Dienstag, Oktober 8

Omar bin Ladin führte bis vor kurzem ein unauffälliges Leben als Künstler in der Normandie. Jetzt wurde ein Einreiseverbot gegen den ältesten Sohn des Terroristenchefs verhängt. Er soll die Taten seines Vaters gerechtfertigt haben.

Omar bin Ladin mag Freddie Mercury und Clint-Eastwood-Filme. Er verehrt den britischen König Charles III. und dessen verstorbene Mutter Queen Elisabeth II. Der älteste Sohn des 2011 getöteten Terroristenführers Usama bin Ladin lebte zwischen 2016 und 2023 in einem Dorf in der Normandie. Dort restaurierte er mit seiner Frau Zaina ein 500 Jahre altes Gebäude und malte Bilder, am liebsten von wilden Berglandschaften. Denn die, so erzählte er der Presse, erinnern ihn an seine Kindheit in Afghanistan.

Ist dieser Mann, der sich in zahlreichen Interviews vom Erbe seines Vaters distanziert und eine westliche Existenz in Europa aufgebaut hat, in Wahrheit auch ein islamistischer Fanatiker?

Alles nur Fassade?

Am Dienstag sprach der französische Innenminister Bruno Retailleau ein Einreiseverbot für bin Ladin aus. Der 43-Jährige musste Frankreich bereits im letzten Jahr verlassen, weil er in den sozialen Netzwerken mutmasslich «Terrorismus verherrlichende Kommentare» veröffentlicht und ihn der Präfekt des Département Orne zur Ausreise aufgefordert hatte.

Diese Entscheidung, erklärte Retailleau, sei im «Interesse der nationalen Sicherheit» getroffen und von den Gerichten jetzt bestätigt worden. Für bin Ladin sei damit eine Rückkehr nach Frankreich, «aus welchen Gründen auch immer», unmöglich.

Die Vorwürfe beziehen sich auf einen Tweet, den bin Ladin am 2. Mai 2023 auf X (damals Twitter) gepostet hatte. Zum Jahrestag des Todes von Usama bin Ladin schrieb er auf einem inzwischen gesperrten Account, dass sein Vater ein «Märtyrer» gewesen sei, der «Geschichte geschrieben» und «Nationen aufgebaut» habe. Sein Blut sei «die Lebensader unseres Glaubens bis zum Tag des Jüngsten Gerichts».

Bin Ladin bestritt, selber Autor dieser Zeilen gewesen zu sein, trotzdem leiteten die Behörden Ermittlungen gegen ihn ein. In Saudiarabien war die Empörung über den Tweet besonders gross. Bin Ladin zog sich deswegen auch nicht in sein Heimatland, sondern ins benachbarte Katar zurück. Von dort aus beteuert er bis heute vehement seine Unschuld. Niemals, sagte er, könne er die Taten seines Vaters rechtfertigen, zu deren Opfern er schliesslich selbst zähle.

Laut Angaben seiner Ehefrau Zaina litt bin Ladin nach den Anschlägen vom 11. September an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Als einer von 20 (nach anderen Angaben 26) Kindern des Al-Kaida-Anführers verliess Omar bin Ladin Afghanistan fünf Monate vor den Anschlägen. Danach soll er den Vater nie wieder gesehen haben.

«Er hat mich nie gebeten, al-Kaida beizutreten, aber er sagte mir, ich sei der auserwählte Sohn, der sein Werk fortführen sollte», so bin Ladin 2022 in einem Interview mit «The Sun». Die Malerei habe ihm geholfen, seine schwierige Jugend zu verarbeiten. Aber sein berüchtigter Nachname, verriet er, sei auch nützlich, um die Bilder zu verkaufen, für bis zu 8500 britische Pfund pro Stück.

Ein Minister profiliert sich

Für den neuen französischen Innenminister, der sich als Hardliner zu profilieren versucht, ist das Einreiseverbot für den Terroristensohn vor allem ein Exempel dafür, dass er es mit seinen Ankündigungen ernst meint. Retailleau will bei der inneren Sicherheit und der illegalen Migration hart durchgreifen.

«Frankreich gewährte Khomeiny Schutz und dann dem Sohn von bin Ladin. Und wir mussten bis Retailleau warten, bis diese vernünftige Entscheidung getroffen wurde», lobte ihn ein User auf X.

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