Vor einem Jahr musste die Privatbank 606 Millionen Franken Kredite an die Signa-Gruppe von René Benko abschreiben. Lacher trifft an dem Debakel eine Mitschuld.
Julius Bär macht reinen Tisch. Romeo Lacher, der Verwaltungsratspräsident der Privatbank, tritt bei der nächsten Generalversammlung am 10. April nicht mehr zur Wiederwahl an. Damit räumt auch der oberste Verantwortliche für das Signa-Debakel bei Julius Bär seinen Sitz, ziemlich genau ein Jahr nachdem deswegen bereits der Bankchef Philipp Rickenbacher zurückgetreten ist.
Der Schritt von Lacher war überfällig. Seitdem Julius Bär im Februar 2024 wegen der faulen Kredite an René Benkos Signa-Gruppe rund 606 Millionen Franken abschreiben musste, war er nur noch ein Präsident auf Abruf. Als seine letzte Aufgabe für die Bank hat er noch einen neuen CEO für Julius Bär gesucht und ihn in Stefan Bollinger gefunden. Der ehemalige Goldman-Sachs-Manager hat Anfang Monat sein Amt angetreten.
«Es ist ein guter Zeitpunkt für diesen Wechsel auf Stufe Verwaltungsrat», so wird Lacher in einer Aussendung von Julius Bär zitiert. Dem Vernehmen nach hat er die Bank im vergangenen Herbst über seinen Rückzug informiert. Gleichzeitig hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) heute auch bekanntgegeben, dass Lacher im April aus dem Bankrat zurücktritt.
Der Unfall mit Benko kam für Julius Bär zur Unzeit. Die teilweise abenteuerlich besicherten Kredite des gescheiterten Immobilieninvestors René Benko kosteten die Privatbank mehr als die Hälfte ihres Jahresgewinns 2023.
Der massive Vertrauensverlust führte dazu, dass Julius Bär seither hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt war. Nach dem Ende der Credit Suisse hielten viele Kunden nach einer neuen Bank Ausschau. Julius Bär konnte zu wenig davon profitieren – für die zweitgrösste kotierte Bank der Schweiz eine verpasste Chance. Intern sorgte es bei vielen Mitarbeitern der Privatbank für Frustration, wie leichtsinnig die gute Ausgangsposition auf dem Schweizer Finanzplatz nach dem Ende der CS verspielt wurde.
Lacher trifft daran zumindest eine Mitschuld. Die internen Kontrollinstanzen bei Julius Bär waren über die Kreditvergabe an Benko informiert. Neben der Geschäftsführung war es auch der Risikoausschuss des Verwaltungsrates. Lacher ist Mitglied in dem Ausschuss.
Ein disziplinierter Technokrat
Nach den wilden Jahren mit Geldwäschereiskandalen unter ihrem früheren CEO Boris Collardi sollte Lacher als Verwaltungsratspräsident eigentlich wieder Ruhe in die Privatbank bringen. Der langjährige Credit-Suisse-Manager, der vor seinem Wechsel 2019 zu Julius Bär Präsident der Börsenbetreiberin SIX war, schien für einen Neustart prädestiniert: Bankintern galt er als diszipliniert, fast als Technokrat. Er sei zwar kein charismatischer Präsident, aber doch jemand, der das Management genau kontrolliere und viel vom Bankgeschäft verstehe, sagen ehemalige Weggefährten über ihn.
Er selbst hatte stets nach aussen betont, die Privatbank sei ein reiner Vermögensverwalter mit einem einfacheren Geschäftsmodell und einem anderen Risikoprofil als eine Grossbank wie die UBS. Absolut unverständlich erscheint daher im Nachhinein, wie Julius Bär unter der Aufsicht Lachers mit einem Blender wie René Benko Geschäfte machen konnte.
Doch Lacher wollte mit Julius Bär auch wieder zurück zu mehr Wachstum. Bis 2030 sollten sich die von der Privatbank verwalteten Vermögen auf 1000 Milliarden Franken verdoppeln. Und so begann Julius Bär ab 2019 ihren reichsten Kunden Kredite zu vergeben, für die sie unter anderem nicht börsenkotierte Wertpapiere als Sicherheiten nahm. Solche Private-Debt-Geschäfte sind mit erheblichen Risiken verbunden. Bereits ein Jahr später finanzierte sie Benko damit den Globus-Kauf.
Nachfolger soll im März bekanntgegeben werden
Nun muss Julius Bär eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Romeo Lacher finden. Die Suche steht laut Bank kurz vor dem Abschluss. Ob es sich um einen internen oder einen externen Kandidaten handelt, ist unklar. Voraussichtlich im März, wenn die Einladungen zur Generalversammlung verschickt werden, will die Bank den Wahlvorschlag bekanntgeben.
Doch das Thema Benko ist für die Bank mit Lachers Rücktritt immer noch nicht ganz abgeschlossen. Nach wie vor wartet Julius Bär auf das Verdikt der Finanzmarktaufsicht (Finma) in der Sache. Macht die Behörde der Privatbank etwa zusätzliche Auflagen beim Risikomanagement, so könnte dies dazu führen, dass sie nach wie vor nur mit angezogener Handbremse ins Neukundengeschäft gehen kann.
Dabei hätte sie hier frischen Elan nötig. Die Aktien haben in den letzten Monaten zugelegt, auch dank den Vorschusslorbeeren für den neuen CEO, doch Julius Bär hat noch einen langen Weg vor sich. In den vergangenen Jahren sind die Kosten bei der Bank gestiegen, während die Erträge stagnierten. Für 2024 könnte die Bank ihr Ziel beim Nettoneugeld verfehlen.
Klar ist, dass die neue Person an der Spitze des Verwaltungsrates gemeinsam mit dem neuen CEO Stefan Bollinger für einen glaubwürdigen Neuanfang stehen muss. Weil Bollinger zum ersten Mal CEO einer Bank ist, ist jemand mit Erfahrung gefragt. Julius Bär muss zurück zu den Grundlagen und zeigen, dass sie ihre Risiken im Griff hat. Das klingt trivial, doch schafft sie das nicht, bringt auch ein Neuanfang nichts.