Freitag, Oktober 18

Wer Subventionen sät, wird keine Dankbarkeit, sondern wachsende Ansprüche ernten. Der vermeintlich starke Sozial- und Subventionsstaat ist ein ewig Getriebener und wächst dann besonders gut, wenn seine Führung schwach ist.

Der Sozialstaat ist im Prinzip eine gute Idee. In einer Demokratie – zumal in einer halbdirekten – drückt er den Willen der Mehrheit einer Gesellschaft aus, die Bedürftigen nicht einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Darauf darf man stolz sein.

Doch wie alles Menschliche ist auch der Sozialstaat weit davon entfernt, perfekt zu sein. Er leidet insbesondere am wachsenden Wohlstand. Das ist auf den ersten Blick irritierend. Denn man könnte annehmen, dass wachsender Wohlstand die Bedürftigkeit reduziert, vor allem dann, wenn auf dem Arbeitsmarkt Fachkräftemangel herrscht und die Gesellschaft so viel Geld wie nie zuvor in die Bildung investiert.

Doch die jüngere Vergangenheit lehrt uns das Gegenteil. In der Schweiz haben sich die Ausgaben für die soziale Wohlfahrt seit 1990 real verfünffacht, wie der Ökonomieprofessor Christoph Schaltegger in diesen Spalten jüngst vorgerechnet hat.

Das ist nur mit der Eigendynamik des Umverteilungsstaats zu erklären. Je mehr die Steuern und Abgaben sprudeln, desto üppiger gedeihen die Ideen, wen der Staat auch noch beglücken könnte. Sei es der Vaterschaftsurlaub, sei es die Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose, sei es die schier grenzenlose Förderung der ausserhäuslichen Kindererziehung oder seien es die Phantasien über einen Menstruationsurlaub – der Sozialstaat kümmert sich schon lange nicht mehr nur um die Armen und Kranken.

Hilfe auch ohne Not

Er ist mittlerweile so monströs und so abstrakt geworden, dass es für weite Teile der Bevölkerung normal geworden ist, auch ohne materielle Not Sozialleistungen zu beziehen.

Im modernen Sozial- und Umverteilungsstaat gehe es mittlerweile zu wie in einem Selbstbedienungsladen, heisst es zuweilen von jenen, die mit Sorge auf diese Entwicklung schauen. Doch dieses Bild ist falsch. Denn anders als der Staat muss ein Selbstbedienungsladen rentieren. Deshalb gibt es beim Ausgang eine Kasse, und wer für seinen Warenkorb nicht zahlt, bekommt Ärger. Im Sozialstaat hingegen steht die Kasse ganz woanders. Hier zahlen andere den Löwenanteil der Rechnung, und wer diese anderen sind, kann einem egal sein.

So ist es nicht verwunderlich, dass die Idee einer 13. AHV-Rente, die im März zur Abstimmung kommt, grosse Sympathien geniesst. Warum sollte man sich zurückhalten, wenn man etwas geschenkt bekommt? Jahrzehntelang hat die Politik die Bevölkerung darauf konditioniert, den Staat und seine Kassen als Beute zu betrachten. Das hinterlässt Spuren.

Hypothek für die Jungen

Es verhält sich mit Sozialleistungen genauso wie mit allen anderen staatlichen Fördergeldern: Wer Subventionen sät, wird nicht Dankbarkeit, sondern neue Ansprüche ernten. Wie schwierig es ist, einmal etablierte Subventionen wieder abzubauen, zeigt sich exemplarisch bei den Bauern. Jede Subvention ist eine Hypothek für die, die nach uns kommen.

Erst wenn die politische Führung stark und vor allem willens genug ist, das zu begreifen und zu verinnerlichen, darf man im Umverteilungsstaat auf Besserung hoffen. Und das kann dauern, solange die Steuern – dank Wachstum und Steuererhöhungen – sprudeln.

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