Freitag, November 22

Das riesige Anwesen des Genfer Comiczeichners Philippe Chappuis sucht einen neuen Besitzer. Die Stadt Genf hat Interesse. Eine wichtige Frage ist aber noch offen.

Das grosse Herrenhaus steht auf einem sanften Hügel, ist umgeben von Grünfläche, Wald und Weinreben, die zur Rhone hin abfallen. Nichts lässt erahnen, dass sich das Anwesen nur fünf Fahrradminuten vom Genfer Stadtzentrum befindet. Es umfasst 30 000 Quadratmeter Land und eine Villa mit einer Fläche von 848 Quadratmetern, verteilt auf 16 Zimmer auf vier Etagen.

Seit 15 Jahren gehört das Anwesen dem Schweizer Comiczeichner Philippe Chappuis. Bekannt ist der 56-Jährige unter seinem Künstlernamen Zep, noch bekannter ist er für seine Comicfigur: Titeuf.

Chappuis veröffentlichte 1992 den ersten Titeuf-Band, bis heute hat er über 23 Millionen Bände in insgesamt 25 Sprachen verkauft. Der Junge mit der blonden Locke brachte Chappuis ein Vermögen ein.

2008 hat sich Chappuis laut der Zeitung «Le Temps» das Anwesen im Viertel Charmilles in Genf gekauft. Das Herrenhaus soll damals 13,2 Millionen Franken gekostet haben. Chappuis führte in den ersten zwei Jahren umfangreiche Renovationsarbeiten in Höhe von 5,3 Millionen Franken durch. Er liess das Gebäude, das von seinen Vorbesitzern in mehrere Wohnungen aufgeteilt worden war, neu gestalten und errichtete auf dem Grundstück ein Poolhaus mit Infinity-Pool. Im Dachgeschoss des Hauses hat er sich eine grosse Werkstatt zum Zeichnen eingerichtet.

Nach 15 Jahren will sich Philippe Chappuis von seinem Anwesen trennen. Westschweizer Medien berichteten erstmals im Juli darüber. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Anwesen auf der Website des Immobilienmaklers Pilet & Renaud für 25 Millionen Franken angeboten. Jetzt heisst es im Inserat: «Preis auf Anfrage».

Der Kanton Genf schlägt das Angebot aus

In der Genfer Politik war das Haus schon ein Gesprächspunkt, Wochen bevor die Medien darüber berichtet haben. Laut dem Lokalfernsehen Léman Bleu hatte sich Philippe Chappuis für den Verkauf zuerst an den Kanton Genf gewandt. Dieser lehnte ab, weil er selbst keinen Nutzen im Kauf des Hauses sah. Er sei aber bereit, mit der Stadt Genf einen Entwurf für die Nutzung der Räumlichkeiten zu erarbeiten, sollte diese den Kauf vorantreiben.

Maison de Maître proche du centre-ville à Genève - Pilet & Renaud Transactions

Die Stadt Genf ist an dem Anwesen interessiert. Ein Ausschuss im Gemeinderat, der Genfer Legislative, hat bereits im April das erste Mal über den Kauf des Hauses diskutiert. Es sei nötig, das Kulturerbe, die Grünflächen und die Naturgebiete in der Nähe des Stadtzentrums zu bewahren, heisst es in einer Erklärung zu dem Vorhaben. Der Park rund um das Haus könnte öffentlich zugänglich sein, auch das Haus könnte öffentlich genutzt werden.

Der Gemeinderat stellt der Stadtregierung, der Exekutive der Stadt Genf, für den Erwerb einen Kredit in Höhe von 25 Millionen Franken zur Verfügung.

Die SP-Gemeinderätin Albane Schlechten, die auch im Finanzausschuss sitzt, räumt gegenüber dem Lokalfernsehen Léman Bleu ein, dass die Summe für den Erwerb des Anwesens beträchtlich sei. Das Projekt ermögliche der Öffentlichkeit aber den Zugang zu einer Grünfläche am rechten Ufer der Rhone. Eine grössere öffentliche Grünfläche in Ufernähe gibt es auf dieser Seite des Flusses bis anhin nicht. Schlechten argumentiert, dass solche in dichtbesiedelten Stadtvierteln dringend nötig seien.

Das Anwesen kaufen – und dann?

Das Vorhaben sei im Gemeinderat positiv aufgenommen worden, schreibt Léman Bleu. Eine wichtige Frage ist allerdings noch offen: Wie soll das Anwesen konkret genutzt werden?

Genau diesen Punkt kritisiert der SVP-Gemeinderat Vincent Schaller. Er wirft der Stadtregierung vor, keine Ahnung zu haben, wie das Haus genutzt werden könnte. Die Nutzungsoptionen sind durch den Denkmalschutz stark eingeschränkt. Eine Schule, ein Gemeindezentrum oder ein Kindergarten sind ausgeschlossen. Schaller sagt, der beste Vorschlag, den die Stadt Genf vorgebracht habe, sei ein von ihr verwaltetes Gästehaus oder eine Jugendherberge. Er spricht sich dennoch gegen den Kauf aus.

Die Stadträtin Yasmine Ménétrey, die zur populistischen Lokalpartei MCG gehört, hat das Übernahmeprojekt initiiert. Sie wohnt selbst im Quartier Charmilles und könnte sich für die Villa eine kulturelle Ausrichtung vorstellen. Man könnte im Haus Ausstellungen durchführen, weil in Genf die Räumlichkeiten dazu fehlten, sagte sie zu Léman Bleu.

Der Finanzausschuss des Gemeinderats wird demnächst darüber diskutieren. Das Anwesen ist währenddessen noch immer öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben.

Philippe Chappuis kommentiert den geplanten Verkauf nicht. Auf Anfrage von «Le Temps» sagt er bloss, dass er Genf nicht verlassen werde.

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