Freitag, Januar 10

Panzerbauer KNDS will von Alstom ein Werk für Schienenfahrzeuge übernehmen, um dort gepanzerte Fahrzeuge zu produzieren. Was amüsant klingt, war eine nüchterne Zeitungsmeldung und folgt der kantigen Logik der Aufrüstung. Sie dürfte längst nicht die letzte dieser Art gewesen sein.

Panzer statt Strassenbahnen – es klingt wie eine ins Gegenteil verkehrte Forderung der Friedensbewegung. Doch es ist, etwas zugespitzt, eine der Schlagzeilen in Deutschlands Medien vom Mittwoch. KNDS plant nämlich, von Alstom ein Werk im sächsischen Görlitz zu übernehmen, was in den vergangenen Wochen bereits immer wieder kolportiert wurde. Die Produktion von Schienenfahrzeugen soll dort im März 2026 anlaufen. Gelänge die Einigung, peilt KNDS stattdessen den Bau gepanzerter Fahrzeuge an. Zum Produktportfolio des Unternehmens gehören Kampfpanzer wie der Leopard 2, aber auch das Aufklärungsfahrzeug Fennek.

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Hinter der vergleichsweise banalen Schlagzeile verbirgt sich eine oft übersehene Facette der allgemeinen Aufrüstung. Das Thema hat es spätestens seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ganz nach oben auf die Agenda der Politik geschafft. Mit den steigenden Rüstungsausgaben wachsen auch die Umsätze der meisten Rüstungsunternehmen, unabhängig davon, ob sie an der Börse gelistet sind. Doch das Füllen der Arsenale geht nur langsam voran.

Europas Achillesferse

Schon im September vergangenen Jahres schrieb die Denkfabrik Bruegel sinngemäss, Deutschland wie Europa würden zu langsam aufrüsten. Beim derzeitigen Tempo würde Deutschland zehn Jahre benötigen, um bei Kampfflugzeugen das Ausstattungsniveau von 2004 zu erreichen – bei Panzern wären es vierzig Jahre, bei Haubitzen sogar hundert. Als eine der Ursachen gilt das in Deutschland oft kritisierte langsame Beschaffungswesen.

Dazu kommt aber auch: Stand jetzt ist das Rüstungsgeschäft vor allem ein amerikanisches Geschäft. Gemäss den aktuellsten Daten des auf Rüstungsfragen spezialisierten Instituts Sipri wurden 2023 rund die Hälfte des Umsatzes von US-Firmen erwirtschaftet. Diese Zahlen schliessen wiederum die hundert grössten Rüstungsunternehmen ein. Mehr noch: Unter den zehn Branchenführern finden sich Namen wie Lockheed Martin oder RTX (bis Mitte 2023 als Raytheon bekannt), aber kein europäisches Unternehmen. Die beste Platzierung gelingt Airbus auf Platz 12. Rheinmetall liegt auf Rang 26. Und in Sachen Umsatz klaffen laut Sipri etwa zwischen Rheinmetall und Lockheed Martin gewaltige Lücken.

Um solche Lücken zu schliessen, müssen Europas Unternehmen wachsen, um skalieren zu können. Denn: Die europäischen Rüstungsunternehmen seien vergleichsweise klein, da sie kleine Binnenmärkte bedienten, schreibt Bruegel. Das erschwere die Nutzung von Grössenvorteilen und die Industrialisierung der Produktion. Entsprechend wäre ein starkes Wachstum auch für Anleger die richtige Entwicklung. Rheinmetall-CEO Armin Papperger sagte daher konsequenterweise Ende 2024, man sei auf dem Weg zum «globalen Rüstungschampion».

Gemeinsam stärker

Der Weg dorthin führt auch über Übernahmen. Rheinmetall beispielsweise, von The Market im April analysiert, hat zuletzt den spanischen Munitionshersteller Expal Systems gekauft. Auch Kooperationen helfen, etwa bei der Erschliessung neuer Geschäftsfelder. Getriebefabrikant Renk etwa erklärte Ende vergangenen Jahres, mit QinetiQ zusammenarbeiten zu wollen. QinetiQ ist ein britisches Rüstungsunternehmen. Gemeinsam wolle man sich unter anderem auf unbemannte Landfahrzeuge, also Landdrohnen, konzentrieren. Leonardo seinerseits will mit Rheinmetall in einem Gemeinschaftsunternehmen Panzer bauen.

Auch der Ausbau der Produktionskapazitäten hilft dabei: Rheinmetall etwa baut eine Munitionsfabrik in Litauen. MBDA wiederum arbeitet an «Missile Hubs» in Schrobenhausen, wo Raketen produziert und gewartet werden sollen. Sensorikspezialist Hensoldt, im August von The Market analysiert, ist auf der Zielgeraden für einen neuen Produktions- und Verwaltungsstandort in Oberkochen. Die Meldung, in einem Werk in Sachsen könnten statt Strassenbahnen Panzer gebaut werden, ist da nur konsequent.

Wie sehr Rüstungsunternehmen sich derzeit im Visier der Anleger finden, zeigt die Marktreaktion der Aktien von Rheinmetall, Hensoldt und Renk auf die Forderung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, die Nato-Staaten mögen 5% ihres Bruttoinlandprodukts in ihr Militär investieren: Alle drei Aktien legten an dem Tag zu. Panzer statt Strassenbahnen? Ist da nur eine kleine Meldung in einem grossen Trend.

Rheinmetall, Hensoldt, Renk

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