Montag, September 16

Dem Branchenriesen John Deere sind wegen der weltweiten Krise im Agrarmarkt die Aufträge weggebrochen. Auch die Schweizer Anbieter Bucher, Rapid und Aebi haben für ihre Beschäftigten zu wenig Arbeit.

Deere & Company ist ein Gigant in der Herstellung von Landmaschinen. Kein anderes Unternehmen produziert mehr Traktoren als der Konzern aus Moline im amerikanischen Gliedstaat Illinois. Normalerweise sind die Fahrzeuge bei Bauern weltweit heiss begehrt.

Die Firma ist in erster Linie für ihre Marke John Deere bekannt und tritt vielfach auch unter diesem Namen auf. Das Unternehmen ist derart populär, dass viele Landwirte ihre Söhne und Töchter mit Spielzeugtraktoren aus Plastik in der grün-gelben Originalbemalung von John Deere herumfahren lassen. Für den Konzern ist das die beste Garantie, auch die Landwirte von morgen zur Kundschaft zu zählen.

Getreidepreise sind stark gefallen

Doch momentan läuft es John Deere alles andere als gut. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs, per Ende Juli 2024, sank der Umsatz des Unternehmens um 11 Prozent auf 40,6 Milliarden Dollar. Der Reingewinn brach sogar um 25 Prozent auf 5,9 Milliarden Dollar ein. Damit erfreute sich die Firma zwar weiterhin einer hohen Gewinnmarge von 16,5 Prozent, doch im Vorjahreszeitraum hatte diese noch fast 19 Prozent betragen.

Der weltgrösste Traktorhersteller spürt wie grosse Teile des Agrarsektors eine starke Verschlechterung des Marktumfelds. Im abgeschotteten Schweizer Landwirtschaftsmarkt, der wegen seiner hohen Schutzzölle sowie der grosszügigen staatlichen Direktzahlungen zugunsten von Bauern einen Spezialfall bildet, gibt es wenig Anzeichen einer Krise.

Doch Landwirte, die wie die amerikanischen Farmer für den Weltmarkt produzieren, leiden empfindlich unter den deutlich gefallenen Preisen für Agrargüter. So sind die Notierungen für Weizen seit zwei Jahren um über 30 Prozent und für Mais sogar um mehr als 40 Prozent gesunken. Auch Soja hat sich markant verbilligt.

Existenzängste bei amerikanischen Farmern

Im amerikanischen Getreidegürtel, wo John Deere zu Hause ist, plagen manche Farmer Existenzängste. Sie fragen sich, wie sie angesichts dieser deutlich gefallenen Notierungen ihre Kosten für Landmaschinen, Energie, Dünger, Saatgut und Pflanzenschutzprodukte noch decken können.

Das «Wall Street Journal» zitierte jüngst eine Untersuchung der Universität von Illinois, gemäss der Bauern in diesem Bundesstaat zurzeit mit jeder angebauten Hektare in der Produktion von Mais und Soja Geld verlören – und dies trotz einer wetterbedingt wohl ausgezeichneten Ernte dieses Jahr. Bereits im Februar hatte das Landwirtschaftsministerium vorausgesagt, dass die Nettoeinkommen der amerikanischen Farmer 2024 wegen der deutlich gefallenen Agrarpreise sowie gleichzeitig stark gestiegener Betriebskosten um 25 Prozent zurückgehen würden.

Vor diesem Hintergrund fehlt vielen Bauern das Geld für neue Landmaschinen. Notgedrungen setzen sie ihre älteren Mähdrescher und Traktoren weiter ein, auch wenn diese in Sachen Leistungsstärke und Treibstoffverbrauch deutlich schlechter als neue Modelle abschneiden.

John Deere entlässt Personal

Bei John Deere hat sich der Auftragseingang dermassen zurückgebildet, dass das Unternehmen schon seit Monaten Anpassungen bei seinem Personalbestand vornimmt. Laut Presseberichten verloren zwischen September 2023 und Juli 2024 allein in den USA fast 2000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. Per Ende vergangenen Jahres zählte das Unternehmen weltweit 83 000 Mitarbeitende.

Im Mediencommuniqué zum jüngsten Geschäftsabschluss räumt der Konzernchef John May ein, dass es schwierige Entscheidungen gewesen seien. Doch der Manager, dessen Gesamtlohn im vergangenen Jahr noch bei über 26 Millionen Dollar lag, hält die Sparmassnahmen für nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit von John Deere langfristig zu sichern.

In den USA erwartet der Konzern eine Kontraktion des Landmaschinenmarktes um 15 Prozent. Auch global ist er pessimistisch: Mit einem ähnlichen Rückgang rechnet er im laufenden Geschäftsjahr in Europa, während er die Nachfrage nach Traktoren und Mähdreschern in Lateinamerika um bis zu 20 Prozent fallen sieht. Einzig in Asien sei lediglich eine geringfügige Abnahme absehbar.

Markteinbruch nach zwei Spitzenjahren

2021 und 2022 waren für die Branche der Landtechnik noch Spitzenjahre gewesen. Bauern profitierten seinerzeit von den stark gestiegenen Preisen vieler Agrargüter. Zudem waren dank damals noch niedrigen Zinsen die Konditionen für die Finanzierung günstig.

Im vergangenen Jahr setzte indes eine deutliche Marktkorrektur ein, wie man auch beim Zürcher Unternehmen Bucher Industries schmerzlich erfahren musste. Die auf Landmaschinen spezialisierte Tochterfirma Kuhn Group erlitt bei den globalen Bestellungen einen Einbruch von 31 Prozent. Der Umsatz fiel 2023 dank einem damals noch hohen Auftragsbestand lediglich um 6 Prozent auf 1,4 Milliarden Franken.

Die Flaute setzte sich im zurückliegenden ersten Halbjahr fort, der Auftragseingang schrumpfte abermals um fast einen Drittel. Und nun korrigierte auch der Umsatz deutlich, um 17 Prozent auf knapp 700 Millionen Franken. Tiefere Preise für Agrarerzeugnisse, hohe Zinsen sowie weniger Subventionen hätten zu einer weiterhin verhaltenen Investitionsbereitschaft bei Landwirten rund um den Globus geführt, schrieb der Konzern in seinem Semesterbericht.

Kuhn erwirtschaftete aber trotz der deutlichen Verschlechterung des Geschäftsumfelds mit 10 Prozent noch immer eine zweistellige Umsatzrendite auf Stufe Betriebsergebnis (Ebit).

Weit davon entfernt ist man beim deutlich kleineren Landmaschinenhersteller Rapid. Das Unternehmen, das im aargauischen Killwangen sowie an zwei Standorten in Deutschland und in Rumänien insgesamt knapp 200 Mitarbeitende beschäftigt, rechnet im laufenden Jahr mit einem Verlust. Die Ertragsprognose liege massiv unter den Erwartungen, teilte die Geschäftsleitung Anfang September den Aktionären mit.

Zu hohe Lagerbestände bei Händlern

Rapid ist auf die Herstellung von einachsigen Mähmaschinen spezialisiert, die vor allem in Berggebieten eingesetzt werden. Solche hat auch Aebi Schmidt im Angebot. In Burgdorf, wo Aebi Schmidt Landmaschinen und Fahrzeuge der Marke Aebi fertigt, sind die Kapazitäten ebenfalls nicht mehr genügend ausgelastet. Der Konzern mit Sitz in der Stadt Zürich, der sich zum grössten Teil im Besitz des Unternehmers Peter Spuhler befindet, profitierte im ersten Halbjahr hingegen weiterhin von gut laufenden Geschäften in seinem Hauptbereich, der Herstellung von Maschinen für den Winterdienst.

Wie René Mannhart, der Chef von Rapid, ausführt, stellen neben der gesunkenen Investitionsbereitschaft von Bauern die hohen Lagerbestände bei Händlern eine Belastung für die Anbieter von Landmaschinen dar. Von Kündigungen will die Firma indes trotz roten Zahlen absehen.

Auch stünden, sagt Mannhart, keine Verlagerungen der Produktion von Killwangen oder von Deutschland an einen kostengünstigeren Standort zur Diskussion. In Rumänien beschäftige man nur eine Handvoll Mitarbeitende für einfachste manuelle Tätigkeiten, und dabei werde es bleiben.

Doch ähnlich wie bei Kuhn gilt auch bei Rapid ein Einstellungsstopp. Abgänge werden bis auf weiteres nicht ersetzt. Kuhn beendete zudem die Zusammenarbeit mit Temporärkräften sowie befristet angestellten Beschäftigten und entliess erste Mitarbeiter in Brasilien, einem wichtigen Produktionsstandort des Unternehmens. In der Branche scheint man sich auf einen längeren Abschwung einzustellen.

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