Donnerstag, Juli 4

Cui Jians Lieder waren im Jahr 1989 Protestsongs auf dem Tiananmen-Platz in Peking. Seither versucht der chinesische Rockstar, die Zensoren nicht zu sehr zu reizen: ein Spagat zwischen Anpassung und Freiheit.

«NZZ Akzent»: Chinas letzter Rockstar


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In dieser Podcast-Episode:

April 2006: Schanghai, in der Konzerthalle Grand Theater. 8000 Menschen sind gekommen, um dem allerersten Auftritt der Rolling Stones in China beizuwohnen. Mick Jagger setzt an zur Rockballade «Wild Horses», frenetischer Applaus – denn plötzlich taucht aus dem Hintergrund ein weiterer Musiker auf. Mit Gitarre und weisser Baseballmütze mit rotem Stern. Es ist der chinesische Rockstar Cui Jian, der Mick Jagger nun fast ein wenig die Show stiehlt.

Cui Jian ist der erste grosse Rockmusiker der Volksrepublik China. Nach dem Tod Maos öffnete sich das Land für die Aussenwelt – und damit auch für Rock’n’Roll. Cui Jian begeisterte sich für die neue Musik und wurde selbst zum Rockstar. Seine Songs waren Ausdruck der Aufbruchstimmung damals, die Menschen träumten von Öffnung und Freiheit. Auf dem Tiananmen-Platz demonstrierten Tausende für Reformen und Demokratie. Cui Jian war einer davon und spielte seine Lieder. Bis die kommunistischen Machthaber am 4. Juni 1989 Panzer auffahren liessen und Hunderte Menschen erschossen. Cui Jian tauchte unter.

Seither machten Cui Jian die Kulturbehörden das Leben schwer, sagt Katrin Büchenbacher in der neusten Folge von «NZZ Akzent». Er kann zwar später wieder auftreten, muss vor seinen Konzertauftritten aber eine Song-Liste vorlegen, einzelne Lieder sind nicht mehr erlaubt.

Ganz zum Schweigen bringen konnten die Zensoren Cui Jian aber nicht, seine Berühmtheit ist für ihn ein Schutz. Im Ausland gebe er kritische Interviews und erhalte die Überzeugung aufrecht, dass Rock’n’Roll immer auch von der Message gelebt habe, sagt Büchenbacher. Bis heute seien seine Auftritte eine Projektionsfläche, ein Ort der stillen Rebellion. Doch klar sei auch: Im heutigen China werde es keinen neuen Rockstar mehr geben, Cui Jian werde der letzte sein.

Alle Episoden von «NZZ Akzent» finden Sie in dieser Übersicht.

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