Mit Glück, Verstand und gegnerischem Pech befreit sich der FCZ vom letzten Platz in der Meisterrunde. Winterthurs Trainer Patrick Rahmen steht vor dem Ende seiner einjährigen Erfolgsgeschichte.
Vielleicht tat auch die Botschaft der mitgereisten FCZ-Fans ihre Wirkung. Sie hatten überdimensionierte Wimpel von historischen Europacup-Begegnungen über dem Sektor aufgehängt. Darunter stand, es sei «Zeit für ein paar neue». Nach dem 3:1 auf der Schützenwiese ist diese Zeit etwas näher gerückt. Der FCZ ist neu im 5. Rang klassiert, zwei Punkte vor dem FC Winterthur. Ein erster, kleiner Schritt in den Europacup ist getan.
Die Erleichterung bei der FCZ-Führung war jedenfalls offensichtlich, als der Schiedsrichter die Partie abpfiff. Der Präsident Ancillo Canepa spazierte mit einem zufriedenen Lachen vor dem Spielereingang hin und her und klatschte jeden in seiner Nähe ab. Auch den Sportchef Milos Malenovic, der für die nächste Saison gross plant. Dafür ist die Teilnahme am Europacup Voraussetzung.
Zwei Standard-Tore vertreiben die Verunsicherung
Der Druck auf die verunsicherte Mannschaft war erheblich, der neue Trainer Ricardo Moniz hatte vor dem Spiel gar gesagt, gegen YB hätten nicht alle Spieler gezeigt, dass sie diesem Druck gewachsen seien. Nun konnte auch Moniz feststellen: «Wir haben mentale Stärke gezeigt.» Doch ganz so einfach war es dann doch nicht. Der FCZ brauchte auch Glück und eine gute Weile, bis er die Verunsicherung der letzten Wochen phasenweise aus Beinen und Köpfen verscheuchen konnte.
So gehörte die Startphase dem FC Winterthur. Sie endete mit dem 1:0 von Remo Arnold, der nach einem Corner die wirre FCZ-Abwehr nutzte. Auf der Suche nach einer Antwort passierte dann Erstaunliches. Der FCZ erinnerte sich an die alten Zeiten unter Bo Henriksen und beschloss, nach fünf Spielen mit nur einem Tor den Erfolg wieder einmal mittels Standard zu suchen.
Das gelang: Zwei Eckbälle von Jonathan Okita köpfte zwei Mal Marc Hornschuh vom Fünfmeter-Eck zur Mitte und schon wurde aus dem 0:1 ein 2:1 aus Sicht des FCZ. Erst 25 Minuten waren da gespielt. Die FCZ-Welt sah noch nicht so aus, wie sich das Malenovic gerne ausmalt – dominant, rasant, attraktiv –, aber immerhin stimmte das Resultat. Schon unter Henriksen hatte der FCZ die Erfahrung gemacht, dass ein Tor ein Tor ist, egal, wie es zustande kommt. Dieses Wissen half; nach Amadou Dantes 3:1 half es noch mehr, den so wichtigen Sieg über die Zeit zu bringen.
«Es ist noch nichts entschieden», sagte der Winterthur-Trainer Patrick Rahmen. Zwei Punkte Rückstand seien drei Runden vor Schluss kein Grund, vom 5. Rang als Ziel abzurücken. Zuversicht schöpft Rahmen nach drei Niederlagen in Folge aus der «Bewertung der Leistung» seiner Equipe, grundsätzlich sei er zufrieden. Mit dem nötigen Glaube würde auch das Resultat die Leistung wieder besser abbilden.
Patrick Rahmen dürfte Winterthur verlassen
In der Tat war offensichtlich, dass für einmal das Spielglück nicht den Winterthurern hold war: etwa bei Basil Stillharts Schuss ans Lattenkreuz kurz nach der Pause. Aber auch Sayfallah Ltaief fällte im FCZ-Strafraum oft den falschen Entscheid. Und eine Fehlerkette wie vor dem dritten Gegentreffer vermag dann eben auch ein wackliger FCZ auszunützen.
Für Rahmen dürfte es das zweitletzte Spiel als Winterthur-Coach auf der Schützenwiese gewesen sein. Der 55-Jährige bestätigte Gespräche mit den Young Boys, ab der kommenden Saison beim designierten Meister zu übernehmen. Bevor YB nicht definitiv den Titel auf sicher hat, wird der Transfer nicht weiter kommentiert. Damit wäre Rahmen nach Alex Frei und Bruno Berner bereits der dritte Coach, der nach einer erfolgreichen Saison in Winterthur zu neuen Ufern aufbricht.
Während Winterthurs Sportchef Oliver Kaiser also ein weiteres Mal eine glückliche Hand bei der Trainerwahl beweisen muss, gilt das Gleiche auch für den FCZ. Moniz hat seine Ambition, auch in der nächsten Saison Chefcoach zu bleiben, deutlich annonciert. Ob ihn die FCZ-Bosse in ihre Planspiele aufnehmen, ist offen. Ganz ausgeschlossen ist es nach dem 3:1 auf der Schützenwiese jedenfalls nicht.