Donnerstag, November 28

Der für die Mietpreisgestaltung massgebliche Referenzzinssatz hat sich im Juni nicht verändert – und wird es auf absehbare Zeit wohl auch nicht tun. Das nützt allerdings nur jenen, die bereits eine Wohnung haben und keinen Umzug planen.

Beim Referenzzins gibt es vorläufig keine Veränderung: Der für die Mietzinsgestaltung massgebliche Zinssatz bleibt für die kommenden drei Monate bei 1,75 Prozent, wie das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) am Montag bekanntgegeben hat.

Damit ist der Referenzzins, der alle drei Monate neu berechnet wird (jeweils zum 1. 3., 1. 6., 1. 9. und 1. 12.), zum zweiten Mal in Folge stabil geblieben. Im vergangenen Jahr war er zwischen Juni und Dezember in zwei Schritten von 1,25 auf 1,75 Prozent gestiegen.

Der Referenzzins bleibt im Juni zum zweiten Mal stabil

Hypothekarischer Referenzzinssatz für Mietverhältnisse, in Prozent

Mietzinserhöhungen nur noch in Ausnahmefällen

Ein stabiler Referenzzins ist für Mieter eine gute Nachricht. Ohne Anstieg ergibt sich für den Vermieter kein neuer Anspruch, den Mietzins zu erhöhen. Anders als im vergangenen Jahr sind somit in den kommenden Monaten in bestehenden Mietverhältnissen kaum Mietzinserhöhungen zu erwarten.

Ausnahmen kann es dort geben, wo die Mietverträge noch nicht auf dem derzeitigen Referenzzinsniveau von 1,75 Prozent basieren, etwa weil die Vermieter den Mietzins im vergangenen Jahr nicht oder nur teilweise nach oben angepasst haben.

Das Nachholen dieser Anpassungen bleibt zulässig, so wie umgekehrt Mieter nach wie vor Senkungen einfordern können, wenn ihre Mietverträge auf einem Referenzzins von 2 Prozent oder mehr basieren. Das ist der Fall, wenn der Vertrag vor März 2015 abgeschlossen und die Miete seither nicht auf das Niveau von 1,75 Prozent gesenkt wurde.

Mittelfristiger Ausblick

Interessant ist natürlich zu wissen, wie es mit dem Referenzzins in nächster Zeit weitergeht. Muss ich als Mieterin nun alle drei Monate bangen, dass der Referenzzins steigt und mein Mietzins vom Vermieter erhöht wird? Steht eine Phase der Stabilität bevor, wie es sie von März 2020 bis März 2023 gab, als der Referenzzins über drei Jahre bei 1,25 verharrte?

Oder könnte es sogar sein, dass bald schon wieder eine Senkung ansteht, die von Mieterseite eingefordert werden kann? Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat schliesslich ihren Zinserhöhungszyklus abgeschlossen und im März den Leitzins sogar um 0,25 Prozentpunkte reduziert.

So vorsichtig Prognosen auch sein müssen: Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass der Referenzzinssatz mindestens bis Ende des Jahres, aber wahrscheinlich sogar darüber hinaus, auf dem aktuellen Niveau bleibt. Dies gilt selbst dann, wenn die SNB den Leitzins im laufenden Jahr weiter senkt, da der Referenzzins bewusst so gestaltet ist, dass er sich nur sehr langsam verändert.

Der Referenzzinssatz verändert sich viel langsamer als die Zinsen

Zinssätze, in Prozent

Er basiert auf dem Durchschnittszinssatz sämtlicher inländischer Hypothekarforderungen. Das heisst, er wird nicht nur vom Leitzins oder vom Saron beeinflusst, sondern auch vom Preis für Festhypotheken, deren Preis sich im Fall von Neuabschlüssen zwar ebenfalls verändert, aber eben nicht über die Laufzeit.

Der Einfluss von Leitzins und Saron auf den Referenzzins hat sogar noch abgenommen, da Saron-Hypotheken derzeit vergleichsweise teuer sind und laut Comparis kaum nachgefragt werden. So ist der für die neuste Referenzzinsberechnung ermittelte Durchschnittszinssatz (Stichtag war der 31. März 2024) laut dem BWO gegenüber dem Vorquartal trotz der Leitzinssenkung im März unverändert geblieben und beträgt nach wie vor 1,72 Prozent.

Rascher Anstieg im Vorjahr als Ausnahme

Dass es 2023 innerhalb von sechs Monaten zu gleich zwei Referenzzinsanpassungen kam, ist eine Ausnahme und muss im Zusammenhang mit den vorangegangenen, für Schweizer Verhältnisse extremen Leitzinserhöhungen der SNB gesehen werden: Bis Mitte 2022 hatte der Leitzins -0,75 Prozent betragen. Ein Jahr später lag er bei 1,75 Prozent.

Die Zinserhöhungen betrugen also insgesamt 2,5 Prozentpunkte. Der Referenzzins bewegte sich hingegen nur um 0,5 Prozentpunkte. Entsprechend ist es wenig wahrscheinlich, dass eine einzige Leitzinssenkung um einen Viertelprozentpunkt auch den Referenzzins wieder nach unten drücken wird. Auch zwei oder drei Senkungen dürften noch nichts bewirken.

Eine baldige Veränderung des Referenzzinses ist aber nicht nur deshalb wenig wahrscheinlich, weil sich die Entwicklungen an der Zinsfront mittlerweile beruhigt haben. Auch der gegenwärtige Durchschnittswert, auf dem der Referenzzins basiert, spricht gegen eine baldige Veränderung. Der Referenzzinssatz ist eine Rundungsgrösse, die sich nur in Viertelprozentpunkten verändert.

Der geltende Referenzzins von 1,75 Prozent bleibt so lange bestehen, bis der Durchschnittszinssatz von 1,72 Prozent auf über 1,87 Prozent steigt oder auf unter 1,63 Prozent sinkt. Vom heutigen Wert braucht es also eine deutliche Veränderung um 10 Basispunkte gegen unten, bis etwas geschieht.

Aber auch eine weitere Erhöhung ist wenig wahrscheinlich. Für die Ökonomen der UBS wäre ein weiterer Anstieg des hypothekarischen Referenzzinssatzes auf 2 Prozent bis Juni 2025 nur in einem Szenario einer wieder aufflammenden Inflation denkbar. Voraussetzung wäre, dass die SNB innerhalb Jahresfrist ihren Leitzins bei 1,50 Prozent beliesse und gleichzeitig steigende längerfristige Zinserwartungen die Kosten von Festhypotheken um rund 50 Basispunkte verteuerten, wie die Bank in einer Analyse schreibt.

Der Referenzzins ist nicht das Problem

Aber auch wenn ein stabiler Referenzzins für Mieter eine gute Nachricht ist: Es darf nicht vergessen werden, dass er nur jenen nützt, die bereits eine Wohnung haben und keinen Umzug planen.

Wer umziehen möchte oder muss und eine hinsichtlich Grösse und Lage vergleichbare Wohnung sucht, steht hingegen vor grossen Herausforderungen. Wie Wüest Partner diesen Frühling ermittelt hat, würde die Wohnkostenbelastung bei 28 Prozent der Schweizer Haushalte mehr als einen Drittel des Bruttoeinkommens ausmachen, wenn sie in eine gleichartige Wohnung umziehen möchten.

Viele Mieterhaushalte können sich einen Umzug nicht leisten

Anteil der Haushalte pro Kanton, für welche die Wohnkostenbelastung bei einem Umzug einen Drittel des Bruttoeinkommens übersteigt, in %

In den Kantonen Genf, Zug, Zürich, Waadt und Tessin liegen die Anteile gar bei mehr als 30 Prozent. Dabei sticht Genf besonders hervor, das trotz einer der umfangreichsten Mietpreisregulierungen der Schweiz an der Spitze dieser Statistik steht. Solange die Bevölkerung wächst und nicht mehr gebaut wird, haben Mieter in der Schweiz ein Problem.

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