Sonntag, September 8

Das Königreich kann sich trotz den Milliarden aus dem Verkauf von Erdöl nicht alles leisten. Deshalb wird teilweise der Staatskonzern versilbert. Die Sitzung der Opec+-Gruppe am Sonntag wird wohl auch nicht für höhere Erdölpreise sorgen.

Bei Saudi Aramco ist selbst ein winzig kleines Scheibchen milliardenschwer. Fünf Jahre nach dem Börsengang des saudischen Erdölkonzerns, der vom Staat kontrolliert wird, sollen weitere Aktien verkauft werden. Damals nahm der saudische Staat 29,4 Milliarden Dollar ein, es ist immer noch der grösste Börsengang aller Zeiten. Insgesamt sollen nun 1,545 Milliarden Aktien angeboten werden, was einen Anteil von 0,64 Prozent bedeutet. Wenn der obere Preis der Bewertungsspanne erreicht wird, würde dies einen Geldfluss von 12 Milliarden Dollar für den saudischen Staat bedeuten.

Die Unabhängigkeit vom Erdöl im Visier

Warum verkauft Saudiarabien aber überhaupt mehr Aktien? Saudi Aramco verfügt über Förderkapazitäten, 12 Prozent der weltweiten Erdölnachfrage zu befriedigen. Im vergangenen Jahr zahlte das Unternehmen eine Dividende von 98 Milliarden Dollar, in diesem Jahr könnten es 124 Milliarden Dollar sein. Dabei hält der saudische Staat weiterhin einen Anteil von 82 Prozent am Erdölkoloss, der saudische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) verfügt über 16 Prozent. Es sind gigantische Summen, die in die Kassen des Königreichs fliessen.

Dass Saudiarabien dennoch klamme Kassen hat, hängt vor allem mit den Zukunftsvisionen des Kronprinzen Mohammed bin Salman zusammen, üblicherweise mit MBS abgekürzt. Dieser möchte mit einer Stadt der Superlative namens Neom, dem Aufbau einer globalen Fluggesellschaft und des Tourismus sowie mit Investitionen in Sportvereine und Sportveranstaltungen die Abhängigkeit des Wüstenstaats vom Erdöl verringern. Dazu benötigt MBS zunächst einmal aber vor allem Petrodollars.

Das Investitionsvehikel für die hochtrabenden Ziele des Kronprinzen ist vor allem der Staatsfonds PIF. Um die Vorgaben umsetzen zu können, erhielt der Fonds deshalb auch Aktien an Saudi Aramco zusammen mit den Dividendeneinnahmen und gar auch Währungsreserven in Milliardenhöhe. Gleichzeitig dürfte der Staatshaushalt in den kommenden Jahren ein Minus schreiben. Deshalb zapft das Königreich auch ausgiebig die internationalen Kapitalmärkte an. In diesem Jahr verschuldete sich Saudiarabien bereits mit 17 Milliarden Dollar.

Rote Zahlen bei den Staatsfinanzen

Der Aktienverkauf und die Schuldenaufnahme können auch so verstanden werden, dass Riad seinen Erdölreichtum bereits versilbert, ohne dafür unmittelbar den Rohstoff aus dem Boden zu nehmen. Saudiarabien hat sich zudem zu einer freiwilligen Drosselung der Förderung von 2 Millionen Fass pro Tag entschlossen, um den Erdölpreis zu stützen – mit bisher mässigem Erfolg.

Derzeit liegt der Preis für die Nordsee-Erdölsorte Brent, der der weltweite Referenzwert ist, bei rund 82 Dollar je Fass. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) benötigt Saudiarabien aber einen Preis von 96,20 Dollar je Fass für einen ausgeglichenen Staatshaushalt.

Deshalb scheint das Ergebnis für die kommende Sitzung der Staaten von Opec+ am Sonntag vorprogrammiert zu sein. In der Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) sind zwölf Förderländer vereinigt mit Saudiarabien als dominierendem Petrostaat. Diese Allianz hat sich mit weiteren Erdölländern unter der Führung von Russland zusammengeschlossen und bildet die Gruppe Opec+. Um den Preis in die Höhe zu treiben, hat diese Vereinigung seit November 2022 bereits ein Volumen von 5,8 Millionen Fass Erdöl pro Tag vom Markt genommen.

Drosselungen wie gehabt

Die Kürzungen bestehen aus mehreren Schichten gruppenweiter Drosselungen und freiwilliger Zurückhaltungen einiger Länder. Saudiarabien trägt dabei die Hauptlast. Länder wie Iran, Venezuela und Libyen sind jedoch von den Regelungen ausgenommen. Manche Länder produzieren zu viel, manche können gar ihre Quote nicht erfüllen. Am wahrscheinlichsten ist, dass alle bestehenden Kürzungen zunächst bis Ende des Jahres weitergeführt werden. Laut Medienberichten könnte es auch eine Ausweitung der Drosselung in das kommende Jahr geben.

Dies wäre ein einfaches Signal an die Erdölmärkte, dass das Angebot eingeschränkt bleiben soll. Opec+ sieht sich auch einem Anstieg der Erdölförderung ausserhalb der Allianz gegenüber – vor allem in den USA, Guyana und Brasilien. Wenn es eher unerwartet am Opec+-Treffen zu einer Erhöhung der Produktion kommen sollte, dürfte dies den Preis drücken. Weder Saudiarabien noch die anderen Petrostaaten sind daran aber interessiert. Solange der Ölpreis jedoch nicht mehr nach oben ausschlägt und Riad nicht mehr fördern kann oder will, wird der Kronprinz mehrere Geldquellen anzapfen müssen.

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