Mit dem Referenzzins dürften nun vielerorts die Mieten sinken. Wer eine Mietzinssenkung verlangt, sollte aber vorher prüfen, ob er wirklich Anspruch darauf hat. Andernfalls könnte er am Ende sogar mehr bezahlen.
Die Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigen Wirkung: Der hypothekarische Referenzzins, der als Grundlage für die Mietzinsgestaltung dient, sinkt um 0,25 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent. Dies hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) am Montagmorgen bekanntgegeben.
Der Referenzzins basiert auf dem Durchschnittszinssatz aller ausstehenden Hypotheken in der Schweiz. In den vergangenen drei Monaten ist dieser Durchschnittssatz von 1,63 auf 1,53 Prozent gesunken. Weil der Wert nun näher bei 1,5 als bei 1,75 Prozent liegt, wird für den Referenzzins abgerundet. Wäre der Durchschnittszins über 1,62 Prozent geblieben, wäre weiterhin aufgerundet worden und der Referenzzins hätte sich nicht verändert.
Schon im vergangenen Dezember wäre es beinahe zu einer Senkung gekommen – damals fehlte nur ein Hundertstelprozentpunkt. Weil der Referenzzins aus dem Durchschnitt aller Hypotheken berechnet wird, reagiert er mit Verzögerung. Besonders Festhypotheken haben einen dämpfenden Effekt, da sie längerfristig abgeschlossen werden.
Die SNB hatte ihren Leitzins im vergangenen Jahr um insgesamt 1,25 Prozentpunkte gesenkt, was die Hypothekarzinsen nach unten drückte. Nun schlägt sich diese Entwicklung auch im Referenzzinssatz nieder. Zuvor hatte die Nationalbank den Leitzins von –0,75 Prozent Mitte 2022 innerhalb eines Jahres auf 1,75 Prozent erhöht – mit der Folge, dass viele Vermieter die Mieten anhoben.
Mietzinsreduktion um bis zu 2,91 Prozent
Durch den gesunkenen Referenzzins können viele Mieter eine Mietzinssenkung verlangen – theoretisch um bis zu 2,91 Prozent. Voraussetzung ist, dass ihr Mietzins auf dem alten Referenzsatz von 1,75 Prozent oder mehr basiert. Das betrifft vor allem jene, deren Miete im Jahr 2023 wegen des gestiegenen Referenzzinses angehoben wurde. Auch Mietverträge, die seit Dezember 2023 abgeschlossen wurden, fallen in diese Kategorie.
Allerdings gibt es keine Garantie auf eine Reduktion. Vermieter können gestiegene Unterhalts- und Betriebskosten gegenrechnen. Zudem dürfen sie 40 Prozent der Inflation, die seit der letzten Mietanpassung entstanden ist, anrechnen.
Inflation könnte Mietern Strich durch die Rechnung machen
Genau diese Teuerung könnte dazu führen, dass einige Mieter trotz gesunkenem Referenzzins keine Reduktion erhalten. Entscheidend ist, wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde oder wann die letzte Mietzinsanpassung erfolgte. In manchen Fällen fällt die Teuerung höher aus als der Anspruch auf eine Senkung.
Der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) rät daher zur Vorsicht. Während er früher generell empfohlen habe, bei eine Mietzinssenkung zu beantragen, gelte das diesmal nicht uneingeschränkt, sagten Verbandsvertreter vergangene Woche. Wer eine Reduktion verlange, ohne tatsächlich Anspruch darauf zu haben, riskiere unter Umständen sogar eine Erhöhung des Mietzinses.
Mieter sollten daher zuerst prüfen, ob sie eine Senkung geltend machen können. Ein Online-Rechner oder eine Beratung könne dabei helfen. Laut dem MV haben Mieter, deren Mietzins seit dem 1. Mai 2012 nicht angepasst wurde, gute Chancen auf eine Reduktion. Gleiches gilt für jene, die seit dem 1. Dezember 2023 eine Erhöhung aufgrund des gestiegenen Referenzzinses erhalten haben oder erst nach diesem Datum eingezogen sind.
Keine guten Aussichten haben laut dem MV dagegen Mieter, die zwischen dem 1. Mai 2015 und dem 1. Dezember 2023 eine Mietzinsanpassung hatten oder in dieser Zeit einen neuen Mietvertrag abgeschlossen haben.
Vermieter ohne übersetzte Renditen müssen nicht senken
Neben der Inflation spielt ein weiterer Faktor eine Rolle: die Rendite der Vermieter. Nur wenn sie einen «übersetzten Ertrag» erzielen, also eine zu hohe Rendite haben, sind sie verpflichtet, eine Mietzinssenkung weiterzugeben.
Laut Ralph Bauert vom Hauseigentümerverband Winterthur trifft dies auf viele Neubauten nicht zu. «Bei neuen Mehrfamilienhäusern liegt die Rendite meist deutlich unter dem zulässigen Maximum», schreibt er. Ähnliches gelte für vermietete Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen.
Das sollte Mieter jedoch nicht davon abhalten, eine Mietzinssenkung zu beantragen. Lehnt der Vermieter die Reduktion ab, muss er nachweisen, dass seine Rendite im rechtlich zulässigen Rahmen liegt. Kann er dies nicht belegen, darf sich der Mieter an die Schlichtungsstelle wenden.
Keine Bringschuld der Vermieter
Mieter sollten sich bewusst sein: Vermieter sind nicht verpflichtet, Mietzinssenkungen von sich aus weiterzugeben. Manche passen die Mieten zwar automatisch an, doch viele warten ab, ob die Mieter selbst aktiv werden.
Wer davon ausgeht, Anspruch auf eine Mietzinssenkung zu haben, sollte nicht zu lange zögern. Falls der Vermieter nicht von sich aus reagiert, empfiehlt es sich, noch vor Monatsende ein eingeschriebenes Schreiben mit dem Antrag auf Mietzinsreduktion zu senden. Wird das Begehren akzeptiert, gilt der tiefere Mietzins voraussichtlich ab dem 1. Juli 2025.
Der Anspruch auf eine Mietzinssenkung verwirkt zwar nicht. Aber wenn man diese Deadline verpasst, dauert es unter Umständen länger, bis die Senkung in Kraft tritt. Wie man als Mieter vorgehen sollte, lesen Sie hier.