Der designierte US-Präsident stellt eine laxere Regulierung in Aussicht und will die amerikanische Krypto-Branche fördern. Das setzt die Schweiz und das Zuger Crypto Valley bereits unter Druck.
Bei Krypto-Fans flogen Mitte Woche die Champagnerkorken, als Donald Trump als neuer US-Präsident feststand. Der Bitcoin-Kurs, der wichtigste Preis in der Krypto-Welt, erreichte nach dem klaren Wahlsieg des Republikaners am Mittwoch ein Allzeithoch. Am Donnerstag ging die Rekordjagd weiter, und die Krypto-Leitwährung schaffte fast die Marke von 77 000 Dollar. Viele glauben, dass der Anstieg weitergehen wird.
Bitcoin gilt als Trump-Trade schlechthin. Denn Trump will die USA nach eigenem Bekunden zur «Krypto-Hauptstadt der Welt» machen und eine strategische Bitcoin-Reserve anlegen. Zudem stellte er im Wahlkampf eine klarere Regulierung und weniger Eingriffe in Aussicht.
Diese Haltung und die Aussage des US-Zentralbankchefs Jerome Powell, dass der Wahlausgang «keinen Einfluss» auf die kurzfristige Geldpolitik des Fed haben werde, beflügeln Krypto-Assets. Weiter sinkende Zinsen sind Treibstoff für risikoreiche Anlagen wie den Bitcoin.
Das Crypto Valley ist zurückgefallen
Der vom Krypto-Skeptiker zum Krypto-Freund mutierte Trump ist ein Segen für die Branche, doch viele Fragen bleiben offen. Niemand weiss, was Trump genau umsetzen wird: «Er könnte ein starkes Zeichen setzen, etwa den SEC-Chef Gary Gensler entlassen oder steuerliche Anreize schaffen. Auf diese Weise könnte er Krypto-Firmen in die USA holen», sagt Luzius Meisser, Verwaltungsrat beim Vermögensverwalter Bitcoin Suisse und eine wichtige Stimme in der Schweizer Krypto-Szene.
Klarere Regulierung und eine weniger Krypto-kritische US-Börsenaufsicht (SEC) unter neuer Führung könnte Tausende Jobs und Startups in die USA locken, so die Hoffnung. Doch was gut ist für die amerikanische Krypto-Branche, könnte schlecht sein für andere Länder, allen voran für die Schweiz.
In den vergangenen Jahren hat sich die Schweiz mit einer innovativen Regulierung und viel Marketing bemüht, sich als bevorzugter Standort für Krypto-Firmen zu etablieren. Sie war damit erfolgreich, insgesamt haben sich bisher rund 1300 Unternehmen im sogenannten Crypto Valley niedergelassen, vor allem in den Kantonen Zug und Zürich.
Doch wird das Umfeld in den USA tatsächlich vorteilhafter, könnte das international einen «Dammbruch» auslösen, glaubt Meisser. Andere Länder und auch die Schweiz würden merken, dass sie etwas tun müssen, um als Standort attraktiv zu bleiben. «Das Crypto Valley wird immer wieder mit schönen Worten gepriesen. Tatsächlich sind wir aber zurückgefallen», sagt Meisser, deshalb brauche es neue Ideen.
Bessere Rahmenbedingungen nötig
Damit sich die Schweiz gegenüber einem Krypto-freundlichen Amerika behaupten kann, müssten gemäss dem Krypto-Experten die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden. Eine konkrete Massnahme wäre etwa das generelle Zulassen der Sammelverwahrung: «Das würde die Schweiz konkurrenzfähiger machen und die operative Sicherheit verbessern», glaubt er. Krypto-Werte könnten so auf einer einzigen Adresse verwahrt werden, was den Aufwand reduziert. Heute muss für jeden Kunden eine eigene Adresse eingerichtet werden.
Weiter helfen würde es, wenn Schweizer Krypto-Anbieter Kundengelder bei einer Bank parkieren könnten und die Rechtsunsicherheit bei der Klassifizierung von Token verbessert wird. Den grössten Hebel sieht Meisser aber bei der Regulierung sogenannter Stablecoins, das sind Kryptowährungen, die eine herkömmliche Währung wie den Dollar abbilden: «Die Schweiz müsste den Mut haben, zum besten Standort für internationale Champions zu werden», sagt er.
Der Marktführer bei Stablecoins, Tether etwa, ist hoch profitabel und macht jeden Monat einen Milliardengewinn. Wie viele Krypto-Firmen ist Tether derzeit aber an einem Offshore-Standort beheimatet, auf den Britischen Jungferninseln. Stablecoins werden aber aus Sicht von Aufsehern wie der Finma als problematisch angesehen, weil sie sich besonders gut für Geldwäscherei-Aktivitäten eignen sollen.
USA: Eine fast perfekte Krypto-Welt?
Solche Bedenken haben derzeit wenig Platz, die Bitcoin-Begeisterung ist kaum zu bremsen. In den USA flossen am Tag nach der Trump-Wahl 1,4 Milliarden Dollar in Bitcoin-ETF. Der grösste dieser Publikumsfonds, der iShares Bitcoin Trust von Blackrock, hat seit der Zulassung Anfang Jahr ein Volumen von 33 Milliarden Dollar erreicht. Auch die Zuflüsse in andere Krypto-Währungen und -Fonds waren sehr stark.
Mit einer neuen Trump-Regierung und derzeit 247 Krypto-freundlichen Kandidaten (gegenüber 113) im Repräsentantenhaus sowie 15 (gegenüber 10) im Senat könnte der Bitcoin ein «beispielloses Wachstum und Stabilität» erleben, glaubt Adrian Fritz, Forschungsleiter beim Krypto-Vermögensverwalter 21Shares. Selbst wenn das Repräsentantenhaus von den Demokraten kontrolliert werden sollte, könnte es genügend parteiübergreifende Unterstützung für neue Krypto-Gesetze geben, schreibt die Schweizer Bank Sygnum in einer Stellungnahme.
Trumps Krypto-Liebe war nicht spontan. Das Lobbying der Branche war intensiv. Das Super-PAC Fairshake gab über 172 Millionen Dollar aus, um Krypto-freundliche Kandidaten einen Platz im Senat oder im Repräsentantenhaus zu sichern. Hinter dem politischen Komitee stehen Krypto-Firmen wie Coinbase, Ripple oder der Silicon-Valley-Investor Andreessen Horowitz.
Zu den wichtigsten Massnahmen, die Trump umsetzen könnte, gehört die strategische Bitcoin-Reserve, die über die Zeit auf 1 Million Bitcoin aufgestockt werden soll und auch dem Abbau der Staatsschulden dienen soll. Hinzu kommen die Unterstützung von in den USA ansässigen Bitcoin-Minern sowie neue Richtlinien für die Emission von Stablecoins. Auch eine umfassende Marktstrukturreform durch das Gesetz über Finanzinnovation und Technologie für das 21. Jahrhundert (FIT21) wird erwartet.
Die Wettenden auf dem Blockchain-basierten Prognoseportal Polymarket gehen davon aus, dass die Republikaner beide Häuser des Kongresses gewinnen werden. Für Bitcoin-Anhänger wäre das ein traumhaftes Ergebnis, das die Voraussetzungen schaffen würde, aus den USA einen fast perfekten Krypto-Markt zu machen.