Mittwoch, März 19

Der Spezialchemiekonzern erfüllt die zuvor gesenkten Erwartungen. Doch der Ausblick lässt nur zaghafte Fortschritte bei der Profitabilität erwarten.

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,

Clariant hat ein schwieriges 2023 hinter sich: Anfang des vergangenen Jahres hatte das Management unter CEO Conrad Keijzer einen Umsatz von 5 Mrd. Fr. angestrebt und es wollte die Ebitda-Marge über die 15,6% aus dem Vorjahr hieven.

Bereits zur Jahresmitte war das Makulatur. Die Umsatzerwartung wurde um fast 10% gekürzt und das Margenziel um mehr als einen Prozentpunkt gekappt. Der Absatz harzte und der starke Franken wurde zur Belastung.

Als im Dezember zudem der Entscheid getroffen wurde, unter hohen Kosten das Bioethanol-Projekt Sunliquid zu beerdigen, wurde das Ebitda-Ziel von damals noch 650 Mio. bis 700 Mio. Fr. auf lediglich 570 Mio. bis 600 Mio. Fr. gesenkt – rund ein Viertel unter den Vorjahreswert.

Deutlich unter Vorjahr

Die heutige Vorlage der Jahreszahlen zeigt nun einen Umsatz von knapp 4,4 Mrd. Fr. und damit 16% weniger als im Vorjahr. Statt einer verbesserten Ebidta-Marge resultierte ein Rückgang um 1,7 Prozentpunkte auf 13,9%.

Dass der Ebitda mit 607 Mio. Fr. dennoch leicht über der zuletzt angekündigten Bandbreite abschnitt, hat vor allem damit zu tun, dass rund 30 Mio. Fr. an Restrukturierungskosten für Sunliquid nicht wie geplant im Schlussquartal verbucht wurden, sondern sich ins neue Jahr verschieben.

Gestützt hatte 2023 vor allem der Bereich Catalysts, der den Umsatz 1% auf 1 Mrd. Fr. ausbauen konnte. Care Chemicals verlor hingegen 19% auf 2,3 Mrd. Fr. Umsatz, die Geschäftseinheit Adsorbents & Additives büsste 17% auf 1,1 Mrd. Fr. ein, wobei sich hier die Marge zudem fast halbierte.

Mittelfristziel hinausgeschoben

Für das laufende Jahr erwartet das Management nun eine entgegengesetzte Entwicklung: Care Chemicals, einschliesslich der im ersten Quartal geplanten Akquisition von Lucas Meyer Cosmetics, und Adsorbents & Additives sollen wachsen, Catalysts hingegen schwächeln. Insgesamt soll 2024 so ein Umsatzwachstum im unteren einstelligen Prozentbereich in Lokalwährungen resultieren.

Das Management erwartet zudem, dass die Marge sich in Richtung 15% verbessern wird – ohne die anhaltende und nun 2024 stärker als erwartet belastende Beendigung des Sunliquid-Projekts würde eine Marge von 16% drinliegen.

Die weiterhin träge Wirtschaftsentwicklung sowie der Projektabbruch lassen auch die Mittelfristziele wanken: Für 2025 hatte das Management einen Margenkorridor von 19 bis 21% angestrebt. Nun senkt es dieses Ziel auf 17 bis 18%, wobei es das höhere Margenziel mittelfristig weiter für erreichbar hält, falls sich in den nächsten zwei bis drei Jahren global die Nachfrage normalisieren sollte.

Vorerst wird allerdings das Kostenziel erhöht, um sich auf sinkende Volumen einzustellen. 2024 sollen weitere 25 Mio. Fr. gespart werden.

Einzig tiefe Bewertung stützt

Der Umbau von Clariant hin zu einem fokussierten Anbieter von Spezialitäten ist zwar auf gutem Weg. Doch wie man es auch dreht und wendet: Er braucht viel mehr Zeit als vom Management, von Grossinvestoren und auch von mir selbst ursprünglich erwartet.

Die einzig gute Nachricht ist, dass die Bewertung der Aktien mittlerweile so niedrig ist, dass selbst Rückschläge wie hier und hier beschrieben kaum mehr zu einer negativen Kursreaktion führen.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13 und einem EV/Ebitda-Verhältnis von 6,6 handeln die Aktien derzeit mehr als ein Viertel unter ihrem Fünfjahresschnitt.

Angesichts der gedrückten Bewertung haben die Valoren von Clariant auch auf das heutige sehr ernüchternde Jahresresultat sowie auf den verhaltenen Ausblick und die Verschiebung des Margenziels kaum mehr negativ reagiert.

Zumindest das gibt etwas Zuversicht für die künftige Kursentwicklung – auch wenn eine Erholung wohl länger dauern wird, als zu Beginn des Jahres 2023 noch erhofft.

Freundlich grüsst im Namen von Mr Market

Ruedi Keller

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