Für Autohersteller ist er ein wichtiges Puzzleteil im Portfolio, für Umweltaktivisten ein grosses Ärgernis. Über den Sinn von Plug-in-Hybriden wird seit langem gestritten. Als Übergangslösung hat er jedoch seine Berechtigung – allerdings nur bei artgerechter Haltung.
Sie lesen einen Auszug aus dem Newsletter «Der andere Blick», heute von Michael Rasch, Wirtschaftskorrespondent der «Neuen Zürcher Zeitung» in Frankfurt am Main. Abonnieren Sie den Newsletter kostenlos. Nicht in Deutschland wohnhaft? Hier profitieren.
Die Autobranche ist auf unwegsamem Gelände unterwegs. Das gilt vor allem für die Zulieferer, aber auch für die Hersteller. Die staatlich verordnete Transformation zur Elektromobilität erfordert enorme Anstrengungen und viel Kapital. Die Konzerne müssen neu Verbrennungsmotoren und verschiedene umweltfreundlichere Antriebsformen parallel produzieren. Zugleich erreichen die Autobauer die Absatzzahlen aus der Zeit vor der Corona-Pandemie bei weitem nicht mehr, die Kosten für Personal und Material steigen, und der globale Wettbewerb wird immer intensiver.
Absatz von Batterieautos sinkt um 16 Prozent
In den vergangenen Jahren hatten sich die elektrifizierten Fahrzeuge zunächst sogar als ein Treiber des Geschäfts erwiesen. Doch auch der Verkauf rein batterieelektrischer Autos hat an Momentum verloren oder ist rückläufig. Das liegt auch daran, dass staatliche Subventionen beendet oder zurückgefahren worden sind. In diesem Prozess ist es in Deutschland überraschend zu einem Revival der zeitweise verhassten Plug-in-Hybride gekommen, die den batterieelektrischen Antrieb mit einem Verbrennungsmotor kombinieren. Umweltschützer hatten vor einigen Jahren gegen diese Antriebsform massiv mobilgemacht, weil sie dem Klima wenig hilft, wenn die Kunden sie falsch einsetzen.
Während der Absatz rein batterieelektrischer Fahrzeuge im ersten Halbjahr um über 16 Prozent gesunken ist, haben sich die Verkäufe von Plug-in-Hybriden um gut 13 Prozent erhöht. Der Trend hielt auch im Juli an. In der Schweiz ist die Entwicklung ähnlich, die Verkäufe reiner Batteriefahrzeuge waren deutlich rückläufig, jene von Plug-in-Hybriden blieben dagegen immerhin gleich.
In den deutschen Verkaufszahlen der Zwittermodelle, die mancher Hersteller als «das Beste aus zwei Welten» anpreist, spiegeln sich wohl mehrere Trends: der Wille vieler Menschen zum Ein- oder Umstieg in das Zeitalter des Elektroautos, noch immer zu geringe öffentliche Lademöglichkeiten und anhaltende Steuervorteile, wenn Plug-in-Hybride als Dienstwagen genutzt werden – aber auch die Weiterentwicklung des Segments. Anfang des Jahres waren in Deutschland rund 190 Modellvarianten von Plug-in-Hybriden verfügbar. Viele dieser Produkte erreichen im realen Fahrbetrieb inzwischen eine elektrische Reichweite von rund 80 Kilometern – und das ist eine entscheidende Verbesserung zu früher.
Der zuweilen schlechte öffentliche Ruf von Plug-in-Hybriden resultierte aus publik gewordenen Missbrauchsfällen. Einige Firmen hatten sich, gelockt von Subventionen, diese Modelle als Dienstwagen für die Langstrecke angeschafft. Gefahren wurden die Autos dann vor allem auf Autobahnen und dort logischerweise mit Verbrennungsmotor. Damit waren sie schädlicher als reine Verbrenner, denn wegen des höheren Gewichts für Batterien und Motor steigt der Benzinverbrauch. Auch im privaten Bereich nutzten, so war zu hören und zu lesen, etliche Besitzer die technisch komplexen und teuren Fahrzeuge nicht artgerecht.
Mit Plug-in-Hybrid lokal leise und emissionsfrei fahren
Hier liegt die Crux: Mit ihren jetzigen Reichweiten sind Plug-in-Hybride für viele Menschen ideal, um damit zur Arbeit zu fahren und nebenbei noch Besorgungen zu erledigen. Dafür genügen die Batterien allemal. Entscheidend ist aber, dass die Fahrzeuge täglich geladen werden, entweder zu Hause, beim Arbeitgeber oder besser sogar an beiden Orten. Dann können die Besitzer lokal emissionsfrei (abhängig vom Strommix) und leise fahren. Ist dies der Fall, ist es auch erträglich, für die Fahrt in die Ferien und gelegentliche längere Strecken den Verbrennungsmotor zu nutzen. Letzterer sollte jedoch der Fahrzeuggrösse angemessen sein, weil ein unzureichendes Aggregat wiederum zu viel Benzin verbraucht.
Plug-in-Hybride sind sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Doch in der Phase der Transformation zur Elektromobilität haben sie als eine Übergangstechnologie ihre Daseinsberechtigung. Sie führen neugierige Kunden ans elektrifizierte Fahren heran, befreien sie von der Angst, mit leeren Batterien liegenzubleiben, und erhöhen die Praktikabilität. Wenn die Autos dann noch einen entsprechenden Stecker zur Schnellladung haben, ist die Technologie vor allem für den Stadtverkehr sinnvoll – immer unter der Prämisse einer sachgerechten Handhabung.
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