Mittwoch, März 19

Gegen Borussia Dortmund hat Real Madrid seinen 15. Champions-League-Titel gewonnen. Das Selbstverständnis des Rekordsiegers ist so übermächtig, dass es die Konkurrenz erdrückt.

Was wird die Zukunft bringen? Carlo Ancelotti zuckte kurz mit den Schultern. Er wisse es nicht, sagte er, und solange er Real Madrid noch trainiere, wolle er jeden Tag sein Bestes geben.

Gerade hatte Ancelotti mit Real Madrid die Champions League gewonnen, zum dritten Mal mit dieser Mannschaft nach 2014 und 2022, zum fünften Mal als Trainer. Wenn jemand wie er sagt, er versuche sein Bestes zu geben, dann kann die Konkurrenz dies als eine Drohung betrachten.

Dortmund war lange das deutlich bessere Team

Dabei war es gar nicht leicht für Real gegen die Dortmunder Borussia, die sich in ihrer Rolle als Aussenseiter glänzend verkaufte, ja man kann sogar behaupten, dass Dortmund mindestens eine Stunde lang das deutlich bessere Team war. Auch Jude Bellingham, der ehemalige Dortmunder, der sich trotz seiner Jugend in Madrid zu einem der Leader aufgeschwungen hat, gestand im Augenblick des Triumphs, dass seine alten Kollegen einen prächtigen Auftritt hingelegt hatten.

Am Ende aber siegte Real 2:0 – und es wirkt beinahe so, als hätten sich die Geschehnisse in eine vorgezeichnete Ordnung gefügt: Solange Real Madrid nicht wegen Wettbewerbsverzerrung ausgeschlossen wird, hat der Gegner wenig zu bestellen.

Der spanische Rekordchampion begreift die Veranstaltung zwar auf der einen Seite als Herausforderung, auf der anderen Seite aber als sein Eigentum, das ihm nur kurzfristig einmal entwendet werden kann, ehe es zum rechtmässigen Besitzer zurückkehrt. So kann es durchaus geschehen, dass alte Konkurrenten wie der FC Bayern oder Liverpool einmal zu Erfolgen kommen, auch ist nicht auszuschliessen, dass Parvenüs wie Chelsea und Manchester City reüssieren. Im Grunde aber wähnt sich Real als der Hegemon. Die Konkurrenz ist bloss Staffage.

Die Zahlen sind aberwitzig genug: 15 Siege im Wettbewerb hat Real Madrid errungen, davon alleine sechs seit 2014. Im selben Zeitraum wirkte der stets zum grössten Genie unter den Trainern hochgejubelte Katalane Pep Guardiola in München und bei Manchester City, wo er Milliarden ausgeben konnte. Seine Bilanz: ein Titelgewinn.

Wer diese Zahlen miteinander vergleicht, der stellt sich unweigerlich die Frage, was den grössten Verein der Welt von seinen Konkurrenten unterscheidet. Woher die Erfolge andernorts kommen, ist sehr viel leichter zu bestimmen: Sie sind oft verbunden mit einzelnen Personen, mit überragenden Spielern wie Lionel Messi in Barcelona – oder mit Trainern, die das Milieu mit ihren Ideen prägen, wie Jürgen Klopp es in Liverpool tat.

Real Madrid aber ist genau dies nicht – trotz luxuriöser Personalausstattung. Vor allem ist es kein Klub der Trainer, mag man Carlo Ancelotti auch für einen genialischen Kerl halten, der es wie kein anderer versteht, eine Ansammlung von Spitzenspielern bei Laune zu halten. Wer glaubt, der Erfolg der Gegenwart beruhe vor allem auf seinen Fähigkeiten, der braucht sich bloss Zinedine Zidane in Erinnerung zu rufen, dem von 2016 bis 2018 gelang, was für unmöglich gehalten worden war: drei Champions-League-Siege in Serie. Dennoch wurde an seiner Eignung gezweifelt. Als sein Name jüngst in der aberwitzigen Trainerdiskussion beim FC Bayern kursierte, tauchte erneut die Frage auf, ob er denn wirklich ein guter Trainer sei.

Real hat den Umbruch erfolgreich vollzogen

Während diese Frage zumindest für manche noch immer der Beantwortung harrt, vollzog Real einen Umbruch. Die Veteranen sind von Bord gegangen, unter ihnen solche Kaliber wie Sergio Ramos, Marcelo, Casemiro, Cristiano Ronaldo und Karim Benzema. Der glänzende Luka Modric wird seine Karriere ebenso beenden wie Toni Kroos, den er in der 85. Minute des Finals ersetzte.

Und doch gibt es keinen Zweifel daran, dass Real Madrid in den nächsten Jahren eine prägende Rolle spielen wird. Auf geradezu unheimliche Weise scheint der Erfolg dieses Klubs garantiert zu sein, ganz gleich wie das Personal auf dem Feld und der Bank heisst.

Eine solche Gewissheit existiert in keinem anderen Klub, mag Bayern München mit dem Leitspruch «Mia san mia» auch Ähnliches beanspruchen. Jeder Real-Spieler hat diese Haltung verinnerlicht. So mag es arrogant erscheinen, dass Toni Kroos vor dem Match sagte, Real nehme die Rolle des Favoriten gegen Dortmund gerne an – und werde ihr auch gerecht werden. Ein solches Selbstverständnis setzt den Ton. Und daher gilt mehr denn je: Erst kommt Real Madrid. Und dann lange nichts mehr.

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