklärungen reichen der Bundesrichterin Xinis offenbar nicht aus. Inzwischen warnen mehrere amerikanische Medien vor einer Verfassungskrise. Dabei lassen sie ausser acht, dass das Urteil des Supreme Court der Regierung einen gewissen Spielraum für die Verzögerungstaktik geschaffen hat.

Die höchsten Richter suchten im Urteil vom 10. April nämlich einen Kompromiss: Einerseits nannten sie die Ausschaffung illegal und verlangten, dass die Regierung die Rückkehr von Garcia erleichtert und «sicherstellt, dass sein Fall so behandelt wird, wie er es wäre, wenn er nicht fälschlicherweise nach El Salvador abgeschoben worden wäre». Andererseits deuteten sie an, dass die Rückführung nicht richterlich erzwungen werden könne, da es sich um «auswärtige Angelegenheiten» handle. Mit dieser Bemerkung wiesen sie den Fall wieder an das Bezirksgericht in Maryland zurück.

Dort benützen die Anwälte der Regierung das ambivalente Urteil des Supreme Court als Anleitung, um die Kompetenz der Bezirksgerichts infrage zu stellen. Falls die von Präsident Obama eingesetzte Bundesrichterin Xinis eine Missachtung des Gerichts feststellen würde – wozu sie sich bislang nicht durchgerungen hat –, wäre das ein Schritt in Richtung einer veritablen Verfassungskrise. Es kann gut sein, dass der Fall Garcia nochmals vor dem Supreme Court landen wird.

Am Wochenende flog die Regierung zehn weitere Migranten nach El Salvador aus. Der Supreme Court hat die Ausschaffungen per Notrecht inzwischen gestattet, aber verlangt eine Frist, damit Betroffene rechtlichen Beistand suchen können. Derweil doppelte Trump nach und kündigte an, dass er prüfen lasse, ob bald auch «einheimische Kriminelle», also amerikanische Staatsbürger, in ausländischen Gefängnissen inhaftiert werden könnten.

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