Mittwoch, März 19

Der Bundesrat hat am Freitag ein Gesetzesprojekt vorgelegt, das vor allem zu weniger Zivildienstgesuchen von Personen nach der Rekrutenschule führen soll.

Offiziell gilt in der Schweiz immer noch die allgemeine Wehrpflicht – mit der Möglichkeit eines Zivildienstes, der einst als Ausnahme für Personen mit Gewissensproblemen gedacht war. Faktisch gibt es aber schon lange eine Wahlfreiheit, bei welcher die Bequemlichkeit meist weit wichtiger sein dürfte als Gewissensfragen. Seit 2009 genügt als Voraussetzung für den Zivildienst der Tatbeweis. Erbracht wird er dadurch, dass der Zivildienst total 1,5-mal so lange dauert wie der Militärdienst.

Trotzdem ist der Zivildienst in mancher Hinsicht attraktiver: Betroffene haben grossen Spielraum in der Wahl von Einsatzort und Einsatzzeiten, am Abend und am Wochenende kann man in der Regel nach Hause, der Umgangston ist angenehmer, die jährliche Schiesspflicht entfällt, und man trägt im Unterschied zu Rekruten auch nicht das Risiko, zum «Weitermachen» verdonnert zu werden. Nach der Abschaffung der Gewissensprüfung stieg die Zahl der Zulassungen zum Zivildienst sprunghaft von rund 1600 (2008) auf 6700 (2009). Auch in den letzten drei Jahren gab es pro Jahr jeweils 6000 bis 7000 Zulassungen. Ende 2023 waren total rund 58 000 Personen zivildienstpflichtig.

Der Bundesrat hatte 2019 mit dem Hinweis auf eine mögliche mittelfristige Gefährdung des Armee-Sollbestandes von 100 000 Personen eine Gesetzesrevision mit acht Massnahmen vorgeschlagen, die den Zivildienst weniger attraktiv machen sollten. Die Vorlage scheiterte aber 2020 im Nationalrat. 2023 überwies das Parlament wohl nicht zuletzt unter dem Eindruck des Kriegs in der Ukraine eine Motion, welche einen neuen Gesetzesvorschlag mit sechs der acht ursprünglichen Massnahmen verlangte.

Viele wechseln erst nach der RS

Am Freitag hat der Bundesrat die befohlene Gesetzesrevision in die Vernehmlassung geschickt. Im Fokus der Reform stehen vor allem Personen, die nach abgeschlossener Rekrutenschule (RS) in den Zivildienst wechseln wollen. Rund ein Drittel der Zulassungen in den Zivildienst betrifft Leute mit abgeschlossener RS. In solchen Fällen sind die Ausbildungskosten der Armee grossenteils verschwendet. Noch grösser ist die Verschwendung, wenn Armeekader in den Zivildienst wechseln, was 2022 in über 300 Fällen vorkam. Der Bund hatte vorgerechnet, dass die Ausbildungskosten der Armee für die im Jahr 2021 zugelassenen Zivildienstler mit abgeschlossener Rekrutenschule total 69 Millionen Franken ausmachten.

Hier die vorgeschlagenen Massnahmen für neue Zivildienstler:

  • 1. Wer gemäss dem ordentlichen Umrechnungsfaktor 1,5 weniger als 150 Tage Zivildienst leisten müsste und nicht am Ende der Ausbildungspflicht in der Armee steht, muss mindestens 150 Tage Zivildienst leisten.
  • 2. Für alle Armeekader soll bei der Umteilung ebenfalls der Faktor 1,5 gelten statt wie bisher für Offiziere und höhere Unteroffiziere der Faktor 1,1.
  • 3. Zwecks Senkung der Attraktivität des Zivildiensts für Mediziner sollen Zivildiensteinsätze, die ein Medizinstudium erfordern, künftig ausgeschlossen sein.
  • 4. Keine Zulassung von Armeeangehörigen ohne Restdiensttage. Solche Armeeangehörigen haben noch potenzielle Wehrpflichten (Assistenz- und Aktivdienst) sowie die jährliche Schiesspflicht, was bisher die Umteilung attraktiv machen konnte.
  • 5. Auch im Zivildienst soll künftig eine jährliche Einsatzpflicht gelten.
  • 6. Die Zivildienstpflicht umfasst derzeit für Personen ohne abgeschlossene RS nebst Kurzeinsätzen auch einen langen Einsatz von mindestens 180 Tagen. Dieser Einsatz ist künftig spätestens im Kalenderjahr nach der Zulassung zu absolvieren, wenn das Umteilungsgesuch während der Rekrutenschule gestellt wird.

Im Vergleich zum Gesetzesprojekt, das 2020 im Parlament scheiterte, sind zwei Massnahmen weggefallen: eine Wartefrist von zwölf Monaten und die Abschaffung der Möglichkeit von Zivildiensteinsätzen im Ausland.

Spürbare Wirkung erwartet

In welchem Umfang diese Massnahmen die Zivildienstgesuche reduzieren würden, wagt der Bund mangels schlüssiger Anhaltspunkte nicht zu prognostizieren. Gemäss dem Erläuterungsbericht erwartet der Bund aber eine «deutlich spürbare dämpfende Wirkung» bei den Wechseln von Personen nach Abschluss der RS – vor allem als Folge der erstgenannten Massnahme mit der Mindestvorgabe von 150 Tagen Zivildienst. Denkbar ist allerdings eine gewisse Verlagerung von Gesuchen auf den Zeitpunkt vor der RS. Für seine Finanzplanung nimmt der Bund an, dass die jährlichen Zulassungen zum Zivildienst von 6000 bis 7000 pro Jahr auf 4000 Personen zurückgehen.

Offen ist, ob die Erschwerung der Bedingungen für den Zivildienst einen Zusatzanreiz zur Umgehung des Militärdiensts etwa via Arztzeugnis schafft. 2023 wurden knapp 30 Prozent der Stellungspflichtigen als nicht militärdiensttauglich beurteilt. Die nun vorgeschlagenen Massnahmen betreffen allerdings in erster Linie Personen mit abgeschlossener Rekrutenschule.

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