Freitag, Februar 7

Vor Bundesgericht hat Browder den Rechtsstreit um Gelder aus einem mutmasslichen Steuerbetrug in Russland definitiv verloren. Eingefrorene Gelder auf UBS-Konti müssten nun freigegeben werden. Aber die Begünstigten stehen auf der US-Sanktionsliste.

Der UBS-Chef Sergio Ermotti hat am vergangenen Dienstag einen Reingewinn von über 5 Milliarden Dollar vermeldet. Trotz dieser freudigen Nachricht sind die UBS-Aktien an der Börse abgestürzt. Als wäre das nicht genug, hat Ermotti gleichentags auch noch unangenehme Post vom amerikanischen Investor Bill Browder erhalten. Browder hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Verantwortlichen für den Tod seines früheren Steuerberaters Sergei Magnitski zur Rechenschaft zu ziehen.

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Magnitski ist 2009 in einem Gefängnis in Russland unter elenden Bedingungen gestorben, nachdem er den Behörden in Moskau einen mutmasslichen Steuerbetrug über 230 Millionen Dollar gemeldet hatte.

In der E-Mail vom Dienstag wandte sich Bill Browder im Namen seiner Finanzgesellschaft Hermitage Capital Management direkt an den CEO der UBS: «Dear Mr. Ermotti» heisst es einleitend. Es folgt eine eindringliche Warnung, keinesfalls die gesperrten Bankkonten zweier Russen freizugeben, gegen die in der Schweiz jahrelang vergeblich wegen Geldwäscherei ermittelt worden ist.

Auf US-Sanktionsliste

Bei den zwei Russen handelt es sich um Dmitri K. und Wladen S. Sie stehen auf der Sanktionsliste der sogenannten Magnitski Act, eines Gesetzesartikels, mit dem die USA Personen mit Sanktionen belegen, die in Zusammenhang mit dem Tod von Sergei Magnitski gebracht werden.

Dmitri K., ein russischer Wirtschaftsmagnat, wird von Browder als Drahtzieher des Moskowiter Steuerbetrugs bezeichnet. Bei Wladen S. handelt es sich um den Ex-Mann der verantwortlichen Steuerkommissärin. Über ihn soll ein grosser Teil der Betrugsgelder ins Ausland geflossen sein, unter anderem in die Schweiz.

Doch die Bundesanwaltschaft hat das Strafverfahren gegen die zwei Russen 2021 eingestellt, nach über zehn Jahren aufwendiger Ermittlungen. Der Entscheid wurde heftig kritisiert, auch vom Geldwäscherei-Experten Mark Pieth. Er halte die Begründung für «windig und ultrajuristisch», sagte er gegenüber der NZZ.

In den USA kam die Schweizer Justiz deswegen sogar auf die Anklagebank. Bei einer Anhörung in Washington vor der Helsinki-Kommission sagte Bill Browder, die Schweiz sei ein Land, in dem das Rechtssystem nicht funktioniere. Und wenn ein Justizsystem nicht funktioniere, fuhr er fort, «müssen wir es reparieren». Mit «wir» meinte er die USA.

Auch Michael Lauber soll mit Sanktionen belegt werden

Die Helsinki-Kommission, die sich für die weltweite Verfolgung von Geldwäscherei einsetzt, beantragte sogar, drei Vertreter des angeblich korrupten Schweizer Justizsystems auf die Sanktionsliste der USA zu setzen, unter ihnen den früheren Bundesanwalt Michael Lauber. Das ist bis heute allerdings nicht geschehen.

Derweil führte Bill Browder seinen Kampf auch in der Schweiz weiter. Die Einstellungsverfügung der Bundesanwaltschaft hatte er durch alle Instanzen hindurch angefochten, bis er vergangene Woche höchstrichterlich unterlag. In seinem Urteil macht das Bundesgericht zweierlei geltend. Es könne nicht nachgewiesen werden, dass die in der Schweiz konfiszierten Gelder der russischen Beschuldigten tatsächlich aus dem geltend gemachten Steuerbetrug in Moskau stammen.

Und Hermitage Capital Management, dem Finanzunternehmen von Bill Browder, sei aus dem Betrug kein direkter Schaden entstanden – einen Schaden erlitten hätten einzig die russischen Steuerbehörden. Folglich sei die Aberkennung des Status als Privatklägerin von Hermitage Capital zu Recht erfolgt.

Mit dem Urteil des Bundesgerichts ist die Verfahrenseinstellung der Bundesanwaltschaft rechtskräftig. Damit verbunden ist die Freigabe jener Konten, die zu Beginn der Ermittlungen eingefroren wurden. Insgesamt geht es um 14 Millionen Dollar. Neben Dmitri K. und Wladen S. war ein dritter Russe beschuldigt, der Wirtschaftsmagnat Denis K. Weil er auf keiner Sanktionsliste steht, ist die Rückgabe der Gelder in seinem Fall unbestritten.

In den anderen zwei Fällen hingegen ist die Rechtslage kompliziert. Wie die Bundesanwaltschaft auf Anfrage bestätigt, ist sie für den Vollzug des Entscheides zuständig. Sie wird die UBS also schon bald auffordern, die Bankkonten der ehemals beschuldigten Russen freizugeben.

Gleichzeitig läuft die UBS Gefahr, US-Sanktionen zu brechen, wenn sie der Aufforderung der Bundesanwaltschaft nachkommt. In früheren Fällen hat das US-Justizdepartement drastische Strafen ausgesprochen: HSBC wurde mit 1,9 Milliarden Dollar gebüsst, BNP Paribas sogar mit 8,9 Milliarden Dollar.

Was tun?

Die UBS könnte die heisse Kartoffel wohl weiterreichen und bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde (Finma) eine Meldung wegen Geldwäschereiverdachts machen. So wäre es an der Finma, die Güterabwägung vorzunehmen zwischen den diametral auseinanderliegenden Begehren der Schweizer und der US-Justiz.

Die Stellungnahme der UBS lässt einen anderen Schluss zu: «Als global tätiges Unternehmen sind unsere entsprechenden Programme so konzipiert, dass wir die Sanktionen mehrerer Rechtsordnungen einhalten, darunter jene der Schweiz, der Uno, UK, der USA und der EU», schreibt die UBS-Medienstelle auf Anfrage.

Das Risiko, die US-Sanktionen zu brechen und dafür gebüsst zu werden, wird die UBS kaum eingehen. Wie die Bundesanwaltschaft damit umgeht, wenn ihre Anweisung nicht befolgt wird, bleibt abzuwarten.

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