Erst ein toter Schimpanse, dann trifft es einen Kerl, so massig wie ein Gorilla. Grandjean/Ott stolpern planlos durch diesen Krimi, der erfrischend tölpelhaft anfängt, aber an der Schweizer Humorbarriere scheitert.

Das erste Opfer ist männlich, geboren 2013 in Nzambi, Kongo. Schon seine Eltern wurden getötet, vor einer Woche erst kam der junge Tembo in die Schweiz. Und jetzt liegt er erstochen im Affenhaus des Zoo Zürich. Tembo ist ein Schimpanse. Aber weil dessen Erbgut mit dem eines Menschen zu 99 Prozent identisch sei, sieht sich Tessa Ott (Carol Schuler) für den Fall zuständig. «Menschenrechte für Menschenaffen», fordert die Ermittlerin mit dem alternativen Einschlag.

Während sie «einen auf Jane Goodall macht», wie ihre Kollegin Grandjean (Anna Pieri Zuercher) über die Möchtegern-Schimpansenforscherin frotzelt, wartet ein anderer Einsatz: «Notruf aus Altstetten, Schiesserei im Wohnblock.» Dort findet sich kein toter Primat, aber ein Typ wie ein Gorilla, der im Badezimmer von Kugeln durchsiebt über der WC-Schüssel hängt. Und das ist erst der Anfang.

In einer Loft-Wohnung über Zürich-West liegt ausserdem eine Finanzbetrügerin verblutet in der Badewanne, während bald im Recyclinghof am anderen Ende der Stadt ein mit einer Nagelpistole niedergestreckter Mann gefunden wird. Schon nach einer Viertelstunde sind also je nach Zählweise drei bis vier Tote zu beklagen (oder 3,99).

Dramaturgie nach Fischli/Weiss

Einstimmen tut sich der neue «Tatort» aus Zürich zuallererst mit einer Szene zu Hause bei Ott, wo im alten TV-Gerät der Kunstfilm «Der Lauf der Dinge» zu sehen ist (als wäre es 1987). Die Arbeit von Fischli/Weiss, in der durch eine Kettenreaktion diverse Gegenstände in Bewegung gesetzt werden, versteht sich auch als eine spielerische Abhandlung zu Fragen von Schuld und Unschuld. Der Wink mit der Videokunst nimmt das dramaturgische Konzept dieser Episode (Buch: Lorenz Langenegger, Stefan Brunner) vorweg. Oder anders gesagt: Es ist ein Krimi nach dem Prinzip «hoppla».

Ein Delikt stösst das nächste an. Übermüdet stolpern die Kommissarinnen nach einer schlaflosen Vollmondnacht den Ereignissen hinterher. Staatsanwältin Wegenast (Rachel Braunschweig) wähnt sich derweil auf der Karriereleiter zum Bundesgericht und stolziert blasiert wie Miss Piggy durch die Polizeizentrale. Oder sie gönnt sich etwas beim Juwelier an der Bahnhofstrasse, womit man beim Thema Diamanten wäre, also auf halber Strecke Richtung Kongo: Nur was hat der arme Tembo mit den Morden zu tun?

Loosli ist der Verlierer

Alles hat eine Ursache und eine Wirkung, wobei die Spur schliesslich zu einem Verlierer namens Loosli (Michael von Burg) führt. Von einer Finanzbetrügerin wurde er um sein Geld gebracht: «Die Grossen bringen ihre Schäfchen ins Trockene, und der Loosli ist der Dumme. Ich will mein Geld zurück!»

Die Dialoge sind schlecht, aber mit Absicht: Die Regie von Michael Schaerer («Die kleine Hexe») zielt auf die cartoonhafte Überzeichnung. Nach einem halben Dutzend diensteifriger, jedoch wenig gefeierter Anläufe hat der Zürcher «Tatort» offenbar beschlossen, sich nicht mehr abzumühen. Sondern sich locker zu machen. Das ist nicht verkehrt. Flucht nach vorne: Wenn nichts zieht, lass los. Leider ist es in seiner anvisierten Trashigkeit aber doch zu gehemmt und gmögig. Es kommt nicht über die bekannte Schweizer Humorbarriere hinaus.

Und der erfrischende Unernst schlägt früh in allzu bemühten Sauglattismus über. Denn «Von Affen und Menschen», so der Titel, beherzigt die wichtigste Regel der Komödie nicht: Der Witz braucht Ernst. Ohne anständigen Boden ermüdet der Schwank. «Um was geht’s hier?», fragt die Staatsanwältin genervt, als der tote Affe wieder Thema wird. «Erpressung, Lösegeld, eine Banane?» Am Ende bleibt es Banane.

«Tatort» aus Zürich: «Von Affen und Menschen». Sonntag, 20.05 / 20.15 Uhr, SRF 1 / ARD.

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