Freitag, Februar 28

Der Chemiekonzern BASF, ein Flaggschiff der deutschen Industrie, ist in schwere See geraten. Nach dem letztjährigen Wechsel auf der Kommandobrücke versucht der neue Kapitän eine Kurskorrektur.

Bei seiner ersten Jahrespressekonferenz als Konzernchef des deutschen Chemiekonzerns BASF hat der neue Vorstandsvorsitzende Markus Kamieth am Freitag einen verhalten optimistischen Ausblick gewagt. Das Betriebsergebnis (Ebitda vor Sondereinflüssen) werde 2025 voraussichtlich auf 8,0 bis 8,4 Milliarden Euro steigen, sagte er unter Verweis auf hohe geo- und handelspolitische Unsicherheiten. Zum Vergleich: 2024 hat der weltgrösste Chemiekonzern das Ebitda vor Sondereinflüssen gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Prozent auf 7,86 Milliarden Euro erhöht..

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Die Kurskorrektur

Der Umsatz hingegen sank letztes Jahr um 5 Prozent auf 65,3 Milliarden Euro, was BASF vor allem auf wettbewerbsbedingt niedrigere Preise zurückführt. Der Gewinn nach Steuern und nicht beherrschenden Anteilen stieg von 225 Millionen Euro im Vorjahr auf 1,3 Milliarden Euro. Dazu beitragen haben vor allem Einnahmen aus dem Verkauf der früheren Öl- und Gastochter Wintershall Dea an die britische Harbour Energy.

Kamieth hat im April 2024 das Steuer von Martin Brudermüller übernommen, der altershalber ausgeschieden ist. Der Wechsel auf der Kommandobrücke erfolgte in rauer See: Hohe Energiepreise, eine schleppende Nachfrage, Konkurrenz aus China, dem Nahen Osten und den USA sowie Probleme mit der Kapazitätsauslastung und der Wettbewerbsfähigkeit im Stammwerk Ludwigshafen machten und machen dem Konzern zu schaffen.

Deshalb hat ihm Kamieth im September einen neuen Kurs verordnet. Salopp ausgedrückt will er das Konzernportfolio, das Bündel an Geschäftsbereichen, ausmisten. Künftig wird sich BASF auf vier Kernsparten konzentrieren: Chemikalien, Kunststoffe, Industrial Solutions (Zusatzstoffe für industrielle Anwendungen) und Nutrition & Care (Inhaltsstoffe für Lebensmittel, Kosmetika und Hygiene).

Börsengang und Verkäufe

Die übrigen Geschäftsbereiche werden als eigenständige «Standalone Businesses» geführt, für die unterschiedliche Lösungen gesucht werden. Für den Bereich Saatgut und Pflanzenschutzmittel bereitet BASF einen (teilweisen) Börsengang vor. Die «Börsenreife» werde für 2027 angestrebt, sagte Finanzchef Dirk Elvermann am Freitag.

Für das Geschäft mit Farben und Lacken (Coatings) werden Verkäufe geprüft. In einem ersten Schritt hat BASF im Februar angekündigt, das brasilianische Geschäft mit Bautenanstrichmitteln für 1,15 Milliarden Dollar (ohne Berücksichtigung von Barmitteln und Finanzschulden) an das US-Unternehmen Sherwin-Williams zu verkaufen. Im zweiten Quartal will BASF laut Elvermann «an den Markt gehen, um strategische Optionen für unsere verbleibenden Coatings-Aktivitäten zu prüfen».

Ebenfalls nicht mehr zu den Kerngeschäften zählt unter anderem das Geschäft mit Batteriematerialien. Angesichts hoher Markt- und Technologierisiken konzentriert sich BASF hier auf die Auslastung bestehender Kapazitäten und es werden Kooperationsmöglichkeiten ausgelotet. Gemessen an den Ergebnissen von 2024 könnte sich dieser Kurswechsel auszahlen: Während das Ebitda vor Sondereinflüssen der Kerngeschäfte vor allem dank höherer Margen gewachsen ist, ist es in den «Standalone Businesses» gesunken.

Auf Kurs sieht sich BASF bei der Umsetzung des bereits unter Brudermüller eingeleiteten Sparprogramms. Bis Ende 2026 sollen jährliche Einsparungen von 2,1 Milliarden Euro erreicht werden, bis Ende 2024 wurde hiervon rund eine Milliarde Euro realisiert. Betroffen ist nicht zuletzt das riesige Stammwerk in Ludwigshafen, wo rund 39 000 der weltweit 112 000 Beschäftigten arbeiten. Laut Kamieth wird es dort zu einem «signifikanten» Abbau von Personal kommen, wobei er abermals keine konkrete Zahl nennen wollte. Laut einer Überprüfung durch BASF sind etwa 16 Prozent der Anlagen in Ludwigshafen derzeit nicht wettbewerbsfähig, was zu Anpassungen einschliesslich weiterer Schliessungen führen wird.

Kamieth geht davon aus, dass manche Chemikalien wie Ammoniak künftig weniger in Europa produziert und stattdessen aus Regionen importiert wird, in denen das hierzu nötige Gas billiger ist. In Deutschland hat BASF auch letztes Jahr Geld verloren, wenn auch das Minus gemessen am Betriebsgewinn zurückgegangen ist. Derweil wird in der zweiten Jahreshälfte 2025 die Inbetriebnahme des neuen Verbundstandorts in China beginnen, in das BASF laut früheren Angaben rund 10 Milliarden Dollar investiert und das den rasch wachsenden chinesischen Markt bedienen soll.

Weniger Dividende

Nach dieser Inbetriebnahme will der Konzern die Sachinvestitionen reduzieren und die Auslastung bestehender Anlagen erhöhen, um das Kapital effizienter einzusetzen.

Für 2024 schlägt er eine Dividende von nur Euro 2,25 vor, nachdem es letztes Jahr Euro 3,40 waren. Die Kürzung entspricht einer Ankündigung vom letzten Herbst. Danach sollen 2025 bis 2028 jeweils mindestens Euro 2,25 je Aktie oder insgesamt rund 2 Milliarden Euro pro Jahr an die Aktionäre ausgeschüttet werden. BASF will die Dividenden indessen durch Aktienrückkäufe ergänzen, um in den vier Jahren eine Geamtausschüttung von mindestens 12 Milliarden Euro zu erreichen und damit mindestens auf dem Niveau der vergangenen Jahre zu bleiben.

Sie können dem Berliner Wirtschaftskorrespondenten René Höltschi auf den Plattformen X und Linkedin folgen.

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