Donnerstag, Mai 8

Das Zürcher Stadtparlament hat mit Christian Huser einen neuen Präsidenten. Und es beschäftigt sich mit seinem Lieblingsthema: mit sich selbst.

Zürich hat ein neues Machtzentrum – zumindest auf dem Papier. Es liegt im Norden der Stadt, im sonst wenig mondänen Kreis 11. Seit dieser Woche stammen sowohl der formell höchste Zürcher, als auch der höchste Stadtzürcher von dort.

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Neben ihrem Wohnort teilen Beat Habegger – der neue Kantonsratspräsident aus dem Quartier Affoltern – und Christian Huser – der neue Gemeinderatspräsident aus Seebach – etwas weiteres: Beide politisieren für die FDP.

Am Montag wurde Habegger gewählt, am Mittwochabend zog Huser nach. Im 125-köpfigen Stadtparlament erhielt der 63-Jährige Gewerbler bei seiner Wahl 86 Stimmen. Kein überwältigendes Resultat, einige linke Vertreter versagten ihm die Unterstützung. Sein Vorgänger Guy Krayenbühl (GLP) erreichte vergangenes Jahr 100 Stimmen.

Ein Loblied auf die Berufslehre

In seiner Antrittsrede betonte Huser seine Herkunft: «Der Norden der Stadt liegt mir nahe», sagte er. Geboren ist er in Schwamendingen, nun lebt er seit über 30 Jahren in Seebach. Zürich Nord ist eine Region, die sich wegen des anhaltenden Bevölkerungswachstums enorm verändert. «Es ist mir ein Anliegen, dass die Stadtregierung diesem stark wachsenden Gebiet die adäquate Beachtung schenkt», sagte Huser.

Der gelernte Drucker betonte in seiner Ansprache die Bedeutung des dualen Bildungssystems, das ihm als Lehrmeister und ehemaligem Präsidenten des lokalen Gewerbevereins wichtig ist. «Es ist eines meiner grossen Anliegen, dieses zu erhalten und zu unterstützen.» Es gebe in der Schweiz zahlreiche Möglichkeiten, beruflich Karriere zu machen. «Es muss nicht immer ein Studium sein.»

Huser hat es selbst vorgemacht: Nach seiner Lehre gründete er eine Druckerei, die er heute in Oerlikon mit Frau, Tochter und Schwiegersohn führt. Um solche Karrieren weiterhin zu ermöglichen, brauchen die kleinen und mittleren Unternehmen in Zürich aber Wertschätzung – und Raum. «Das Gewerbe muss trotz Wohnungsboom noch Platz finden in unserer Stadt», sagte der neue Ratspräsident.

Man konnte es als Seitenhieb an die linke Ratsseite verstehen, die sich in erster Linie für Genossenschaften und Velofahrer einsetzt, für die Anliegen des Gewerbes aber wenig Gehör hat.

Als Vizepräsidenten hat der Rat den SP-Mann Ivo Bieri und den Mitte-Vertreter Christian Traber gewählt. Den abtretenden Präsidenten Guy Krayenbühl lobte die Stadtpräsidentin Corine Mauch als «souveränen Dompteur»; er selber meinte augenzwinkernd er befinde sich bereits in einer «postpräsidialen Depression».

Ein SVP-Mann im Redeschwall

Am Rande der konstituierenden Sitzung hat der Gemeinderat über sein Lieblingsthema gesprochen: über sich selbst. Seit 2023 wertet der Rat im Rahmen seines Tätigkeitsberichts alle Wortmeldungen aus. Dies, um «allfällige Ungleichgewichte in der Debattenkultur sichtbar zu machen».

So ist nun Schwarz auf weiss festgehalten, dass im vergangenen Amtsjahr der Redeanteil der 73 erfassten Männer mit 62 Prozent deutlich höher ist als jener der 49 Frauen mit 38 Prozent. Dies sehr zum Missfallen der linken Parteien. «Männer nehmen sich den Raum, den sie brauchen und haben wollen», kritisierte Serap Kahriman (GLP). Und Tanja Maag (AL) forderte: «Frauen, sprecht mehr!» Nächstes Jahr müsse die Auswertung anders aussehen.

Bei der gesamten Rededauer hatte tatsächlich ein Mann die Nase vorne, und zwar bei weitem: Samuel Balsiger, der SVP-Fraktionschef, sprach 7 Stunden und 32 Minuten. Auf dem zweiten Platz folgte der grüne Balz Bürgisser mit 3 Stunden und 16 Minuten und auf dem dritten Michael Schmid (AL) mit 3 Stunden und 9 Minuten.

Auf seinen Redeschwall angesprochen hatte Balsiger eine klare Antwort: Wenn die linken Parteien im Rat so viel Unsinn erzählten, müsse man als Oppositionspartei halt entsprechend viel korrigieren. Und solange die SVP keinen Stadtrat stelle, werde das wohl oder übel auch in Zukunft so bleiben.

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