Donnerstag, Oktober 10


Nachruf

Der Modedesigner aus Florenz prägte mit seiner Vision von Sexiness die neunziger und nuller Jahre. Seine Kleider konnten laut brüllen oder sinnlich schnurren.

Der Modedesigner Roberto Cavalli ist im Alter von 83 Jahren verstorben, wie der Instagram-Account von dem von ihm gegründeten Modelabel am Freitagabend verkündete. Laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa sei er nach langer Krankheit in seinem Haus in Florenz verschieden.

Tribute aus aller Welt kursierten bald darauf auf Social Media: Videos von Britney Spears in schillernden Bühnenkostümen, die Cavalli für sie entworfen hatte. Bilder von der «Sex and the City»-Protagonistin Carrie Bradshaw in einem floralen, weit ausgeschnittenen Rüschenkleid oder in einem Schlangenprint-Bandeau-Top des Designers. Victoria Beckham und Roberto Cavalli 2005 auf dem roten Teppich, er wie immer braungebrannt, mit charakteristischer Sonnenbrille und im schwarzen Anzug, sie in einem knapp über ihrem Körper drapierten Kleid, blau-grün wie ein Paradiesvogel.

Cavalli verwandelte Fantasie in Kleidung

«Ich kann mir keine Vision von Mode vorstellen, die weiter von meiner entfernt ist als die von Roberto Cavalli, und doch habe ich immer grossen Respekt vor ihm gehabt», schrieb sein 89-jähriger Landsmann Giorgio Armani auf X: «Roberto war ein wahrer Künstler, wild und wunderbar in seiner Verwendung von Prints, und fähig, Phantasie in verführerische Kleidung zu verwandeln.»

Roberto Cavalli wurde im November 1940 in einem kleinen Dorf in der Toskana geboren. Sein Grossvater war Künstler, seine Mutter Schneiderin. Zur Mode kam Cavalli während seines Studiums an der Kunstakademie in Florenz, und 1970 gründete er sein eigenes, gleichnamiges Label. Er experimentierte früh mit bedrucktem Leder und später mit Denim, das er mit einem Sandstrahler manipulierte oder mit Lycra versetzte, um es dehnbar und damit hauteng zu machen.

Die Natur als Inspiration

Cavallis Vision von Mode beruhte auf Sexiness und auf Kleidern, die den weiblichen Körper gekonnt umspielten und umwarben. Damit prägte er vor allem die neunziger und nuller Jahre, als der Tod von Gianni Versace und die Sachlichkeit vieler Designer ein Vakuum in diesen Themen hinterliessen. Während er zum Lieblingsdesigner von Stars wie Jennifer Lopez, Beyoncé und Lenny Kravitz wurde, machte sein günstigeres Jeans-Label Just Cavalli seine Mode einem breiteren Publikum zugänglich.

Verband man die von ihm so geliebten Leoparden-, Tiger- und Schlangenprints mit einer unverfrorenen Sinnlichkeit und «va-va-voom», waren sie genauso eine Liebeserklärung an die Natur: Gott sei der beste Designer, sagte Cavalli einmal in einem Interview. Seine 13 Hektaren grosse Hauptresidenz in der Toskana verfügte neben Rebbergen, Ferraris und einem Solarium denn auch über eine ganze Menagerie von Papageien und Leguanen, einem Affen und einem Tiger.

Wieder sehr gefragt

Cavalli war für seinen Humor bekannt und betonte stets, Mode sei nicht das wichtigste im Leben. Zu altern störe ihn nicht, sagte er 2013 zum «Guardian» und meinte: «Manchmal sage ich zu Leuten: ‹Oh, ich bin alt!›, aber ich hoffe nur auf Komplimente.»

2015 verkaufte Cavalli sein Geschäft an eine italienische Holdingfirma, seit 2019 gehört sie einer Firma mit Sitz in Dubai. Zurzeit ist der Designer Fausto Puglisi für die Kollektionen des Labels verantwortlich. «Es ist die grösste Ehre meiner Karriere, unter Ihrem Erbe zu arbeiten und für die Marke zu kreieren, die Sie mit so viel Vision und Stil gegründet haben», richtete er seine Worte auf Instagram an den verstorbenen Designer.

Erst kürzlich waren Vintage-Stücke von Roberto Cavalli wieder ausserordentlich beliebt geworden, auch junge Stars wie Zendaya trugen seine Kleider aus vergangenen Kollektionen. Und im Zuge des aktuellen Animal-Print-Revivals sind es seine Entwürfe, die als ultimative Vorbilder gelten.

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