Mittwoch, April 23

Deion Sanders ist wegen seiner Erfolge im Football und im Baseball eine Ausnahmeerscheinung im amerikanischen Sport. Tut es ihm sein Sohn gleich?

Mit Söhnen berühmter Väter ist es im Spitzensport so eine Sache. Manche reüssieren mehr noch als der Senior, zum Beispiel die Brüder Peyton und Eli Manning im American Football. Sie haben als Quarterbacks je zwei Mal den Super Bowl gewonnen. Ihr Vater Archie war weniger erfolgreich, er gewann den Titel nie.

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Oft scheitern die Söhne allerdings, schaffen es nicht, die grossen Fussstapfen der erfolgreichen Väter auszufüllen. Romeo Beckham versuchte sich zwar als Fussballprofi in den USA und England, erreichte aber niemals das Niveau des Vaters David. Und Bronny James, der Filius der Basketball-Legende LeBron, wartet noch auf den Durchbruch in der NBA.

Wie James steht auch der Name Sanders im amerikanischen Sport für Höchstleistungen – im American Football und im Baseball. Deion Sanders, 57 Jahre alt, vollbrachte einst das Kunststück, in beiden Sportarten zu den Besten zu gehören. Mit den San Francisco 49ers und den Dallas Cowboys gewann er den Super Bowl; mit den Atlanta Braves spielte er 1992 in der World Series, dem grossen Final in der Major League Baseball (MLB).

Shedeur Sanders will seinen künftigen Klub verändern

Die sportlichen Meriten brachten Sanders den Übernamen «Prime Time» ein; er war ein sportliches Multitalent, einer für die grossen Momente auf der grösstmöglichen Bühne, Prime Time eben. Einst versuchte er am selben Tag sowohl in der National Football League (NFL) als auch in der MLB zu spielen. Daran scheiterte er nur, weil ihn sein Baseball-Coach nicht einsetzte. Mittlerweile nennen sie Deion Sanders «Coach Prime». Er ist Trainer der Colorado Buffaloes im College-Football geworden. Der Quarterback dort: Shedeur Sanders, sein Sohn.

Sanders junior ist 23 Jahre alt und gilt als grosses Football-Talent. Zusammen mit dem Vater hat er die Buffaloes in den vergangenen zwei Jahren zurück in die erweiterte Spitze des College-Footballs geführt. Nun wagt er den Sprung in die NFL. Shedeur Sanders hofft, dass ihn ein Team bereits in der Nacht auf Freitag Schweizer Zeit im Draft auswählen wird. Dann gälte er wie sein Vater als Erstrunden-Pick – Deion Sanders wurde einst an fünfter Stelle gezogen.

Dass er das Potenzial dazu hat, davon ist Shedeur Sanders überzeugt. Während des NFL-Combine, einer Leistungsschau potenzieller Draft-Picks, sagte er an einer Pressekonferenz, er werde seinen künftigen Klub verändern – zum Besseren, versteht sich. Sanders sieht sich als sogenannten Franchise-Quarterback, als einen Spieler, der das Aushängeschild eines Klubs ist, die Mannschaft sportlich trägt, um den ein Team aufgebaut wird – eine Lichtgestalt.

Er kann vieles ein bisschen, aber nichts überragend

Diese Aussagen wurden ihm von manchen Experten als «arrogant» ausgelegt. Sanders konterte, seine Familie sei «Hass» gewohnt; solche Beleidigungen würden von ihm abperlen. Er sagte: «Wissen Sie, wer mein Vater ist? Sie haben ihn auch gehasst, das ist für uns normal.» Wie der Sohn ist auch der Vater bekannt für pointierte Aussagen und ein gesundes Selbstvertrauen.

Vor dem NFL-Draft werden die Talente penibel analysiert, jedes sportliche Detail wird bewertet, dazu der Notenschnitt im College, die Intelligenz, das Verhalten neben dem Platz. Es gibt Bewerbungsgespräche mit Cheftrainern und Klubmanagern. Dem Vernehmen nach soll Sanders von mehreren Teams zu einem solchen Interview eingeladen worden sein.

Die meisten Experten attestieren ihm das Potenzial für die NFL, äussern jedoch Zweifel daran, dass er zu einem Superstar wird. Sanders könne zwar vieles ein bisschen, aber nichts überragend, lautet das Fazit. Für einen Quarterback ist er klein, sein Laufspiel ist wenig beeindruckend, seine Wurfkraft im Gegensatz zu den Spitzenkräften bescheiden. Seine Stärken liegen im taktischen Verständnis und in der Spielintelligenz.

Eine Tellerwäscherkarriere wird Sanders nicht hinlegen

Einige NFL-Scouts glauben deshalb, dass Sanders erst in der zweiten Runde ausgewählt wird – nach den vollmundigen Ankündigungen wäre das ein Rückschlag noch vor dem ersten Profispiel. Die grössten Zweifel haben aber nichts mit seinen sportlichen Fähigkeiten zu tun.

Sanders’ Noten im Studium waren zwar solid, und neben dem Platz war sein Verhalten frei von Skandalen. Trotzdem glauben manche Beobachter, er werde in der NFL scheitern – den Grund dafür orten die bisweilen selbsternannten Experten beim Vater. Deion Sanders ist seit der Highschool der Trainer seines Sohnes. Das werfe die Frage auf, wie Shedeur ohne den Vater zurechtkommen werde.

Shedeur fehle es obendrein am unbedingten Willen, am Biss, sich in der NFL durchzusetzen. Das liege daran, dass er anders als viele andere – vor allem schwarze – Footballer aus reichen Verhältnissen stamme. Das ist eine unappetitliche Meinung, die manche Scouts dennoch teilen.

Eine Vorliebe für protzige Halsketten und schnelle Autos

Das amerikanische Sportpublikum liebt Heldenreisen, Tellerwäscherkarrieren, in denen ein Bub aus ärmlichen Verhältnissen dank dem Sport zum Star wird und dann seiner ganzen Familie ein besseres Leben ermöglicht.

Im Fall von Shedeur Sanders wird das nicht nötig sein, das Vermögen des Vaters wird auf über 70 Millionen Dollar geschätzt. Deion Sanders hat den Vertrag als Trainer von Colorado soeben um fünf Jahre verlängert; er wird in dieser Zeit 54 Millionen Dollar kassieren.

Der Sohn zementiert das Image des «rich kid», des reichen Söhnchens, mit einem Hang zu schnellen Autos und protzigen Halsketten, die er auch vor College-Spielen zur Schau trägt. Im NFL-Draft könnten ihn dieses Verhalten und der lange Schatten des Vaters einen Platz in der ersten Runde kosten.

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