Sonntag, Oktober 6

Malgorzata lernte ihren späteren Peiniger im Internet kennen. Ihr in Gefangenschaft geborenes Kind musste sie zur Adoption freigeben.

Im polnischen Dorf soll ein Mann eine Frau über fünf Jahre lang in einem Schweinestall festgehalten haben: Der heute 35-Jährige soll sie psychisch und körperlich misshandelt und ein Kind mit ihr gezeugt haben, das zur Adoption freigegeben wurde.

Der Fall flog vergangene Woche auf. Da brachte Mateusz – so heisst der Mann gemäss polnischen Medien – sein Opfer in ein Spital, nachdem er ihm die Schulter ausgerenkt hatte. Die Ärzte seien vom Ausmass vieler älterer Verletzungen der 30-Jährigen schockiert gewesen und hätten die Behörden informiert.

Im Internet kennengelernt, beim Besuch versklavt

Die Frau, die als Malgorzata identifiziert wurde, hatte den Mann 2019 über ein Datingportal im Internet kennengelernt. So berichten es polnische Medien. Sie soll ihn in seinem Dorf Gaiki bei Glogow, rund 90 Kilometer an der Grenze zu Deutschland, besucht haben. Mateusz sperrte sie daraufhin in dem ehemaligen Schweinestall ein. Dort hatte sie laut der Staatsanwaltschaft keinen Zugang zu Elektrizität, fliessendem Wasser, Toilette oder Hygieneprodukten. Über mehrere Jahre schlug und vergewaltigte Mateusz laut der Staatsanwaltschaft Malgorzata.

Malgorzata wurde schwanger. Für die Geburt habe Mateusz sie in ein Spital in das nahe gelegene Nowa Sol gefahren. Er zwang sie, das Kind zur Adoption freizugeben. In den Jahren ihrer Gefangenschaft sei Malgorzata mehrmals im Spital gewesen: mal mit gebrochenem Arm, mal mit gebrochenem Bein, im vergangenen Jahr musste sie wegen Verletzungen am Anus operiert werden. Doch weder bei der Geburt noch bei den anderen Spitalaufenthalten vertraute sich die junge Frau den Ärzten an.

«Ich konnte den Ärzten nicht die Wahrheit sagen. Ich hatte Angst. Und er drohte, wenn ich mich beschwere, würde alles nur noch schlimmer», sagte Malgorzata laut polnischen Medien. Erst vergangene Woche, nachdem die Ärzte Alarm schlugen, brach auch Malgorzata ihr Schweigen. Sie gab an, dass Mateusz sie immer dann geschlagen, gefoltert und ausgehungert habe, wenn sie «seine sexuellen Erwartungen nicht erfüllt» habe.

Niemand will etwas gesehen und gehört haben

Kann es wirklich sein, dass die Familie des mutmassliche Täters nichts von der eingeschlossenen Frau mitbekommen hat? Das fragen sich viele in Polen. Schliesslich lebt die Familie von Mateusz nur wenige Meter entfernt. Das Nachrichtenportal «Myglogow.pl» zitiert die Mutter des Täters mit den Worten «Wir haben nichts gehört, wir haben nichts gesehen».

Laut dem Portal stünden die nächsten Nachbarn unter Schock. Ihr Haus sei nur vier Meter von der Wand des Schweinestalls entfernt. Das Portal publizierte ein Foto der Stalltür, die von einer dicken Ziegel- und Natursteinmauer umfasst war. Nachbarn beschreiben den Täter als «Eigenbrötler» und «Sonderling». Die Menschen hätten Angst vor ihm gehabt.

Ein Redaktor von «Myglogow.pl» sagte im TV-Sender «Polsat News», Mateusz habe nicht wirklich gearbeitet, sondern von der Rente seiner Eltern gelebt, habe ab und an Gelegenheitjobs gemacht. Der 35-Jährige sei nicht vorbestraft.

Der Fall aus Polen erinnert an den «Fall Fritzl» in Österreich. Josef Fritzl hatte 1984 seine damals 18 Jahre alte Tochter im Keller seines Mietshauses im niederösterreichischen Amstetten eingesperrt und über Jahre vergewaltigt. Der Inzest-Täter zeugte sieben Kinder mit ihr. Eines starb nach der Geburt, drei wuchsen bei Fritzl auf, drei weitere lebten mit der Mutter bis zur Befreiung 2008 im Keller in Gefangenschaft. Josef Fritzl wurde 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt und in eine «Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher» eingewiesen.

In Polen wurde Mateusz vergangene Woche festgenommen. Ihm wird unter anderem Misshandlung mit besonderer Grausamkeit vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 25 Jahre Haft.

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