Samstag, September 28

Die SVP hatte Yves Donzallaz ursprünglich nominiert. Die Partei verstiess ihn jedoch, weil sie mit seinen Entscheiden unzufrieden war.

Yves Donzallaz ist seit 2008 Richter am Bundesgericht, dem höchsten Schweizer Gericht in Lausanne. Im vergangenen Jahr wurde der Freiburger zum Bundesgerichtspräsidenten gewählt. Nun will er das prestigeträchtige Amt abgeben und wieder gewöhnlicher Bundesrichter werden, wie die Zeitung «Schweiz am Wochenende» schreibt.

Donzallaz wolle, dass eine neue Kraft übernehme, die das Bundesgericht mit frischem Enthusiasmus leite. Im Jahr 2020, anlässlich der Gesamterneuerungswahl für das Bundesgericht, hatte die Personalie Donzallaz eine Debatte über die Unabhängigkeit der Justiz entfacht.

Zu wenig auf Parteilinie

In der Schweiz werden die Richter von den Parteien aufgestellt. Trotzdem wird von ihnen erwartet, dass sie ihre Urteile unabhängig von der Parteipolitik fällen. Donzallaz war ursprünglich von der Walliser SVP aufgestellt worden. Doch die Volkspartei entfremdete sich von «ihrem» Richter, da er oft nicht in ihrem Sinne urteilte.

Donzallaz entschied beispielsweise, die Personenfreizügigkeit mit der EU sei höher zu gewichten als die Masseneinwanderungsinitiative. Später brüskierte Donzallaz die SVP, indem er einer Datenlieferung zu Tausenden UBS-Konten an die französischen Steuerbehörden zustimmte.

So entschloss sich die Partei zu einem ungewöhnlichen Schritt: In der Gesamterneuerungswahl von 2020 empfahl sie den eigenen Bundesrichter zur Abwahl.

Im Parlament, das für die Richterwahl zuständig ist, hatte das Vorgehen der SVP jedoch ein Nachspiel. Plötzlich stand die Unabhängigkeit der Bundesrichter zur Diskussion. Die SP wollte die Wahlen verschieben bis nachgewiesen sei, dass die Bundesrichterinnen und -richter der SVP nicht nach Parteibuch entscheiden würden. Damit drang sie allerdings nicht durch. Donzallaz wurde trotzdem wiedergewählt. Kurz vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten trat er jedoch aus der SVP aus und liess sich als Parteiloser wählen.

Kritik von anderer Seite

Kritik musste sich Donzallaz allerdings nicht nur von der SVP anhören. Als er anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 150 Jahre Bundesverfassung eine Aufwertung des Bundesgerichts zum Verfassungsgericht vorschlug, schüttelten manche den Kopf.

Eine unglückliche Figur machte er auch als Mitglied einer dreiköpfigen Verwaltungskommission mit Vertretern des Bundesgerichts, die am Bundesstrafgericht Bellinzona hätte aufräumen sollen. Dort waren Fälle von Mobbing, Sexismus und Spesenrittertum bekanntgeworden. Das Trio aus Lausanne erkannte keine Probleme und erntete dafür scharfe Kritik von der Geschäftsprüfungskommission des Parlaments.

Die Vereinigte Bundesversammlung wird nun in der Wintersession eine neue Vorsteherin oder einen neuen Vorsteher des Bundesgerichts wählen müssen. Üblicherweise rückt der Vizepräsident nach. Das wäre François Chaix (FDP).

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