Sonntag, September 8

Elon Musk wollte uns in kleinen Kapseln unterirdisch von Stadt zu Stadt schiessen. Er zog sich zurück, doch drei kleine Unternehmungen aus der Schweiz arbeiten an der konkreten Umsetzung der Vision.

Die gute alte Rohrpost. So etwa muss man sich den Hyperloop vorstellen. Nur geht es hier um das Reisen in Kapseln, die durch eine Vakuumröhre schiessen. Etwas utopisch klingt diese Transportform schon. Wäre da nicht Elon Musk, der Mobilitätsvisionär, gewesen, der mit seiner Raumfahrtfirma Space X 2013 begann, die Idee mit Wettbewerben um die schnellste Reisekapsel zu fördern – der Hyperloop wäre in der Versenkung verschwunden.

Musk veranstaltete 2013 einen ersten Wettbewerb, in dem es darum ging, den schnellsten Magnetbahnwagen zu bauen. Studententeams der EPFL und der ETH machten sich 2017 daran, erste Schritte auf dem Weg zum Schnelltransport per Röhre zu unternehmen. Sie scheiterten zweimal knapp aufgrund kleiner technischer Probleme. Seit 2019 konzentriert sich das ETH-Team Swissloop als einziges Schweizer Hochschulteam auf die Entwicklung von Transportkapseln, Antrieb und Schwebefunktion. Das EPFL-Projekt wurde zwar beendet, wird aktuell aber durch die Firma Swisspod Technologies weitergeführt.

Nicht nur Musks Wettbewerb trieb die ETH-Studenten an. Das Projekt Swissmetro aus dem Jahr 1974 verfolgte ein ähnliches Konzept, um städtische Gebiete unterirdisch miteinander zu verbinden. Von Bern nach Zürich in zwölf Minuten – so lautete die Vision. Noch immer wird das Projekt unter dem Titel Swissmetro NG (Neue Generation) weiterverfolgt.

Musk wendet sich ab

Elon Musk stoppte 2020 seinen alljährlichen Wettbewerb für den schnellsten Hyperloop. Er erkannte, dass sich der Wettstreit in die falsche Richtung entwickelte. Zwar erzielten Teams aus aller Welt mit ihren Konstruktionen Rekordgeschwindigkeiten, doch war keine von ihnen für den Zweck des Personentransports geeignet. Das eigentliche Ziel, den Hyperloop zur Reife zu bringen, wurde verfehlt.

Beim Swissloop aber liess man sich dadurch nicht entmutigen. Stattdessen arbeiteten die ETH-Techniker auf dem Weg weiter, den schnellen Zug in der Röhre für den Transport von Personen und Gütern zur Reife zu bringen. Um sich mit der Konkurrenz anderer Hochschulprojekte zu messen, organisierte Swissloop 2021 einen neuen Hyperloop-Wettbewerb im spanischen Valencia, die European Hyperloop Week. Das ETH-Team holte gleich vier von fünf technischen Preisen. 2022 kamen zwei weitere Awards im Bereich der Antriebssysteme hinzu.

Mittlerweile hat sich das Projekt ausgeweitet. Nicht nur das Studententeam Swissloop arbeitet am Schweizer Ultraschnellzug, sondern zwei weitere Gruppen. Bei Swissloop Tunneling arbeitet ein zweites ETH-Studententeam an unterirdischen Transportwegen, die für den Hyperloop und andere Transportmittel wie Autos geeignet sein sollen.

Die dritte und vermutlich seriöseste Gruppe ist die Stiftung Eurotube, die zunächst als Verein begann und nun professioneller als Stiftung aufgestellt ist. Dort arbeiten 18 Personen, unter ihnen 14 Wissenschafter. Sie konzentrieren sich auf die Entwicklung der Infrastruktur für ein funktionierendes Hyperloop-Netz. Dazu gehört beispielsweise der Bau einer vakuumdichten Röhre aus Beton, Stahl und Kunststoff in einer Verbundstruktur.

Eurotube ist wie Swissloop Tunneling auf dem Gelände der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) in Dübendorf angesiedelt. Dort befindet sich auch die kleine Versuchsstrecke von Swissloop, die seit 2019 besteht. Die Testanlage ist gemäss Eurotube-Angaben umfangreicher als die vor kurzem ins Leben gerufene Anlage in Ottobrunn bei München. Dort soll nun eine 24 Meter lange Teströhre entstehen, die laut dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder 3,5 Millionen Euro kosten soll.

Neue Röhre in Dübendorf

Die Eurotube-Anlage soll zum Test von Fahrten ohne Luftwiderstand über eine Luftschleuse mit Ventil verfügen, um den Vakuum-Bereich abzutrennen. Zudem werde der elektrische Linearantrieb – also ohne Schubunterbrechung – in der Röhre selbst eingebaut, um Fahrzeuge ohne schwere Batterien zu ermöglichen. Damit decke die 120 Meter lange Anlage namens «Demotube» alle für Hyperloop notwendigen technologischen Systeme ab. Bis Ende 2022 soll die technische Gestaltung für die Demotube abgeschlossen sein. Die Baubewilligung soll demnächst erteilt werden.

So funktioniert der Hyperloop

System gemäss Eurotube

Die in Dübendorf ab 2023 in der Demotube getesteten Hyperloop-Technologien bilden die Grundlage zum Bau der drei Kilometer langen Eurotube-Teststrecke, die in Collombey-Muraz im Wallis vorgesehen ist. 2024 soll die grosse Vakuumröhre, «Alphatube» genannt, in Betrieb genommen werden. Hier soll eine Magnetbahn in Lebensgrösse getestet werden. Wie die Demotube wird die Röhre überirdisch geführt. Damit lässt sich bei Zwischenfällen schneller der Fehler beheben. Der Kontakt zum Visionär Elon Musk besteht mittlerweile nicht mehr.

Doch was soll der ganze Aufwand? Allein die Passagierzahlen im Luftverkehr steigen derzeit wieder enorm. Gemäss konservativen Schätzungen soll sich die Zahl der Flugpassagiere und damit die Anzahl der Flüge bis 2040 verdoppeln. Gleiches geschieht mit den damit verbundenen Emissionen. Bis jetzt sind die grösseren Städte innerhalb von Europa über längere Distanz am schnellsten per Flugzeug zu erreichen. Der Hyperloop soll eine nachhaltige Alternative bieten, nur am Boden oder gar unterirdisch. Die Energie soll dann aus grünem Strom kommen.

Hyperloop soll CO2 sparen

«Mit Geschwindigkeiten eines Flugzeugs und dem ökologischen Fussabdruck eines Zugs kann die Mobilität zwischen Ländern schnell, komfortabel und nachhaltig werden», sagt Doré de Morsier, Gründer und Vorsitzender des Stiftungsrats von Eurotube.

Eurotube hat errechnet, dass sich der CO2-Ausstoss eines Linienflugzeugs bei 900 km/h im Schnitt bei 200 Gramm pro Kilometer und Person bewegt. Ein Hyperloop-Zug könnte die Emission pro Kilometer und Person bei einem Tempo von 1000 km/h auf 21 Gramm CO2 reduzieren.

Standorte von Eurotube/Swissloop/Swissloop Tunneling

Doch arbeiten nicht nur europäische Firmen an Hyperloop-Verbindungen. Hyperloop One ist eine Firma von Richard Bransons Virgin-Gruppe, die in Kalifornien an Projekten für die arabische Halbinsel und Mumbai arbeitet. Eine Verbindung zwischen den kanadischen Städten Calgary und Edmonton will die Firma Transpod schaffen, eine weitere Hyperloop-Linie will CRRC zwischen Peking und Schanghai bauen.

Noch keines der genannten Projekte steht jedoch vor der Fertigstellung. Es dürften noch zehn bis zwanzig Jahre vergehen, bis der Hyperloop den Luftverkehr ergänzt – oder gar ersetzt. Die Schweizer Bemühungen sollen dazu wichtige Grundlagen schaffen.

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