Freitag, September 27

Bis im Jahr 2049 entstehen im Basler Zoo zwei neue Anlagen für Tiere der Savanne und der Tropen. Grösser sei aber nicht einfach besser, sagt der Zoodirektor.

Als der Zoo Basel im Sommer 1874 eröffnet wurde, hatte er wenig mit dem Tiergarten von heute gemein. Auf wenigen Hektaren konnten die Besucher einheimische Tiere beobachten, Vögel, Füchse, Marder, einen Bär im Käfig. Exotische Tiere kamen erst später dazu, und dennoch: Die Leute waren begeistert.

150 Jahre später: Die Käfige sind verschwunden, die Gehege gewachsen. Der älteste zoologische Garten der Schweiz hat einen grundlegenden Wandel hinter sich. Geblieben ist die Popularität. Der «Zolli», wie die Basler sagen, registrierte mit 1,2 Millionen Besuchern 2023 so viel Zulauf wie nie zu vor.

Doch die Öffentlichkeit ist gegenüber der Wildtierhaltung kritischer geworden. Tierethiker und Schutzorganisationen fordern seit langem, dass Zoos geschlossen werden. Dürfen wir Tiere im Zoo einsperren, um sie zu beobachten?

Savannenlandschaft statt Parkplätze

Olivier Pagan, seit über zwanzig Jahren Direktor des Zoos Basel, kennt die Diskussion um die Daseinsberechtigung von Tiergärten. «Ist ein Zoo noch zeitgemäss? Wir werden sehr häufig mit dieser Frage konfrontiert.»

Zum Beispiel 2019. Die Basler Stimmbevölkerung lehnte die Pläne für das Ozeanium, ein grosses Aquarium, an der Urne ab. Obwohl das 100-Millionen-Franken-Projekt durch private Spenden finanziert worden wäre. Meerestiere im Binnenland Schweiz zu halten, missfiel der Mehrheit offensichtlich.

Pagan trauert dem Ozeanium immer noch nach. Doch der Zoo Basel hat inzwischen neue Ausbaupläne, wie er am Mittwoch bekanntgab. Im Norden und im Süden des heutigen Geländes will der Zoo zwei neue Areale für Tiere der afrikanischen Savanne und des Tropengürtels bauen. Wo heute die Besucher ihr Auto parkieren, werden in Zukunft unter anderem Seekühe, Fische und Krokodile zu sehen sein. Und auf der sogenannten Schutzmatte in Binningen entsteht eine Anlage für Giraffen, Flusspferde, Zebras, Brillenpinguine und Seebären.

Daneben sind kleinere Erweiterungen und Umzüge geplant. Die ersten Bauarbeiten, namentlich für das neue Parkhaus, sollen Ende Jahr starten. Wann die neuen Tieranlagen eröffnet werden, ist indes noch offen. Ebenso das genaue Investitionsvolumen. Die Entwicklung, die der Zoo Basel am Mittwoch skizzierte, ist auf die nächsten 25 Jahre angelegt.

Grössere Gehege sind nicht alles

Mehr Platz für die Tiere – das ist oft der erste Gedanke, wenn es um tiergerechte Haltung geht. Anders als der Zoo Zürich kann der Zoo Basel allerdings nur begrenzt expandieren. Er liegt mitten in der Stadt, umgeben von Wohnquartieren. Dass ein zeitgemässer Zoo seinen Tieren einfach mehr Auslauf bieten müsse, sei der falsche Ansatz, sagt der Zoodirektor Olivier Pagan: Entscheidend sei die Qualität der Tierhaltung, und das habe viel mit der Gestaltung des Geheges zu tun und damit, dass Tiere ihre Bedürfnisse ausleben könnten.

Konkret heisst das beim Beispiel des Zolli: Die Etoscha-Anlage in Basel vermittelt den Besuchern ökologische Zusammenhänge, etwa den Nahrungskreislauf, in der Savanne. Im Gehege leben nebst klassischen Raubtieren auch Heuschrecken, Klippschliefer oder Erdmännchen. Im Unterschied zum Anfang des 20. Jahrhunderts, als man die exotischen Tiere einfach sammeln und ausstellen wollte, werden zoologische Gärten heute nach wissenschaftlichen Kriterien geführt.

Oder wie Pagan sagt: «Früher war der Löwe eine gefährliche Katze, die hinter Gitter musste, weil sie einen sonst beisst.» Heute gehören Bildung, Zucht und Forschung genauso zum Auftrag der Zoos.

Ob es den Tieren in freier Wildbahn automatisch besser geht als in Gefangenschaft, ist umstritten. Gegen das Leben in der Natur sei das Leben im Zoo wie Urlaub, sagte etwa Heribert Hofer, Professor für Verhaltensökologie, 2023 zur NZZ. Wildtiere müssten ständig Wasser und Futter suchen und sich mit Gefahren auseinandersetzen. Das Leben in der Wildnis sei kein Paradies, wie die Menschen sich das vorstellten.

Der australische Hologramm-Zoo ist kein Vorbild für Basel

Der Direktor des Basler Zolli ist überzeugt: Zoologische Gärten sind für den Artenschutz und die Biodiversität heute wichtiger denn je. Der Zoo koordiniert zum Beispiel die Zucht mehrerer Arten, etwa des Panzernashorns. Dazu kommt der Informationsauftrag. Olivier Pagan sagt: «Wir wollen die Menschen für die Natur begeistern und sensibilisieren. Gerade im urbanen Milieu haben manche vergessen, was das bedeutet.» Zudem sei ein Zoo in einer Stadt auch eine wichtige Grünfläche und ein Ort der Erholung.

Dass der Trend in die gleiche Richtung geht wie im Zirkus, namentlich weg von lebenden Grosstieren, glaubt Pagan nicht. Zwar bietet die Digitalisierung viele neue Möglichkeiten, Wildtiere erlebbar zu machen. In Australien gibt es bereits einen Hologramm-Zoo, der 3-D-Projektionen verschiedener Tiere zeigt. Pagan hält das für eine gute Ergänzung, sagt aber: «Ein lebendiges Tier verhält sich jeden Tag anders. Das kann keine noch so gute Projektion ersetzen.»

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