Donnerstag, August 14

Am 14. August wird der Komödiant Steve Martin achtzig Jahre alt. Eine Gratulation für vieles mit einem Einwand gegen eines.

Er hat sein Terrain schon vor Jahren abgesteckt. Komik sei die Kunst, sagte er, «Leute zum Lachen, ohne sie zum Kotzen zu bringen». Und es stimmt. Steve Martin bringt sein Publikum zum Lachen. Aber nie wird den Leuten schlecht dabei. Er selber hält sich für unauffällig mit einem Hang zum Konventionellen, das jedenfalls gestand er im Interview. Er nannte seine Auftritte im weissen Anzug «fake elegance», gespielte Eleganz, und bekannte: «Am liebsten tarne ich das Schräge im Normalen, die Verstrickungen im Alltag. Während meiner Jahre als Stand-up-Komiker wollte ich vor allen schräg wirken. Und musste erfahren, wie schnell man dabei in der Routine erstarrt. Und wie wenig solche Auftritte bewirken, weil sie letztlich nichts auslösen.» Er sei ein Bürger von Hollywood, sagte er noch. Und habe im Laufe seiner Karriere herausgefunden, «wie konventionell ich im Grunde denke – und muss inzwischen zugeben, dass ich ein Traditionalist bin und daran interessiert, eine gute Geschichte gut zu erzählen».

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Am Schluss des Gesprächs überreichte er einem eine Visitenkarte, auf der stand: «Hiermit ist bezeugt, dass Sie eine persönliche Begegnung mit mir hatten. Und dass Sie mich herzlich fanden, höflich, intelligent und lustig.» Er sass weiss gekleidet da, akkurat gescheitelt, die Gestik höflich und knapp, die Diktion präzis. Auch verzog er keine Miene. Und entschuldigte sich beim Interview wie kein Angelsachse vor und nach ihm, dass er nur Englisch sprechen könne.

Ein Renaissance-Mann

Steve Martins Entschuldigung kam umso überraschender, als man ihn als Renaissancekünstler unter den Komikern bezeichnen kann. Denn der Mann hat nicht nur als Stand-up-Komiker Hallen mit Zigtausenden Zuschauerinnen und Zuschauern unterhalten und als Schauspieler in über vierzig Filmen mitgemacht. Sondern auch als professioneller Banjospieler brilliert, zudem als Regisseur, Drehbuchautor, Schreiber von Romanen wie «Shopgirl» (2000) oder «The Pleasure of My Company» (2003) überzeugt. Oder als Autor in Theaterstücken wie «Picasso at the Lapin Agile» und seiner schmerzhaft ehrlichen Autobiografie «Born Standing Up». Sogar zwei Musicals hat er schon geschrieben. Natürlich wurde er mit allen nur denkbaren Preisen überhäuft. Seine Kunstsammlung gilt als eine der bedeutendsten Amerikas. Und er ist ein Meister von Aphorismen, mit Sätzen wie «Sex ist die schönste, natürlichste und gesundeste Sache, die man sich für Geld kaufen kann» oder das oft zitierte «Über Musik zu schreiben, ist, wie nach Architektur zu tanzen». Was jeder bestätigen kann, der über Musik geschrieben hat.

Steve Martin hat in Los Angeles Philosophie studiert und nennt Ludwig Wittgenstein seinen liebsten Philosophen. Seine Kolumnen für den «New Yorker» sind zum Auswendiglernen. Er tanzt grossartig lustig. Er kann jonglieren und zaubern. Seine Sketches klingen auch auf Platte komisch. Die Oscar-Moderationen von ihm bleiben unerreicht. Auch seine Auftritte in der Satiresendung «Saturday Night Live» kann man immer wieder schauen. In seinen zahllosen Auftritten brilliert Martin mit dem doppelten Talent eines physisch grotesken und verbal intelligenten Humors; er redet schlagfertig und kann sich ins Absurde verrenken. Dass er noch mit achtzig Jahren blendend aussieht mit seinem schlanken Körperbau und dem früh ergrauten Haar, kommt ihm zusätzlich entgegen.

Wollte man es negativ formulieren, unterscheidet er sich auch darin von vielen seiner Kollegen: Er ist kein selbstzerstörerischer Maniker wie Robin Williams, er leidet nicht an Depressionen wie sein Freund John Cleese und so viele Komiker mit ihm, er raucht nicht, trinkt kaum und nimmt auch keine anderen Drogen wie John Belushi, der alles tat. Steve Martin hat auch keine Beziehungsskandale produziert. Und gehört trotzdem zu den erfolgreichsten und lustigsten Komikern Amerikas.

Schon sein erster Film, die von ihm geschriebene Groteske «The Jerk» von 1979 nach der Regie von Carl Reiner, spielte über 70 Millionen Dollar ein. Und mit jedem Film schien er noch besser und lustiger zu werden. Unvergessen die geniale Idee, in einem stilvollen Schwarz-Weiss-Film als Detektiv mit neunzehn hineingeschnittenen Schauspielerinnen und Schauspielern wie Humphrey Bogart oder Ingrid Bergman zu spielen. Grossartig der Einfall, seinen eigenen Körper mit einer Frau teilen zu müssen, in diesem Fall mit Lily Tomlin in «All of Me», seinem wohl lustigsten Film, weil er sich gleichzeitig physisch verrenken und verbal überzeugen musste. Witzig gelang seine Parodie von Los Angeles, seiner Wahlheimat, in «L.A. Story». So reihen sich die Komödien des Steve Martin aneinander. Geistreich, humorvoll, lustig. Sein einziger Flop passierte ihm bei seinem einen ernsten Film, dem eindringlichen «Pennies from Heaven», nach einer Vorlage des englischen Drehbuchautors Dennis Potter.

Mit dem Alter kam die Sentimentalität

In seiner langen Karriere hat Steve Martin manche bizarre und eine Menge guter Komödien gemacht: «Roxanne» (1987) etwa, seine Version des Cyrano de Bergerac. «Housesitter» (1992) mit Goldie Hawn und Steve Martin als liebeskrankem Architekten. Und «My Blue Heaven» (1990), in dem er einen charmanten Mafioso spielt mit italienischem Akzent. Und es gibt mehrere andere. Sehr lustig auch sein Auftritt mit Michael Caine als Heiratsschwindler in «Dirty Rotten Scoundrels» von 1988.

Doch mit dem Alter kam die Sentimentalität, sie ist der Kollateralschaden eines gebügelten Komikers, der seine Auftritte durch das letztlich gute Benehmen seines Charakters zügeln liess. Insbesondere die zahlreichen Familienfilme der späteren Jahre ersticken das Komische im Konventionellen. Sein Vater, schrieb er in seiner Autobiografie, habe ihn sein Leben lang mit dem Satz entwertet, er sei halt «kein Chaplin», und ihn nie unterstützt, was ihn schwer verletzt habe. Auf dem Totenbett gestand der Vater, immer das gewollt zu haben, was sein Sohn erreicht habe, also Schauspieler zu werden. Der Vater wurde Immobilienmakler.

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