Donnerstag, März 6

Seit vielen Jahren betätigt sich Reinhard Fromm als grosszügiger Mäzen im Schweizer Sport. Doch dem, der seine Werte nicht mitträgt, entzieht er seine Gunst. Mit dem Fussball hat er gebrochen, in Marco Odermatt hat er sich getäuscht.

Ein grauer Dienstagnachmittag hoch über den Dächern der Stadt Zürich. Reinhard Fromm sitzt in seinem Appartement im 20. Stock des 81 Meter hohen Renaissance Tower Hotel. Die Beine sind locker übereinandergeschlagen, sein Blick geht hinaus über die Gleisanlage des nahen Bahnhofs, die sich unter ihm in die weite Ferne ausbreitet.

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Hier, in diesem topmodernen Hochhaus aus dem Jahr 2011, ist Zürich ein wenig das, was es in seiner Wahrnehmung schon immer war: die kleinste Grossstadt der Welt. Fromm passt gut in dieses Setting. Er ist ein Mann von Welt, Mehrheitsaktionär der Fromm Holding AG, die ihren Sitz in Steinhausen im Kanton Zug hat. Ein Patron nach alter Art im besten Sinne des Worts. Fromms Firma stellt Maschinen, Geräte und Systeme für Verpackungen her. Gegründet hatte das Familienunternehmen 1947 sein Vater in einer kleinen Werkstatt in der Nähe der Zürcher Langstrasse.

Mittlerweile befinden sich die Aktien alle im Besitz des knapp 84-jährigen Reinhard Fromm. Er hat seinem Bruder dessen Teil der Aktien abgekauft und hält deshalb neunzig Prozent am Unternehmen. Es gäbe kaum Schwierigkeiten, die Firma zu verkaufen. An potenziellen Interessenten mangelt es nicht.

Doch Fromm will nicht verkaufen: Trotz seinem Alter ist er weiterhin der Kopf des Unternehmens und damit Arbeitgeber von rund 1400 Mitarbeitenden, die sich über dreissig Zweigstellen in Europa, Afrika, Asien, Nord- und Südamerika verteilen. Die Gruppe erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von gut 340 Millionen Franken. Der operative Gewinn beträgt rund 40 Millionen Franken.

Der erste Begünstigte im Tennis war Stan Wawrinka

Doch Fromm ist nicht in erster Linie als erfolgreicher Unternehmer bekannt, sondern eher als spendabler Gönner und Mäzen des Schweizer Sports. Der markante rote Schriftzug der Firma zierte während Jahren die Brust der Fussballer des damals noch mondänen Grasshopper-Clubs. Das Engagement kostete den Unternehmer je nach sportlichem Erfolg pro Saison zwischen 500 000 und einer Million Franken.

2019 beendete Fromm diese Partnerschaft, weil der Kurs des Klubs nicht mehr seinen Idealen entsprach. Zu abgehoben, zu wenig erfolgsorientiert, so Fromms Meinung, den führenden Köpfen im Verein fehlte nach Ansicht des gebürtigen Stadtzürchers die nötige Demut.

Respekt, Ethik, Demut: Das sind Eigenschaften und Tugenden, die Reinhard Fromm wichtig sind. Geboren in Zürich Höngg, einem Quartier, das früher gleich gegenüber dem Stadion Hardturm lag, entwickelte er sich zu einem Unternehmer von altem Schrot und Korn. Bei seinem Ausstieg aus dem Grasshopper-Club sagte er der NZZ: «In der letzten Zeit spürten wir in der Firma wegen der vielen Schlagzeilen nur noch einen negativen Werbeeffekt.» Irgendwie passten Fromm und dessen Werte nicht mehr zum Vorgehen des Schweizer Rekordmeisters.

Das Gebaren, das sich im Fussball breitgemacht hatte, stiess Fromm mehr und mehr ab. Lieber investiert er sein Geld heute in junge Sportler, die etwas erreichen möchten, aber finanziell mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. So unterstützt er zum Beispiel als Geldgeber Tennistalente. Zu jenen, die von seiner Gunst profitieren, gehören etwa Viktorija Golubic, Céline Näf, Jil Teichmann, Simona Waltert, Dominic Stricker, Leandro Riedi, Marc-André Hüsler und Henry Bernet. Der junge Basler Bernet hat Ende Januar das Juniorenturnier am Australian Open gewonnen und gilt als grosse Nachwuchshoffnung im Schweizer Tennis.

Fromms erster Begünstigter im Tenniszirkus war Stan Wawrinka. Diesen unterstützte Fromm während fünfzehn Jahren mit 300 000 Franken per annum. Wawrinka dankte es, indem er Fromm auch dann die Treue hielt, als er plötzlich Grand-Slam-Sieger war und sein Ärmel, auf dem Fromms Schriftzug prangte, nun weit mehr wert gewesen wäre.

Mit dem bald 40-jährigen Romand verbindet Fromm heute so etwas wie eine Freundschaft. Wawrinka steht für jene Werte, welche Fromm so schätzt und die ihn immer wieder Geld in junge Sportler investieren lassen. An diesem Nachmittag in Zürich sagt er: «Ich habe Freude an jungen Menschen, die Träume haben und etwas in diese investieren. Früher galt die Devise: Die Bürger schauen für ihren Staat. Heute soll der Staat für all seine Bürger schauen. Diese Mentalität stört mich. Mit dieser Haltung wäre die Schweiz nie zu dem geworden, was sie ist.»

René Stammbach ist Präsident von Swiss Tennis und damit im übertragenen Sinn einer der Hauptempfänger von Fromms Grosszügigkeit. Er sagt über den Mäzen: «Reinhard Fromm ist ein Sportfan und vor allem auch ein Idealist. Ohne Menschen wie ihn würde der Sport nicht funktionieren. Ursprünglich hat er sein Geld direkt Swiss Tennis gegeben, und wir haben es dann an junge Spieler weiterverteilt. Heute macht er das direkt. Wir unterstützen und beraten ihn dabei.»

Wie viel Geld Fromm bis dato in das Schweizer Tennis investiert hat, wissen weder Stammbach noch der Gönner selber. Es interessiert Fromm nicht, weil er sich die Grosszügigkeit leisten kann. Vorsichtigen Schätzungen gemäss dürfte er mittlerweile ungefähr acht bis zehn Millionen Franken in den Tennissport gesteckt haben. Inwieweit sich sein Engagement betriebswirtschaftlich lohnt, rechnet Fromm nicht nach. Er sagt: «Wir können es uns nicht leisten, am Super Bowl der National Football League für einen dreissigsekündigen Spot zehn Millionen Dollar auszugeben. Ich gebe das Geld lieber Sportlern, die es auch wirklich brauchen.»

Fromm war in seiner Jugend ein talentierter Mittelstreckenläufer, der die 800 Meter in beachtlichen zwei Minuten gelaufen ist. Mit 50 Jahren lief er den Halbmarathon noch in einer Zeit von 1:24 Stunden. Sein Ruhepuls liegt noch heute bei 48 Schlägen pro Minute, in einem Bereich also, der von einem gesunden Lebenswandel zeugt.

Die Leichtathletik liegt Fromm nach wie vor am Herzen. Unterdessen sponsert seine Firma auch den Zehnkämpfer Simon Ehammer oder die Stabhochspringerin Angelica Moser. Dazu unterstütze er verschiedene Nachwuchsprojekte oder die erst 16-jährige Appenzellerin Timea Rankl, welche die 100 Meter in 11,61 Sekunden gelaufen ist und damit schneller war als Mujinga Kambundji in diesem Alter.

Komplikationen mit der Familie Bencic

Fromm hat eine Nase für Talente. Versagt hat diese nur, als er es vor einigen Jahren abgelehnt hat, den jungen Marco Odermatt zu unterstützen. Der Nidwaldner Skistar würde heute finanziell aber ohnehin kaum mehr ins Portfolio der Firma passen. Fromm sieht sich nicht als Mäzen im herkömmlichen Sinne. Er zieht es vor, vielversprechende Karrieren anzustossen. Und Fromm sagt, seine Belegschaft habe fast die grössere Freude als er, wenn sie sehe, wie Athleten mit dem Schriftzug seiner Firma auf dem Dress Siege feierten. Um Visibilität scheint es ihm nicht vordergründig zu gehen.

Wer so grosszügig mit seinem Geld umgeht wie Reinhard Fromm, der wird unweigerlich auch enttäuscht. Die Familie Bencic, aber auch jene von Dominic Stricker stehen nicht mehr allzu hoch in seiner Gunst. Zu den beiden Fällen will er sich nicht mehr äussern. Er sagt: «Es lohnt sich nicht, es ist Vergangenheit.»

Selbst ein Wohltäter wie Reinhard Fromm erwartet als Gegenleistung für seine Grosszügigkeit zumindest ein wenig Respekt. Als Belinda Bencic zu gross und zu erfolgreich für seine Firma wurde, fand ihr Vater, der Fromm einst um Hilfe gebeten hatte, nicht die Musse, ihm persönlich mitzuteilen, dass seine Tochter künftig von anderen Unternehmen unterstützt werde. Ihr neuer Agent rief Fromm an.

Nicht jeder wächst in einem Umfeld auf, in dem gewisse Werte hochgehalten werden, wie dies Stan Wawrinka erfahren hat. Er und seine Familie wurden im Umfeld der Fondation St-Barthélemy sozialisiert, eines pädagogischen Zentrums für handicapierte Menschen, das Wawrinkas Eltern aufgebaut haben. Dieses Lebenswerk scheint bei Fromm nachhaltig Eindruck hinterlassen zu haben. Und Stan Wawrinka ist auf der Tennis-Tour immer noch dabei.

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