Freitag, Oktober 18

Gerade wird der Rumpf des ersten Testflugzeugs für die neue D328eco-Baureihe hergestellt – in deutschen Werkstätten.

Es ist eine ziemlich ungewöhnliche Methode für den Bau des ersten Prototyps eines künftigen Regionalverkehrsflugzeugs: Ein älterer Flugzeugrumpf wird restauriert, um dann exakt durchtrennt und auseinandergeschoben zu werden. Insgesamt um 2,2 Meter wird das Segment in der mittleren Rumpfsektion, der sogenannten Center-Section, nun verlängert – und fertig ist der Rumpf des neuen Prototyps.

Was sich in der Theorie einfach anhört, setzt in der Praxis hohe Ingenieurskunst voraus. Denn auf dem Rumpf lasten später hohe Kräfte, und er muss beweisen, dass die Statik durch die nun insgesamt grössere Länge keinen Schaden nimmt. Ausserdem muss der Schwerpunkt trotz dem gestreckten Rumpf weiter im erlaubten Bereich bleiben.

An der im Juli zu Ende gegangenen Luftfahrtmesse im britischen Farnborough konnte der Hersteller Deutsche Aircraft aus Oberpfaffenhofen bei München bekanntgeben, dass gerade der Rumpf für das erste Testflugzeug der neuen, D328eco genannten Baureihe unter Zuhilfenahme einer alten Zelle der einstigen Dornier Do 328 Turboprop gebaut wird.

Wichtigster Unterschied zum Vorgängermodell von Dornier: Die D328eco soll nicht nur maximal 32, sondern bis zu 40 Passagiere befördern. Daher auch das Verlängern des Rumpfs. Die Entwicklung der Maschine findet bei der Firma Deutsche Aircraft in Oberpfaffenhofen statt.

Sie ist ein Tochterunternehmen des amerikanischen Konzerns Sierra Nevada Corporation und Halter der sogenannten Musterzulassung für alle bisher bereits gebauten Flugzeuge der Dornier-Do-328-Baureihe, und zwar sowohl für die Turboprop- als auch für die Jet-Varianten. Das Unternehmen darf also sowohl diesen Flugzeugtyp künftig bauen als auch bisherige Betreiber der Maschine mit für die Luftfahrt zugelassenen Ersatzteilen beliefern.

Ende 2027 soll das neue Regionalverkehrsflugzeug in den Luftfahrtdienst gehen. Gebaut wird es aber nicht am bayrischen Standort, sondern in einer neuen Produktionsstätte am sächsischen Flugplatz Leipzig-Halle.

Das Vorhaben erscheint äusserst ambitioniert. Denn im Hochlohnland Deutschland ein Verkehrsflugzeug erneut bauen zu wollen, dessen Konstruktion bereits fast vierzig Jahre alt ist, dürfte kein einfaches Unterfangen sein. Sowohl als Turboprop wie auch als Jet konnten frühere Do-328-Varianten keinen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg erzielen. Ausserdem mussten bereits mehrfach die Daten für einen möglichen Erstflug und die spätere Auslieferung an Kunden von Deutsche Aircraft verschoben werden.

Vorteile auf kurzen Landebahnen

Obwohl das Ursprungsmodell aber bereits vor mehr als dreissig Jahren zum Erstflug abhob, scheint es technisch nicht veraltet. Denn die zweimotorige Maschine mit Propellerturbinen galt einst als Multitalent: kurzstartfähig, buschpistentauglich und durch ihre Druckkabine auch für Flüge in grossen Höhen geeignet. Do-328-Maschinen können so auch auf kurzen Runways wie etwa der 1000 Meter langen Piste in Grenchen landen. Derart knappe Landebahnen wären für einen 32-sitzigen Business-Jet nicht anfliegbar.

Eine Vorliebe hat auch das US-Militär für die buschpistentaugliche Do 328 entwickelt. Es setzt das Flugzeug zum schnellen Transport von Soldaten der Special Forces oder deren Fracht ein. Deshalb ist das Special Operation Command der US Air Force mittlerweile der Kunde mit der grössten Do-328-Flotte. Mehr als ein Dutzend Exemplare der dort als C-146a Wolfhound bezeichneten Maschine sollen im Einsatz sein.

Auch die deutsche Charterfluggesellschaft Private Wings setzt mit neun Do-328-Turboprops und einem Do-328-Jet fast ausschliesslich auf diesen Flugzeugtyp, ebenso der Wettbewerber MHS Aviation, der sechs Do-328-Maschinen betreibt. Daraus lässt sich schliessen, dass zumindest die Turboprop-Version wirtschaftlich zu betreiben ist, wenn das entsprechende Einsatzprofil massgeschneidert für das Kurzstreckenflugzeug gewählt ist.

Die erste Baureihe Dornier Do 328-100 mit Propellerturbine entstand ab 1991 am Flughafen Oberpfaffenhofen. Später wurde sie zur Jet-Version mit zwei Strahlantrieben weiterentwickelt. Ein echter Erfolg wurden beide Varianten dennoch nicht: Der Hersteller Fairchild-Dornier sowie das einstige Nachfolgeunternehmen AvCraft Aviation verkauften bis 2005 lediglich 220 Exemplare, 107 von der Turboprop und 110 als Jet, dazu kommen drei Prototypen.

«Überentwickelt» und zu teuer

Die Do 328 in der Turboprop-Variante gilt als gutes Flugzeug, war aber in den Augen vieler Experten zur damaligen Zeit «überentwickelt». Denn sie war zu teuer und wohl auch zu komplex für ein 30-sitziges Regionalflugzeug. Als sie Ende der 1980er Jahre bei der deutschen Dornier Luftfahrt GmbH als damaliger Tochtergesellschaft des Daimler-Benz-Unternehmens Dasa konzipiert wurde, war vermutlich – getreu dem Mercedes-Slogan – nur das Beste gut genug.

Deshalb hätten wohl auch mehr als 300 Exemplare gebaut werden müssen, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Ausserdem hatten in den 1990er Jahren Turboprops ein Imageproblem: Sie galten bei Passagieren als altmodisch, stattdessen waren Jets angesagt. Dabei haben Flugzeuge mit Propellerturbinen wegen ihrer geringen Start- und Landestrecken sowie wegen des deutlich geringeren Kerosinverbrauchs klare Vorteile auf kürzeren Distanzen gegenüber einem zwar schnelleren, aber auch kostenintensiveren Jet.

1996 wurde die Dornier Luftfahrt GmbH des amerikanischen Herstellers Fairchild übernommen und zur Fairchild-Dornier. 1997 brachte das Unternehmen auch eine zweistrahlige Variante, die Do 328-300, auf den Markt. Um diesen Jet möglichst preiswert entwickeln zu können, wurde auf hohe Übereinstimmung mit der Turboprop-Version geachtet. Deshalb sind Länge, Höhe, Spannweite sowie Flügelfläche beider Flugzeuge identisch.

Die Jet-Variante ist mit maximal 737 km/h allerdings bis zu 117 km/h schneller als ihre Propeller-Schwester. Das amerikanisch-deutsche Unternehmen Fairchild-Dornier übernahm sich allerdings später bei den Entwicklungskosten der grösseren Do 728 und meldete 2002 Insolvenz an. Mehr als 130 Exemplare von Do-328-Turboprops und -Jets fliegen bis heute.

Gebaut werden soll künftig aber nicht die Jet-Version, sondern lediglich die modernisierte Turboprop-Variante D328eco. Sie wird vermutlich knapp über 600 km/h schnell sein und dürfte eine Reichweite von etwa 1800 Kilometern aufweisen. Die Twin wird bis 30 000 Fuss (rund 9100 Meter) hoch fliegen können.

Neue und sparsamere Turbinen vom Typ Pratt & Whitney Canada PW127XT-S, die auch Sustainable Aviation Fuel nutzen können, sowie leisere und modernere Propeller sollen die D328eco zum umweltfreundlichsten Verkehrsflugzeug ihrer Klasse machen.

Auch die Steuer-Elektronik (Avionik) des Herstellers Garmin wird komplett neu sein. Deshalb muss das nun stark modifizierte Flugzeug eine umfangreiche Testerprobung durchlaufen und kann nicht einfach mit der alten Easa-Musterzulassung weiter betrieben werden.

Die Erfolgschancen dürften akzeptabel sein: Etliche betagte Turboprop-Verkehrsflugzeuge der 30- bis 50-Sitzer-Klasse werden in den nächsten Jahren ausgemustert. Sie könnten auch durch neue D328eco ersetzt werden.

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