Samstag, November 23

Der Fall steht möglicherweise im Zusammenhang mit den Unruhen vom 8. Januar 2023, als Anhänger von Ex-Präsident Bolsonaro den Obersten Gerichtshof verwüsteten.

Auf dem Platz der drei Gewalten in der Hauptstadt Brasilia haben sich am Mittwochabend gegen 19 Uhr 30 (Ortszeit) zwei Explosionen ereignet. Rund um den Platz befinden sich der Oberste Gerichtshof, der Präsidentenpalast und der Kongress. Die erste Detonation ereignete sich offenbar in einem Auto, das zwischen dem Obersten Gerichtshof und dem Kongress abgestellt war. Etwa 20 Sekunden später ereignete sich eine zweite Explosion in der Nähe des Obersten Gerichtshofs, bei der ein Mann getötet wurde.

Laut Polizeiangaben soll es sich um einen Mann aus Südbrasilien handeln. Ihm gehöre auch das Auto, in dem sich die erste Explosion ereignet habe. Bei dem Mann soll es sich um einen Politiker des rechtskonservativen Partido Liberal handeln. Prominentestes Mitglied der Partei ist der Rechtspopulist Jair Messias Bolsonaro, der Brasilien von 2019 bis 2022 regierte. Ein Politiker, der den Mann laut eigenen Angaben kannte, erklärte gegenüber Medien, dass dieser in letzter Zeit einen verwirrten Eindruck gemacht habe.

Politiker versuchte ins Gerichtsgebäude einzudringen

Kurz vor der zweiten Explosion habe der Mann versucht, sich Zugang zum Obersten Gerichtshof zu verschaffen. Dabei habe er zunächst einen Sprengsatz in Richtung des Gebäudes geworfen. Als sich ihm ein Wachmann des Gerichts näherte, habe der Mann sein Hemd geöffnet und erklärt, dass an seinem Körper ein Sprengsatz befestigt sei. Daraufhin legte er sich auf den Boden und zündete den Sprengsatz.

Die Behörden ermittelten derzeit mit Hochdruck, hiess es in den Medien. Der Platz der drei Gewalten wurde weiträumig abgesperrt, Sprengstoffexperten seien vor Ort. In dem Auto des Politikers seien Feuerwerkskörper und Steine gefunden worden, wurde in der Nacht bekanntgegeben.

Der Attentäter trug laut Medienberichten Kleidung mit Motiven der Comic-Figur Joker. In sozialen Netzwerken hatte er Hinweise zu seinen Plänen veröffentlicht. «Sollen wir spielen? Hallo Bundespolizei, ihr habt 72 Stunden Zeit, um die Bombe zu entschärfen, die im Haus der Scheisskommunisten liegt», schrieb er laut Medienberichten auf Facebook.

Zudem veröffentlichte er dort ein Foto, das ihn im Inneren des Obersten Gerichtshofs zeigt. «Sie haben den Fuchs in den Hühnerstall gelassen», schrieb er dazu. Laut der Polizei wurde das Foto Ende August während einer öffentlichen Führung durch das Gerichtsgebäude aufgenommen.

Zum Zeitpunkt der Detonationen beriet der Oberste Gerichtshof gerade über eine Verfassungsänderung zur Besteuerung der Kirchen. Die Richter und das Gerichtspersonal seien in Sicherheit gebracht worden, teilte die Pressestelle des Obersten Gerichts mit. Die Explosionen waren auch im nahe gelegenen Kongress zu hören, wo gerade beide Kammern tagten. Die Sitzungen wurden jedoch fortgesetzt. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva soll sich zum Zeitpunkt der Explosionen nicht im Präsidentenpalast aufgehalten haben.

Möglicher Zusammenhang mit Unruhen von 2023

Die Ereignisse wecken in Brasilien Erinnerungen an den 8. Januar 2023. Damals stürmten Anhänger des zwei Monate zuvor abgewählten Präsidenten Bolsonaro das Regierungsviertel und verwüsteten die Gebäude rund um den Platz der drei Gewalten. Zuvor war es zu Protesten gegen die neue Regierung von Präsident Lula da Silva gekommen, dem Bolsonaros Anhänger Wahlbetrug vorwarfen.

Ob die Detonationen in Brasilia im Zusammenhang mit den Unruhen vor knapp zwei Jahren stehen, ist unklar. Allerdings war die Regierungszeit Bolsonaros von ständigen verbalen Angriffen auf den Obersten Gerichtshof und insbesondere den Richter Alexandre de Moraes geprägt. Anhänger Bolsonaros sollen sogar Attentate auf den Richter geplant haben.

Der Oberste Gerichtshof hat bis anhin 265 Personen wegen ihrer Beteiligung an den Angriffen vom Januar 2023 verurteilt, einige davon wegen Beteiligung an einem versuchten Staatsstreich. In 476 Fällen wurden die Verfahren gegen Auflagen eingestellt, 4 Personen wurden freigesprochen. Am vergangenen Freitag begannen die Prozesse in 15 weiteren Fällen.

Zudem sollen 63 Personen vor der Strafverfolgung ins Nachbarland Argentinien geflohen sein. Richter Alexandre de Moraes hatte vor wenigen Tagen ihre Auslieferung gefordert. Bolsonaro und mit ihm verbündete Politiker hatten den Obersten Gerichtshof wiederholt wegen der strafrechtlichen Verfolgung seiner Anhänger kritisiert.

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