Donnerstag, Oktober 3

Balistoy wirft den Verantwortlichen Verletzung der Antirassismus-Strafnorm und üble Nachrede vor.

Der Schauspieler Yan Balistoy hat Strafanzeige eingereicht gegen den Verwaltungsratspräsidenten, die drei Direktorinnen und den Hausdramaturgen des Zürcher Theaters Neumarkt. Balistoy wirft ihnen Verletzung der Antirassismus-Strafnorm und üble Nachrede vor, wie sein Berater Sacha Wigdorovits am Sonntag (9. 6.) mitteilte.

Am Theater Neumarkt war Ende 2023 ein Konflikt eskaliert. Balistoy erklärte damals gegenüber der NZZ, er werde am Theater diskriminiert, weil er Israeli sei. Seit August 2021 werde er nur bei der Hälfte aller Stücke besetzt, weil das Theater eine libanesische Schauspielerin schützen wolle, die wie er zum siebenköpfigen Neumarkt-Ensemble gehöre.

Ein libanesisches Boykottgesetz verbiete es der Frau, mit Israeli zusammenzuarbeiten. Sie müsse um ihre Sicherheit fürchten, würde ihre Zusammenarbeit mit Balistoy öffentlich.

Das Gesetz verstosse gegen die Schweizer Bundesverfassung, schreibt nun Wigdorovits. Diese verbietet es, Personen wegen ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihres Geschlechts zu diskriminieren.

Als stossend empfindet er zudem, dass die getrennte Besetzung innerhalb des Theaterensembles öffentlich gemacht worden sei, der Hausdramaturg habe diese gar in den sozialen Netzwerken kommentiert.

Die wichtigste Frage liess die Untersuchung offen

Das Theater hatte eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben, um Balistoys Diskriminierungsvorwürfe zu prüfen. Diese kam zum Schluss, dass Diskriminierung am Neumarkt «in keiner Form» geduldet werde. Allerdings wurde in der Untersuchung die wichtigste Frage ausgeklammert – nämlich, ob Balistoy wegen seiner Herkunft benachteiligt werde. Es wurde auch nicht beantwortet, ob Balistoy tatsächlich konsequent getrennt von der libanesischen Schauspielerin für Stücke eingesetzt wurde.

Zur NZZ sagte der Verwaltungsratspräsident des Theaters, Thomas Busin: Ob Balistoy persönlich diskriminiert worden sei, sei eine arbeitsrechtliche Frage, der sich das Arbeitsgericht annehmen müsste. Er wisse nicht, ob Balistoy und die Schauspielerin jeweils getrennt voneinander eingesetzt würden. Das betreffe künstlerische Belange, in die er sich nicht einmische.

Später erklärte Busin gegenüber den Zeitungen von CH Media, man habe am Theater darauf geachtet, die beiden Schauspieler in verschiedenen Stücken zu besetzen, um sie «nicht dazu zu zwingen, sich durch eine Besetzung in Gefahr zu bringen».

«Diskriminierung und Herabsetzung»

In der Mitteilung zur Strafanzeige kommt auch der Strafrechtsprofessor Marcel Niggli von der Universität Freiburg zu Wort: «Nicht zweifelhaft dürfte sein, dass eine Diskriminierung und Herabsetzung vorliegt.»

Es sei diskriminierend, die Einsatzmöglichkeiten und Einsatzfrequenz eines Schauspielers aufgrund von «sachfremden Kriterien» zu reduzieren, so Niggli. Einen Schauspieler aufgrund seiner «ethnischen Zugehörigkeit» nicht auftreten zu lassen, «ist bezüglich der zu besetzenden Theaterstücke fraglos sachfremd.»

«Wesentlich» erscheine hier auch die Tatsache, dass von den Ensemble-Mitgliedern keinerlei Verschwiegenheit gegenüber Dritten verlangt worden sei. Dies verdeutliche, «dass die Vorgänge gerade nicht als privat verstanden werden sollten. Die fragliche Diskriminierung und Herabsetzung sollten ohne weiteres auch einem weiteren Personenkreis zugänglich sein.»

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