Mittwoch, Januar 22

Mit der Lancierung eines offiziellen Meme-Coins nährt Donald Trump die schlimmsten Vorurteile über Kryptowährungen, statt der Branche zu helfen.

Die Krypto-Branche hat im Wahlkampf Partei ergriffen und ihr finanzielles Gewicht für Donald Trump in die Waagschale geworfen. An Mitteln fehlt es ihr bekanntlich nicht.

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Trump nahm die Spenden gerne entgegen und versprach im Gegenzug, die USA «zur Krypto-Hauptstadt» der Welt zu machen, eine staatliche Bitcoin-Reserve zu schaffen. Und die von der Regierung Biden geschaffenen Hürden für Krypto-Firmen wieder aus dem Weg zu räumen.

Doch kurz vor seiner Amtseinsetzung erweist Trump der Sache seiner Geldgeber einen Bärendienst. Er fügt der Krypto-Branche, die ohnehin nicht über die beste Reputation verfügt, einen zusätzlichen Imageschaden zu.

7 Milliarden Dollar lösen sich in Luft auf

Donald Trump lancierte einen offiziellen Meme-Coin. Der stieg zwar schon innert Stunden massiv an und erreichte einen Marktwert von 15 Milliarden Dollar. Nach der Kursexplosion kam es dann aber, wie es kommen musste: Der $Trump brach wieder deutlich ein. Seit dem Preishoch vom Sonntag haben sich 7 Milliarden Dollar in Luft aufgelöst.

Einige Trump-Anhänger dürften mit dem digitalen Konterfei ihres Idols viel Geld verloren haben. Sie sind von ihrem Präsidenten abgezockt worden. Und von der First Lady auch, denn Melania Trump gab ebenfalls einen offiziellen Meme-Coin aus. Es sagt einiges über den Zustand eines Landes aus, wenn dessen Präsident den Bürgern Schlangenöl verkauft.

Denn Meme-Coins sind Token, die explizit ein Witz sind. Sie haben keinen inneren Wert. Meme-Coins dienen lediglich der Spekulation, weil sich womöglich ein Dummkopf finden lässt, der sie dem heutigen Besitzer zu einem höheren Kurs abkauft. Diese Logik hat einen Namen: die Greater-Fool-Theorie.

Flut von Müll

Die Blockchain-Technologie ermöglicht jedem, der sich ein paar Youtube-Tutorials ansieht, solche Meme-Coins zu kreieren. Gleichzeitig lenkt diese Flut von Müll von der technologischen Innovation ab, die seriöse Blockchain-Projekte darstellen.

Sie streben zum Beispiel an, unser Finanzsystem auf ein solideres Fundament zu stellen – so dass der Untergang grosser Banken keinen Flurschaden mehr anrichten kann. Oder sie arbeiten an Lösungen, wie wir im Internet Dienste in Anspruch nehmen können, ohne dass grosse Tech-Konzerne unsere Daten sammeln und auswerten.

Die meisten dieser Projekte verfügen auch über einen eigenen Token, der den Nutzern der Blockchain erlaubt, für die angebotenen Dienstleistungen zu bezahlen. Oder der mit einem Mitbestimmungsrecht verbunden ist. Jeder kann diese Tokens kaufen und so zum Wagniskapitalgeber werden.

Auf den ersten Blick ist ein Token ein Token. Doch in ein Projekt investiert eine Gruppe von Software-Entwicklern womöglich Tausende von Arbeitsstunden. In ein anderes fliesst gar keine Arbeit, wie bei $Trump und $Melania. Diese Art von «Unterstützung» braucht die Branche nicht. Sie hat genügend Spekulanten und Betrüger in ihren eigenen Reihen.

Es braucht auch keine staatliche Bitcoin-Reserven

Auch die strategische Bitcoin-Reserve, die ihr Trump in Aussicht stellt, bringt wenig Mehrwert, sondern würde lediglich ein Strohfeuer entfachen. Natürlich wäre es ein starkes Signal, wenn die Weltmacht USA Bitcoin als das anerkennt, was es de facto ist: digitales Gold.

Doch die älteste Blockchain mit ihrem Marktwert von 2000 Milliarden Dollar ist nicht auf diesen Sukkurs angewiesen. Sie ist bereits too big to fail, in einem guten Sinn: Schon heute bringen viele Menschen Bitcoin mehr Vertrauen entgegen als herkömmlichen Papierwährungen. Ist es angesichts dieser Tatsache sinnvoll, wenn die hochverschuldeten USA zusätzliche Dollar drucken, um damit Bitcoin zu kaufen? Wohl kaum.

Die Krypto-Branche braucht keinen amerikanischen Präsidenten, der die Spekulation anheizt, um sich selbst zu bereichern. Und der nun womöglich täglich über den $Trump spricht, um dessen Kurs hochzutreiben. Sie benötigt Rechtssicherheit, ohne die Unternehmertum und Kapitalismus mehr schlecht als recht funktionieren.

Arbeitsverweigerung des US-Kongresses

Es ist zwar beeindruckend, wenn es Blockchains technisch ermöglichen, digitales Eigentum im Internet sicher zu übertragen. Doch diese Innovation entfaltet ihre volle Wirkung erst, wenn Gerichte das Eigentum und dessen Übertragung bei einem Streitfall auch anerkennen. Dafür brauchen sie gesetzliche Grundlagen.

Diese hat das Schweizer Parlament bereits im Jahr 2021 geschaffen, und sogar die für gewöhnlich träge EU hat sich bewegt. Der amerikanische Kongress jedoch fällt durch Arbeitsverweigerung auf.

Heute bewegen sich viele amerikanische Krypto-Projekte in einer rechtlichen Grauzone und müssen jederzeit damit rechnen, verklagt zu werden.

Ist diese lähmende Rechtsunsicherheit einmal aus der Welt geschafft, werden amerikanische Unternehmer tun, was sie immer tun: mit ihrem unnachahmlichen Risikoappetit die Weltmärkte aufrollen. Über $Trump und $Melanie spricht dann mit Sicherheit niemand mehr.

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