Samstag, September 28

Eine Umarmung von Elon Musk machte Fidias Panayiotou zum Internet-Superstar. Nun inszeniert er sich als Alternative zu den etablierten Parteien von Zypern – mit Erfolg.

Fidias Panayiotou ist im Internet ein Superstar: Über drei Millionen folgen dem Influencer aus Zypern auf Social Media. Obwohl Panayiotou immer wieder betont, von Politik nichts zu verstehen, wurde er am Wochenende überraschend ins Europaparlament gewählt. Als einer von sechs Abgeordneten aus Zypern.

Seine Wahl ist bemerkenswert. Der durchschnittliche Abgeordnete im Europaparlament ist Mitte 50, hat einen akademischen Hintergrund, Erfahrung im Politikbetrieb. Panayiotou ist 24 Jahre alt, parteilos, Influencer. Er wird im Europaparlament der jüngste Politiker sein und der erste, der mit Youtube und Tiktok sein Geld verdient.

Er wartete drei Monate auf eine Umarmung

Panayiotou ist der Sohn eines griechisch-orthodoxen Priesters. Darüber hinaus war wenig über ihn und seine Herkunft bekannt. Das änderte sich vor fünf Jahren: Panayiotou nahm sich vor, als Influencer weltberühmt zu werden.

Panayiotou verbrachte 24 Stunden unter einem Sandhaufen, rannte barfuss einen Marathon im Schnee, überlebte sieben Tage nur mit einem Messer auf einer Insel. Auf der Jagd nach Likes und Klicks hat er Skrupel und Scham abgelegt.

2021 hatte Panayiotou die Idee, die ihn bekannt gemacht hat. Er wollte Elon Musk, sein grosses Vorbild, treffen. Dafür reiste er nach Brownsville, Texas, wo der Weltraumbahnhof des Tech-Milliardärs und Tesla-Gründers Musk steht.

Panayiotou bastelte ein Schild mit der Aufschrift «Hug Me Elon» («Umarme mich, Elon»), stellte sich an die Einfahrt zum Weltraumbahnhof und wartete. Einen Monat harrte er in der Wüste aus, schlief im Schlafsack am Strassenrand, sprach Mitarbeiter an. Er teilte seine Aktionen auf Social Media. In einem seiner Videos sagte er: «Scheitern ist keine Option.»

Nachdem Panayiotou seine Fans aufgefordert hatte, die Mutter von Musk zu kontaktieren, setzte diese einen wütenden Tweet ab und beschwerte sich über die vielen Nachrichten. Musk kommentierte den Post mit einem grinsenden Emoji. Dann wurde Musk an einem Fussballmatch von Kindern angefleht, Panayiotou zu umarmen. Musk liess sich von den Kindern erweichen. Er versprach ihnen, Panayiotou zu sehen.

Beim Treffen war Panayiotou aufgeregt, gestikulierte wild mit den Händen, redete auf Musk ein. Musk hingegen blickte ernst, verschränkte die Arme. Panayiotou fragte: «Bist du bereit?» – Musk antwortete: «Ich denke, bist du es?» Dann umarmten sich die beiden.

How I Forced Elon Musk To Hug Me

Die Jungen stimmten für ihn

Man kann Panayiotou als grössenwahnsinnig bezeichnen, aber Hartnäckigkeit muss man ihm zugestehen. Wenn Panayiotou eine Idee hat, setzt er viel daran, sie zu verwirklichen.

Bei den Europawahlen am Sonntag erhielt Panayiotou 19,4 Prozent der Stimmen. Er lag nur knapp hinter zwei grossen Parteien, der konservativen Disy und der kommunistischen Akel. Die zypriotische Zeitung «Knews» bezeichnet Panayiotou als grossen und einzigen Gewinner der Europawahl.

Es sind vor allem die Jungen, die Panayiotou ins Europaparlament gewählt haben. 40 Prozent der 18- bis 24-Jährigen auf Zypern haben für ihn gestimmt. Er ist für sie eine Alternative zum etablierten System.

Wie in anderen Ländern profitierte Panayiotou von der Unzufriedenheit der Wähler mit den traditionellen Parteien. Seit 1974 ist Zypern in einen griechischen und einen türkischen Teil geteilt. Die Gespräche über eine Wiedervereinigung sind seit Jahren festgefahren. Dazu kommt: Das Land leidet noch immer an den Folgen der Finanzkrise von 2012 und 2013.

Das politische Programm von Panayiotou bleibt vage. Wenn er sich äussert, dann populistisch. Im Vorfeld des Wahlkampfs sagte Panayiotou, dass er der rechtsextremen Elam nahestehe, betonte aber auch, dass er keinen Parteiinteressen diene. In einem Video sagte er, Zypern solle die Verhandlungen für die Wiedervereinigung abbrechen und sich bemühen, wohlhabend zu werden – so wohlhabend, dass die türkischen Zyprioten um eine Lösung betteln würden.

Am Sonntagabend liess sich Panayiotou von seinen Anhängern feiern, die Medien streckten ihm Mikrofone entgegen. Das Amt zahlt sich für ihn auch finanziell aus: Als Abgeordneter wird er 10 075 Euro im Monat verdienen; das ist fünfmal so viel wie das Durchschnittsgehalt in Zypern.

Panayiotou mag ein Neuling in der Politik sein. Doch er weiss, wie man Aufmerksamkeit gewinnt. Er sagte einmal: «Niemand wird sich für mich interessieren, wenn ich sie nicht dazu zwinge, sich für mich zu interessieren.» Eine Fähigkeit, die ihm in Brüssel helfen wird.

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