Mittwoch, Oktober 2

Eineinhalb Jahre nach der CS-Übernahme geht die Industrie auf Konfrontation mit der UBS. Unternehmen klagen über schlechtere Kreditbedingungen. Der Industrieverband Swissmem wirft der Bank Wortbruch vor. Nun interveniert der Preisüberwacher.

«Wenn fast ein Viertel der Unternehmen nicht zufrieden ist, muss das für die UBS ein Alarmsignal sein»: Swissmem-Präsident Martin Hirzel (l.) wirft der UBS unter dem CEO Sergio Ermotti vor, ihre Verantwortung für den Werkplatz Schweiz nicht wahrzunehmen.

In der Maschinenindustrie sind die Margen knapp, die Konkurrenz hart, die Zeiten stürmisch. Mal boomt das Geschäft, mal herrscht Flaute. Dann kann es knapp werden, damit die Löhne am 25. des Monats auf dem Konto der hundert Mitarbeiter sind. Für den CEO eines Westschweizer Unternehmens ist das Business as usual. Für seine langjährige Bank, die Credit Suisse, war es das auch. Doch seit die UBS übernommen hat, ist alles anders.

«Die Leute in der lokalen Filiale haben nichts mehr zu sagen. Die Zürcher Zentrale entscheidet», sagt der CEO der Firma. Und die senkte den Daumen, als im August 150 000 Franken fehlten, um die Löhne pünktlich zu überweisen. Eine Überbrückung – ausgeschlossen. Daran änderte auch die Garantie für einen Zahlungseingang über 3 Millionen Franken vier Tage später nichts. Man solle die Löhne halt später auszahlen, beschied die Bank der Firma.

«Das wäre eine Katastrophe gewesen, es wäre Panik ausgebrochen», sagt der CEO. Er schoss das Geld aus dem eigenen Sack ein. Inzwischen hat er es zurück, doch das Vertrauen in die UBS ist weg: «In unserer Branche sind solche Situationen normal. Das Verhalten der UBS war einfach nur lächerlich.»

Swissmem-Präsident: «Wir sind enttäuscht von der UBS»

Das Fast-Grounding des Maschinenbauers ist symptomatisch für die Entfremdung zwischen Grossbank und Werkplatz. Im Nachgang der Fusion hatte sich der Branchenverband Swissmem demonstrativ hinter die neue UBS gestellt. Die Schweizer Industrie brauche eine international tätige Grossbank, sagte Swissmem-Präsident Martin Hirzel in einem Gespräch dem UBS-CEO. «Ich bin sehr dankbar für das Versprechen von Sergio Ermotti gegenüber dem Werkplatz Schweiz und den KMU», so Hirzel Ende letztes Jahr.

Dankbarkeit ist Ernüchterung gewichen. Grund ist eine neue Umfrage von Swissmem. Wie sie mit der neuen UBS zufrieden seien, wollte der Verband von seinen Mitgliedern im August wissen. Das Resultat fiel für die Bank wenig schmeichelhaft aus: 23 Prozent sagten, dass sich die Konditionen oder die Qualität der Dienstleistungen der UBS seit der CS-Übernahme verschlechtert hätten.

«Wir sind enttäuscht von der UBS», sagt Swissmem-Präsident Hirzel. «Sie versicherte immer, die Bedeutung der Tech-Industrie anzuerkennen und ein verlässlicher Partner sein zu wollen. Die hohe Zahl der betroffenen Firmen zeichnet nun ein anderes Bild.»

Anteil der betroffenen Firmen hat sich mehr als verdoppelt

Seit der ersten Swissmem-Umfrage vor einem Jahr hat sich der Anteil der von einer Verschlechterung betroffenen Unternehmen mehr als verdoppelt. «Wir befürchten, dass sich dieser Trend fortsetzt, denn bei vielen Unternehmen stehen die Neuverhandlungen von Krediten erst noch an», sagt Hirzel.

Bei rund der Hälfte der betroffenen Firmen erfolgte die Verschlechterung bei Neuverhandlungen nach Auslaufen eines Vertrages. Bei 15 Prozent setzte die UBS Anpassungen durch, obwohl der Vertrag noch gültig war. Mit Abstand am häufigsten geht es dabei um Hypothekar- und Betriebskredite. Aber auch bei Exportfinanzierungen, im Zahlungsverkehr und bei Kapitalmarkttransaktionen melden Firmen schlechtere Konditionen.

Die Zahlen sind nur ein Teil des Bildes. Die Umfrage wurde zwar anonymisiert durchgeführt, den Firmen stand aber ein Feld für Kommentare zur Verfügung. Das nutzten sie rege: «Die Unternehmen bringen dort ihre Enttäuschung über die UBS deutlich zum Ausdruck», sagt Hirzel. «Vereinzelt schlägt das auch in Wut und Groll um.»

CS köderte Kunden mit Dumpingangeboten

Die Ergebnisse erwischen die UBS auf dem falschen Fuss. Noch am Mittwoch strich sie an einer Investorenkonferenz hervor, wie gut das Verhältnis zu den Firmenkunden sei. Mit 99 Prozent von ihnen habe man keine Probleme, sagte eine Führungsperson. «Wir sehen kein Noise bei unseren Kunden.»

Nun muss die Bank die Mikrofone neu richten. «Wir nehmen jedes Feedback sehr ernst, Swissmem ist ein wichtiger Partner für die UBS», sagt eine UBS-Sprecherin. Das Firmenkundengeschäft sei von zentraler Bedeutung für die Bank. Die UBS habe ihre Gewinnmarge nicht erhöht. «Die Anpassung der Kreditkonditionen reflektiert die massiven Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld», sagt die Sprecherin und verweist auf den drastischen Zinsanstieg und die Verknappung der Geldmenge seit März 2022.

Zudem betonen UBS-Kreise, dass die CS in ihrer Endphase versucht habe, die Kunden mit Dumpingpreisen bei Stange zu halten. Bei Krediten, bei denen der Preis die Kosten nicht decke, suche man den Dialog mit den Kunden, sagt die Sprecherin der Bank. «Wir suchen nach der besten Lösung für beide Seiten.»

Gemäss Umfrage gelingt dies nur vereinzelt. In 14 Prozent der Fälle führte das Gespräch mit der Bank aus Sicht der Kunden zu einem Erfolg. Mehr als ein Drittel gibt zu Protokoll, dass die Verhandlungen mit der UBS erfolglos verlaufen seien, ein Wechsel zu einer anderen Bank aber nicht möglich sei. Gut ein Viertel reduzierte die Geschäftsbeziehungen zur UBS.

UBS hat dominante Stellung im Markt

Laut Beobachtern spielt der Markt bei Hypothekarkrediten. Andere Banken böten dort attraktivere Konditionen. Schwieriger sei der Wechsel hingegen bei komplexen Firmenkrediten und Kapitalmarkttransaktionen. Die oft genannten Auslandbanken spielen derzeit keine Rolle: Gemäss Umfrage brach keine einzige Firma die Geschäftsbeziehung zur UBS ab und wechselte zu einer Auslandbank.

Bereits die Wettbewerbskommission (Weko) war in ihrer Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass die UBS durch die CS-Übernahme in einzelnen Sparten eine marktbeherrschende Stellung innehat. Im Firmenkundengeschäft hat sie einen Marktanteil von knapp 40 Prozent, in einzelnen Bereichen verfüge sie über eine «Quasi-Alleinstellung», so die Weko. Die Kunden hätten keine vollwertigen Alternativen zur UBS, was der Bank Raum für Margenausweitungen eröffne, schrieben die Wettbewerbshüter.

Die Swissmem-Umfrage bestätigt diesen Befund. «Mittel- bis langfristig wird der Wettbewerb spielen, indem andere Player in den Markt einsteigen oder ihre Angebote ausbauen», sagt Swissmem-Präsident Hirzel. Die betroffenen Firmen brauchten aber bereits heute wettbewerbsfähige Konditionen. «Die Schweizer Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht, konjunkturbedingt geht sie derzeit aber durch eine Delle. Wenn sich nun die Finanzierungsbedingungen verändern, ist dies alles andere als förderlich.»

Preisüberwacher untersucht Missbrauchsverdacht

Auch der Preisüberwacher Stefan Meierhans ist aktiv geworden. Er erhielt eine zweistellige Anzahl von Beschwerden von UBS-Kunden, die eine Erhöhung der Margen bei Kreditzinsen kritisieren. «Wir haben der UBS einen ersten Fragebogen zugestellt, um zu beobachten, ob und gegebenenfalls in welchen Bereichen ein preismissbräuchliches Verhalten nicht ausgeschlossen werden kann», sagt Meierhans. Betroffene Firmen können ihm auch anonym Meldungen zukommen lassen.

Der Chef des Westschweizer Unternehmens hat sich auf die Suche nach einer Alternative gemacht – ohne Erfolg. «Die lokale Kantonalbank und Postfinance bieten nicht an, was wir brauchen, und für Auslandbanken sind wir zu klein.» Vorläufig muss er bei der UBS bleiben – und im Notfall wieder eigenes Geld einschiessen.

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