Dienstag, März 4

US-Schatzsekretär Scott Bessent hat seine Vorgängerin hart kritisiert, setzt nun aber deren Strategie fort. Zwischen dem Finanzministerium und der Notenbank zeichnet sich ein Streit um Zuständigkeiten ab.

Der US-Finanzminister, Scott Bessent, nimmt derzeit als «Schatten-Fed-Chef» Einfluss auf die Geldpolitik. Er versucht, gezielt einen Anstieg der Renditen langfristiger US-Staatsanleihen – insbesondere 10-jähriger Treasury Notes – zu verhindern oder sogar tiefere Sätze zu erreichen. Das betonte er bereits Anfang Februar in einem Interview. Dies wäre wichtig, da die rasant steigende Staatsverschuldung der USA die Zinslast kontinuierlich erhöht und mittlerweile sogar die Militärausgaben übersteigt.

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Allerdings handelt es sich bei einer solchen Manipulation der Zinskurve eigentlich um die Aufgabe der Notenbank (Fed) und nicht des Schatzamtes (U.S. Treasury). Es könnte deshalb bald zu einem offenen Zuständigkeitsstreit kommen, mit grossem Verunsicherungspotenzial an den Bondmärkten.

Bessent folgt Janet Yellen

Um sein Ziel der Zinskurvenkontrolle zu erreichen, plant das US-Treasury unter Bessent in den kommenden Monaten, neue Schulden vorwiegend über die Ausgabe kurzfristiger T-Bills zu finanzieren und damit das Angebot zehnjähriger US-Staatsanleihen zu reduzieren.

Bessent setzt damit eine bereits von seiner Vorgängerin Janet Yellen eingeschlagene und bislang erfolgreiche Strategie fort. Gemäss Schätzungen konnte durch die verstärkte Emission von T-Bills anstelle länger laufender Staatsanleihen das lange Ende der Zinskurve «geschont» und um rund 100 Basispunkte gedrückt werden.

Pikanterweise hat Bessent seine Vorgängerin zuvor wiederholt genau für eine derartige Einflussnahme kritisiert und die übermässige Schuldenfinanzierung über T-Bills als nicht nachhaltig und sogar als «Zeitbombe» bezeichnet, da T-Bills jährlich refinanziert werden müssen.

Es nähert sich bereits jetzt die sogenannte «Debt Maturity Wall» in Form eines gigantischen Refinanzierungsbedarfs von US-Staatsschulden in der Grössenordnung von 10 Bio. $ (10’000 Mrd.) in den kommenden zwölf Monaten. Das entspricht mehr als 30% aller ausstehenden Schulden. Sobald es hier auch nur zu leichtesten Störungen bei der Käuferschaft oder bei der Liquiditätsversorgung der Märkte kommt, ist mit unangenehmen und gefährlichen Turbulenzen zu rechnen. Bereits jetzt deutet eine Häufung von plötzlichen Sprüngen der SOFR-Spreads (Secured Overnight Financing Rate) auf diesbezügliche Risiken hin.

Dass Bessent die riskante Finanzierungsstrategie seiner Vorgängerin unverändert fortführt, ist ein ernstzunehmendes Warnsignal für langfristige Staatsanleihen. Offenbar befürchtet er, dass eine zu grosse Emission von 10-jährigen US-Staatsanleihen zu Kursverlusten beziehungsweise einem starken Renditeanstieg führen könnte – genau das Gegenteil seines erklärten Ziels, die langfristigen Zinsen zu senken. Dabei betont Bessent, dass niedrigere Zinsen auch aus einer Kombination sinkender Energiepreise und einem schlankeren Staatsapparat erreicht werden sollen.

Das Fed könnte die Arbeit für Bessent erschweren

Ohne Mithilfe des Fed dürfte das Ziel tieferer Zinsen am langen Ende der Strukturkurve jedoch nicht erreicht werden, Energiepreise und Staatsapparat hin oder her. Aber diese Hilfe scheint derzeit in weite Ferne zu rücken. Einerseits läuft das Quantitative Tightening (QT, Bilanzreduktion des Fed) planmässig weiter. Dadurch kommen jeden Monat zusätzlich Staatsanleihen in der Grössenordnung von rund 25 Mrd. $ auf den Markt, was die Preise nach unten und die Zinsen nach oben drückt.

Aber damit nicht genug. Lorie Logan, Präsidentin der Distriktnotenbank Dallas, hat vergangene Woche zusätzliches mögliches Ungemach für Bessent angekündigt. Sie meinte, das Fed könnte eine inverse «Operation Twist» planen. Damit sind Verkäufe von langfristigen Staatsanleihen bei gleichzeitigen Käufen von T-Bills gemeint. Das Fed möchte damit seinen relativ tiefen Bestand an T-Bills von aktuell nur 4,6% der gesamten Anleihenbestände auf seiner Bilanz in Richtung 10 bis 15% anheben. Dadurch würde eine Annäherung an den Anteil von derzeit 22,5% von T-Bills an den gesamten ausstehenden Staatsschulden der USA erreicht.

Ein derartiges Manöver ist geldpolitisch zwar neutral, und es wird weder Geld gedruckt noch vernichtet. Aber trotzdem ist das genau das Gegenteil dessen, was Scott Bessent möchte. Zwar würde diese «Operation Twist» erst nach einem Ende des derzeit noch laufenden QT-Programms erfolgen und die erwähnten grossen Verkäufe langfristiger US-Treasuries durch das Fed nicht jetzt schon weiter verstärken. Trotzdem muss nach der Ablösung des QT durch die «Operation Twist» in den nächsten Jahren mit einem Zusatzangebot von mindestens 300 Mrd. $ an Treasury Notes mit Laufzeiten im Bereich von fünf Jahren oder mehr gerechnet werden.

Wer soll das alles kaufen? Die Chinesen oder Japaner jedenfalls nicht.

Trump will Steuersenkungen

Zudem verabschiedete das US-Repräsentantenhaus vergangene Woche eine «Trump-freundliche» Resolution (allerdings mit extrem knappen 217 gegen 215 Stimmen) für eine Ausgabenkürzung von 2 Bio. $ beim US-Haushalt (bis 2034) aber gleichzeitig auch Steuersenkungen von 4,5 Bio. $ im gleichen Zeitraum. Damit würde das Staatsdefizit nochmals beschleunigt ansteigen, was die Zinsen zusätzlich nach oben drücken könnte. Zwar muss hier der Senat auch noch zustimmen. Da im Senat die Republikaner aber ebenfalls eine Mehrheit haben, ist die Wahrscheinlichkeit einer Zustimmung hoch.

Zusammengefasst wirken derzeit die US-Notenbank mit ihrer Bilanzschrumpfung und einer möglichen inversen «Operation Twist» sowie allfällige Steuersenkungen der Trump-Regierung den Massnahmen von Scott Bessent, tiefere langfristige Zinsen zu erreichen, entgegen. Insgesamt ergibt sich daraus im Moment ein fragiles Gleichgewicht in Form einigermassen stabiler Zinsen.

Allerdings könnte die sich seit einigen Wochen deutlich abkühlende US-Konjunktur dieses Gleichgewicht der Kräfte in absehbarer Zeit aufheben und dann doch zu per Saldo fallenden Zinsen führen. Den US-Finanzminister dürfte das aber nur teilweise freuen, da in dieser Variante eine Rezession sehr wahrscheinlich wird. Und als Folge einer Rezession würden die Steuereinnahmen wegbrechen, was wiederum zu einer höheren Staatsverschuldung und damit steigendem Finanzierungsbedarf über Staatsanleihen führt. Und das wäre dann letzten Endes wieder zinstreibend. Es bleibt somit spannend an den Märkten für US-Staatsanleihen.

Beat Thoma

Beat Thoma ist Chief Investment Officer und Leiter des Investment Office bei Fisch Asset Management in Zürich. In seiner Rolle ist er verantwortlich für die Erarbeitung und Umsetzung der Anlagepolitik. Vor seinem Eintritt bei Fisch Asset Management im Jahr 2000 war er 14 Jahre lang bei der UBS und der Security Pacific Bank in Genf verantwortlich für den Handel und Verkauf von Wandelanleihen. Thoma publizierte Research zu Börsenzyklen sowie zwei Bücher zur Chaostheorie und dynamischen Systemen an den Finanzmärkten. Er verfügt über einen Abschluss in Mathematik und Ökonomie der Universität Zürich.

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