Donnerstag, Januar 30

Der Pariser Louvre ist akut vom Verfall bedroht. Dabei hat Frankreich doch schon so viele andere Sorgen. Wie gut, dass Präsident Macron, der Retter der Notre-Dame, eine «Wiedergeburt» des weltberühmten Museums verspricht.

Dass Emmanuel Macron ein besonders inniges Verhältnis zum Louvre-Museum hat, kann ihm niemand absprechen. Immerhin feierte das französische Staatsoberhaupt hier am Abend des 7. Mai 2017 den grössten Triumph seines Lebens. Mit majestätischer Geste war der Sieger der Präsidentschaftswahl damals in den dunklen Innenhof des ehemaligen Königspalastes geschritten, um vor der erleuchteten Glaspyramide seine Antrittsrede zu halten.

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Die Szenerie war perfekt gewählt. Nicht auf der revolutionären Place de la Bastille, wo die Linken ihre Siege feiern, und auch nicht auf der Place de la Concorde, wo sich traditionell die Rechten versammeln, sondern an einem Ort, der über den politischen Lagern steht und der Frankreichs kulturelle Grösse verkörpert, wollte Macron sprechen. Und als er dann den Louvre als ein Symbol rühmte, das «vom Ancien Régime bis zur Befreiung von Paris, von der Französischen Revolution bis zur Kühnheit dieser Pyramide von der Geschichte durchdrungen» sei, da klang das ganz nach Einheit und Aufbruch.

Symbol für den Verfall

Acht Jahre später ist Macron zurückgekehrt an diesen für ihn so wichtigen, symbolträchtigen Ort. Der Präsident stattete dem Louvre am Dienstag einen Not-Besuch ab, um seine Pläne für die Sanierung des weltberühmten Museums vorzustellen. Zuvor hatte die Direktorin Laurence des Cars einen verzweifelten Hilferuf abgesetzt. In einer vertraulichen Nachricht an die französische Kulturministerin Rachida Dati schrieb sie von einem «besorgniserregenden Grad der Obsoleszenz» ihrer Institution. Der Louvre leide an «Schäden, Verfall und Überfüllung», es gebe abblätternde Wände, kaputte Rohre, veraltete technische Anlagen, zudem beunruhigende Temperaturschwankungen, die den Erhalt der Kunstwerke gefährdeten.

Überhaupt dringe immer wieder Wasser ins Gebäude, so des Cars, was dazu führe, dass Bilder regelmässig abgehängt und Ausstellungen abgesagt werden müssten. Die Zeitung «Le Parisien», der der Brief zugespielt worden war, berichtete auch von den «körperlichen Torturen» der Besucher des Louvre, die der Museumsdirektorin Sorgen machten: Den Menschen stünden keine Bereiche zur Verfügung, um eine Pause einzulegen. Das Angebot an Verpflegung und sanitären Einrichtungen sei unzureichend und liege weit unter internationalen Standards. Die Ausschilderung müsse ebenfalls komplett überdacht werden. Kurzum: So richtig gut laufe im grössten und für viele schönsten Museum der Welt eigentlich nichts.

Macron beeilte sich also mit seiner Visite. Dem Präsidenten, dem seit seiner Entscheidung vom letzten Jahr, das Parlament aufzulösen, innenpolitisch die Freunde ausgegangen sind und der auch in Umfragen historisch abgestürzt ist, dürfte die Aussicht auf eine neue Mission zur Rettung eines weiteren französischen Kultursymbols gefallen haben. Frankreich hat derzeit viele Sorgen, der Staat ist pleite, die Wirtschaft brummt nicht mehr, die Minderheitsregierung von François Bayrou könnte bald gestürzt werden. Aber manchmal, so wie bei der feierlichen Wiedereröffnung der Notre-Dame im Dezember, gibt es eben auch eine willkommene Ablenkung vom tristen Tagesgeschäft.

Vor der «Mona Lisa», dem berühmten Werk von Leonardo da Vinci – für das sich Touristen aus aller Welt überhaupt erst auf den Weg nach Paris machen –, präsentierte Macron seine mit Spannung erwarteten Pläne. Und die sehen so aus: Das Museum soll einen neuen, grossen Eingang erhalten, um die Besucherströme besser zu bewältigen. Der bisherige Eingang unter der Glaspyramide wird völlig umgestaltet. Für den neuen Eingang an der Ostfassade werde Ende 2025 ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben, kündigte der Präsident an.

Neuer Platz für die «Mona Lisa»

Zuletzt war der Louvre in den 1980er Jahren renoviert worden, wobei der Architekt Ieoh Ming Pei die ikonische Pyramide für den Eingang errichtete, die 1989 eröffnet wurde. Sie sei ursprünglich für 4 Millionen Besucher vorgesehen gewesen, heute seien es jedoch 9 Millionen Besucher pro Jahr, sagte Macron. Der neue Eingang solle bis zum Jahr 2031 eingeweiht werden. Darüber hinaus werde auch die «Mona Lisa» einen eigenen Saal erhalten und damit für Besucher besser zur Geltung kommen.

Die Kosten des Projekts, das Macron als «Nouvelle Renaissance» (Neue Wiedergeburt) bezeichnete, nannte der Präsident nicht. Von einer Quelle des Élysée-Palasts aber wurde die Zahl 700 bis 800 Millionen Euro verbreitet. Finanziert werden soll das durch Eigeneinnahmen des Louvre, durch Spenden, durch den Erlös, den die Royaltys des Louvre in Abu Dhabi abwerfen, sowie durch erhöhte Eintrittspreise. So ist geplant, dass ab dem 1. Januar 2026 Besucher aus Nicht-EU-Staaten, offenbar also auch Schweizer, mehr Eintritt zahlen müssen als alle anderen. Derzeit liegt der Volltarif bei 22 Euro, er war erst vor einem Jahr um 5 Euro angehoben worden. Dies dürfte Touristen aber kaum davon abbringen, den Louvre zu besuchen. Gerechnet wird vielmehr damit, dass sich der Besucherstrom noch vergrössert, auf bis zu 12 Millionen im Jahr.

Wird Macron, dem Retter der Notre-Dame, ein zweites Wunder gelingen? Wer Zeichen lesen kann, dürfte bemerkt haben, dass in dem Saal, in dem der Präsident am Dienstag sprach, auch die «Hochzeit zu Kana» des italienischen Malers Paolo Caliari hängt. Laut der Wundererzählung verwandelte Jesus bei der Hochzeit Wasser in Wein.

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