Der Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur Notfusion der CS mit der UBS hat Versäumnisse der Behörden offengelegt. Die Reaktionen fallen stark aus.
Sie haben viel Arbeit hinter sich, die Mitglieder der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK), die das Ende der Credit Suisse untersucht haben. So viele unterschiedliche Behörden wie bei dieser PUK habe keine der vier vorausgegangenen Kommissionen untersucht, sagt Isabelle Chassot, Mitte-Ständerätin (FR) und Präsidentin der Kommission, zu Beginn der Medienkonferenz.
Eineinhalb Jahre hat die PUK an ihrem Bericht gearbeitet: «Wir haben 45 Sitzungen abgehalten, 79 Anhörungen durchgeführt und über 30 000 Seiten an Dokumenten analysiert», sagt Chassot vor einem vollen Saal im Bundeshaus. Sie hatte den Auftrag, die Geschäftsführung der Bundesbehörden in den Jahren vor und bei der Notfusion der CS mit der UBS im März 2023 zu untersuchen.
Die PUK spart auf den 569 Seiten nicht mit Kritik: an der Arbeit der Finanzmarktaufsicht (Finma) und am Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD), und sie sieht zahlreiche Mängel bei der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Bundesbehörden.
PUK «Geschäftsführung der Behörden – CS-Notfusion» 👉👉 Das Dossier: https://t.co/UaIiEZobZP (1/2) pic.twitter.com/gMmV73zNPg
— Parl CH (@ParlCH) December 20, 2024
SVP: Amstad soll zurücktreten
Für Thomas Matter, SVP-Nationalrat und Mitglied der PUK, trifft die heftigste Kritik die Bankenaufsicht: «Das Verhalten der Finma war für uns im Fokus», sagt er gegenüber der NZZ. Untersucht hat die Kommission unter anderem den sogenannten regulatorischen Filter, den die Finma 2017 unter ihrem damaligen Chef Mark Branson einführte. Faktisch gewährte die Behörde der Bank damit Kapitalerleichterungen.
Die Mitglieder der PUK sehen das kritisch. Matter sagt: «Für mich gibt es zwei plausible Erklärungen für das Verhalten der Finma: Entweder war sie nicht auf gleicher Augenhöhe mit der CS, oder sie hat sich einschüchtern lassen.» Wenn es um kleine und mittlere Banken gehe, schreite die Finma jeweils rigoros ein. «Da scheut sie sich nicht, wenn nötig eine Banklizenz zu entziehen», sagte er.
Die FDP schreibt in ihrer Stellungnahme, ein früheres und härteres Eingreifen der Finma wäre wichtig gewesen. Kritik kommt auch von der SVP: «Mit dem regulatorischen Filter hat die Finma der CS faktisch einen Eigenkapital-Rabatt gewährt», sagt der Fraktionspräsident Thomas Aeschi. Damit habe sie Öffentlichkeit und Investoren im Dunkeln gelassen. «Wir erwarten, dass Frau Amstad ihr Amt zur Verfügung stellt», sagt er.
Die linken Parteien kontern: «Es wäre ungerecht, nur die Finma zu kritisieren», sagt SP-Nationalrat und PUK-Mitglied Roger Nordmann. Die Bürgerlichen wollten damit von ihrer politischen Verantwortung ablenken: «Das ist eine Krise der SVP, der FDP und der Mitte», sagt der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth.
Für die Grünen hat der Bericht bestätigt, dass die Credit Suisse «der Finma jahrelang auf der Nase herumgetanzt» sei. Sie wollen den Regulator daher mit zusätzlichen Instrumenten ausstatten, wie einer Bussenkompetenz oder einer besseren Verantwortlichkeit für die obersten Bankkader über das sogenannte Senior-Manager-Regime.
Die Finma kann die Kritik an der Art und Weise, wie der regulatorische Filter umgesetzt wurde, nachvollziehen, wie die Aufsichtsbehörde in einer Stellungnahme schreibt. Sie begrüsst, dass die Kommission dem Bundesrat empfiehlt, ihr zusätzliche Kompetenzen zu geben.
Ueli Maurer hat zu wenig informiert
Die PUK übt aber auch heftige Kritik am Eidgenössischen Finanzdepartement und an seinem ehemaligen Vorsteher Ueli Maurer. So habe er den Gesamtbundesrat zu wenig über die Lage der CS informiert und mit dem SNB-Präsidenten Thomas Jordan informelle Treffen, sogenannte «Non-Meetings», abgehalten.
Die PUK-Präsidentin Chassot sagt an der Medienkonferenz, Informationslecks könnten auch bei einer mündlichen Weitergabe von Informationen entstehen. Bei so wichtigen Geschäften wie der CS-Krise sei der Bundesrat angehalten, mit schriftlichen Unterlagen zu informieren, sagt Grünen-Ständerätin und PUK-Mitglied Maya Graf.
Der Bundesrat schreibt dazu, dass die Eigenständigkeit der Departemente nicht dazu führen dürfe, dass der Bundesrat handlungsunfähig in eine Krise hineinsteuere, weil ihm wichtige Informationen fehlten. Er wehrt sich jedoch gegen eine allzu ausführliche Protokollierung von Sitzungen, wie sie die PUK fordert. Das sei kontraproduktiv und könne negative Auswirkungen auf die Qualität von Beratungen und Beschlüssen haben.
Für den SVP-Fraktionschef Aeschi ist klar: «Man muss immer abwägen – informiert man zu viele Personen, steigt das Risiko, dass Informationen an die Presse geleakt werden», sagt er. Für ihn hat sich Ueli Maurer korrekt verhalten. Der Ex-Finanzminister habe mit seiner zurückhaltenden Informationspolitik versucht zu verhindern, dass Informationen an die Öffentlichkeit gelangten.