Donnerstag, Juli 4

Dank der starken Leistung im EM-Achtelfinal gegen Slowenien wird Costa in Portugal zum Nationalhelden. Was ihn mit der Schweiz verbindet.

Es läuft die 115. Minute im EM-Achtelfinal zwischen Portugal und Slowenien, als dem Oldie Pepe ein Fehler unterläuft. Dem Innenverteidiger verspringt der Ball, für den gegnerischen Stürmer ist der Weg frei. Benjamin Sesko kann allein auf das Tor der Portugiesen zulaufen. Ist das die Entscheidung? Nein. Der slowenische Angreifer scheitert im Eins-gegen-eins am portugiesischen Goalie Diogo Costa, der den Ball mit der Fussspitze pariert.

Die Abwehraktion Costas erinnert an den Save von Emiliano Martinez im Final der Fussball-WM 2022 in Katar. Der Argentinier hatte sein Team mit einer ähnlichen Parade in letzter Minute gegen den Franzosen Randal Kolo Muani ins Elfmeterschiessen gerettet. Beide Aktionen bewahrten ihre Teams vor einer späten Niederlage.

Wie wichtig Costas Tat war, zeigte sich an den Reaktionen der Portugiesen. Pepe sank zu Boden und bedankte sich mit einem Wink gegen den Himmel. Der Superstar Cristiano Ronaldo war zu diesem Zeitpunkt emotional schon völlig am Ende. Minuten zuvor war er weinend über den Platz gelaufen, weil er in der 105. Minute einen Elfmeter verschossen hatte. Der Favorit bekundete gegen den Aussenseiter grosse Mühe. Doch nun gab der Torhüter Portugal neue Hoffnung fürs Elfmeterschiessen. Und tatsächlich: In diesem trafen sämtliche Schützen der Portugiesen – und Costa hielt die drei Versuche der Slowenen.

Portugal hatte schon einmal einen Elfmeterkiller

«Das war vermutlich das beste Spiel meines Lebens», sagte Costa nach dem Match. Er hatte Tränen in den Augen. In seiner Heimat wird er nun auf eine Stufe mit dem ehemaligen Nationalgoalie Ricardo gestellt. Der erarbeitete sich den Status einer Legende, als er an der Heim-EM 2004 zunächst ohne Handschuhe einen Penalty des Engländers Darius Vassell hielt und anschliessend den entscheidenden Elfmeter selbst verwandelte. Zwei Jahre später parierte er im WM-Viertelfinal – erneut gegen England – die Versuche von Frank Lampard, Steven Gerrard und Jamie Carragher. Ricardo war der erste Goalie, der in einem Elfmeterschiessen an einer WM drei Schüsse hielt.

Costa schaffte das nun als Erster an einer EM. Der 24-Jährige gilt als Elfmeter-Spezialist und hat schon in der Champions League einen Rekord aufgestellt: In der Saison 2022/23 hielt er als erster Torhüter in der Geschichte des Wettbewerbs drei Versuche nacheinander.

Die portugiesische Zeitung «A Bola» schrieb vom «Helden Portugals» und bewertete Costas Leistung mit der Höchstnote 10. Die Zeitung «O Jogo» urteilte, dass das Errichten einer Statue für Diogo Costa noch «zu wenig» sei, um dessen Leistung adäquat zu würdigen. Und der Nationaltrainer Roberto Martínez sagte, sein Goalie habe an diesem Abend in Frankfurt ein «neues Level» erreicht.

Costa ist in der Schweiz aufgewachsen, ging dann aber zurück nach Portugal

Mit Costa spielt bei den Portugiesen auch ein wenig Schweiz mit. Er ist 1999 in Rothrist geboren und wuchs in der Aargauer Ortschaft auf, in der der Schweizer Getränkehersteller Rivella seinen Hauptsitz hat. Vom «Mann aus Rothrist» sprach der SRF-Moderator Sascha Ruefer während des Spiels – in Anlehnung an seinen Spruch «Der Mann aus Sursee», den er jeweils bemühte, wenn Haris Seferovic ein Tor schoss. Der einstige Nationalmannschafts-Stürmer stammt aus der Luzerner Gemeinde.

Diogo Costa hat den Schweizer Pass, sein Vater lebt laut Berichten noch immer hierzulande. Doch viel verbindet ihn nicht mehr mit seinem Geburtsland. Als er sieben Jahre alt war, zog er mit seiner Mutter zurück nach Portugal. In einem Lokalverein begann seine Karriere. Im Alter von elf Jahren trat er der Jugendakademie des FC Porto bei. Dort durchlief er die Nachwuchsstufen; im November 2019 debütierte er im Profiteam. Seit der Saison 2021/22 ist er der Stammkeeper des FC Porto, seit 2022 auch in der «Seleção».

Costas Vorbilder sind Vitor Baía und Iker Casillas. Letzterer war sein Vorgänger im FC Porto und sagte bereits 2018 über den damals 19-Jährigen: «Ich glaube, dass aus ihm ein grosser Torhüter werden kann.» Damals spielte Costa noch in der zweiten Mannschaft des portugiesischen Traditionsklubs. Casillas’ Hoffnung hat Costa längst eingelöst. Am Montagabend übertraf er die eines ganzen Landes.

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