Samstag, Januar 18

Selbst Christoph Blocher hatte Erwartungen an Köppels Rede geäussert. Dieser lieferte wie bestellt.

Christoph Blocher, der Matador des Albisgütli, sass wie gewohnt auf dem besten Platz im Saal des Schützenhauses. Ihm gegenüber war Bundesrat Beat Jans, der Gastredner, platziert. Dann wurde Blocher mit Standing Ovations auf die Bühne gebeten, wo er sagte, rund um die Schweiz «gheit alles zemme» – aber keine Sorge, er werde keine Rede mehr halten. Im vergangenen Jahr hatte er seinen Abschied vom Albisgütli erklärt, doch er ist immer noch da.

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Sein Nachfolger Roger Köppel tigerte vor dem Anlass durch die Reihen. In der SVP war ein gewisses Misstrauen zu spüren vor seinem Auftritt. Würde er von seinen Reisen zu Orban oder Putin erzählen? Ungewohnt deutlich hatte sich Christoph Blocher geäussert. In der «Wochenzeitung» liess er sich mit der Erwartung zitieren, dass es in Köppels Rede «nicht nur um Putin oder Orban geht, die müssen im Hintergrund bleiben».

Köppel ist in der SVP ein kritisch beäugter Sonderfall: kein bodennaher Dächlikappen-Typ, sondern auf intellektueller Reiseflughöhe unterwegs. Ein Contrarian, der zwar will, dass die Schweiz unabhängig bleibt, der aber bestens vernetzt ist in der internationalen Allianz der Rechten.

Der untypische SVPler

Köppel begann mit der Anekdote, wie er politisch erleuchtet worden sei. Als «Tages Anzeiger»-Journalist habe er Christoph Blocher getroffen und gemerkt: «Das ist ja gar kein Rechtsextremer, der hat einfach extrem oft recht!»

Es war die Reverenz des neuen Redners an den alten. Dann hielt Köppel eine relativ klassische SVP-Rede, wie von Blocher bestellt: gegen die «Andockung an die EU» – «das ist, wie wenn du an die ‹Titanic› andocken willst, wenn die Kommandobrücke schon metertief unter Wasser steht». Gegen «die grösste Fake-News-Fabrik der Schweiz», die im Bundeshaus stehe. Johlender Applaus. Es war eine Polemik gegen den Bundesrat, der die Schweiz wahlweise an eine «fremde Macht» verkaufen oder in einen Krieg hineinziehen wolle. Er redete frei, mit relativ wenig hochtourigem Köppel-Vokabular («Schlangenöl-Verkäufer!»), er hatte sich auch schon viel stärker von seinen Emotionen mitreissen lassen. Es war die Rede von einem, der beweisen wollte, dass er, obwohl er «der untypischste SVPler aller Zeiten» sei, in der Partei daheim ist. Den Namen Putin erwähnte er nur nebenbei.

Bundesrat Beat Jans, der Gegenredner, antwortete nicht direkt auf Köppel, er sprach nur einmal kurz über ihn, ohne ihn namentlich zu nennen. Bei Putins Krieg gebe es nichts zu relativieren: «Es gibt nichts Unschweizerischeres, als autokratische Herrscher zu bewundern.» Kein Protest im Albisgütli.

Der Applaus für Jans

Jans wurde freundlich empfangen, obwohl er eigentlich eine ideale Figur für die Kampagnenmaschine der SVP ist: ein urbaner Typ aus der «trinationalen Agglomeration Basel», der sagt, von einer intensivierten Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU würden «beide Seiten profitieren».

In der SVP ist er auch unbeliebt, weil er als Asylminister den Leuten «Sand in die Augen» streue, wie der Parteipräsident Marcel Dettling einmal gesagt hat. Jans ist erst ein Jahr im Amt, aber in Köppels «Weltwoche» wurde jüngst bereits über sein Ende nachgedacht: «Wie lange wird der Basler SP-Bundesrat Beat Jans noch geduldet?»

In seiner Rede liess Jans die Asylpolitik aus – und sprach stattdessen über «geregelte Beziehungen» zur Europäischen Union. «Dafür möchte ich heute eine Lanze brechen», sagte er, «oder von mir aus auch eine Hellebarde.» Die Schweiz sei kein gallisches Dorf, in der EU gebe es zwar Römer, «aber die spinnen auch nicht mehr als wir. Sie wollen uns nicht unterwerfen, und wir haben keinen Zaubertrank.» Die Geschichte der Schweiz sei nicht die des Alleingangs. Als er sagte, die Schweiz profitiere von Schengen/Dublin, wurde im Albisgütli gelacht.

Jans ging so weit, dass er Christoph Blocher zum Miterfinder der Bilateralen kürte. Da erhielt er einmal Applaus.

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