Samstag, Oktober 5

Wenn es um die AfD geht, wirken viele Medienvertreter merkwürdig befangen. Sie behandeln die Rechten wie Aussätzige statt wie Oppositionspolitiker.

Beinahe zwanghaft wirkte die Anmoderation einer ARD-Journalistin am Abend der ostdeutschen Landtagswahlen: «Zum ersten Mal könnte eine gesichert rechtsextremistische Partei, und als solche wird die AfD vom Verfassungsschutz in Thüringen und Sachsen eingestuft, könnte eine gesichert rechtsextremistische Partei die meisten Stimmen in einem oder gleich zwei deutschen Landtagen erringen.»

Die Sprecherin etikettierte die AfD gleich zweimal als extremistisch. Sie brachte damit ihre Empörung über das gute Wahlergebnis der AfD zum Ausdruck und schien gleichzeitig vor der Partei warnen zu wollen. Das Verhalten der ARD-Sprecherin ist symptomatisch für den Umgang vieler Journalisten mit der Alternative für Deutschland. Das Verhältnis ist schon seit der Parteigründung im Jahr 2013 angespannt.

Journalisten lehnen die AfD ab, und Teile der AfD lehnen Journalisten ab, die ihnen nicht wohlgesinnt sind. Sie sprechen häufig von den «Systemmedien», der «Lügenpresse» oder der links-grünen «Journaille». Journalisten wiederum bezeichnen die AfD gerne als «undemokratisch», sogar ihre Wähler werden mit halboffener Verachtung gestraft. Ein MDR-Moderator sagte in einer Live-Sendung am Wahlabend: «Der mit den meisten demokratischen Stimmen ist momentan Mario Voigt.» Im Umkehrschluss wären die Stimmen für die AfD undemokratisch.

Alles Faschisten?

Für den Wahltag sprach die Chefredaktorin des ZDF, Bettina Schausten, einen Kommentar ein. «Am 1. September 1933 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen. Deutschland überzog die ganze Welt mit Leid und Tod, ermordete 6 Millionen Juden. Am 1. September 2024, auf den Tag 85 Jahre danach, wird im deutschen Bundesland Thüringen eine Partei stärkste politische Kraft, die laut Verfassungsschutz erwiesen rechtsextremistisch ist, mit einem Kandidaten an der Spitze, der wie ein Faschist redet und auch so genannt werden darf.»

Gemeint ist Björn Höcke, Spitzenkandidat der AfD in Thüringen, dessen Partei bei den Landtagswahlen mit knapp 33 Prozent das stärkste Ergebnis ihrer Geschichte einfuhr. Höcke gehörte dem rechtsnationalen «Flügel» des Landesverbands an, der 2020 aufgelöst wurde. Der AfD-Politiker und ehemalige Geschichtslehrer provoziert bewusst mit einer Rhetorik, die an den Nationalsozialismus erinnert.

Doch ist er deshalb ein Faschist? Viele seiner Reden sind von einem hetzerischen Stil, für Politiker der etablierten Parteien hat Höcke nur Hohn übrig, mit Leichtigkeit bedient er antisemitische Narrative. Aber er ruft nicht zur Gewalt gegen Ausländer oder Andersdenkende auf. Mehrfach hat er angekündigt, den öffentlichrechtlichen Rundfunk in seiner jetzigen Form abschaffen zu wollen. Darauf, dass er die Demokratie abschaffen will, gibt es keine ernstzunehmenden Hinweise.

Bei Hitler hat man das Unheil auch nicht kommen sehen, würden einige Medienvertreter antworten. In einem langen Essay des «Spiegels» von August 2024 lautet eine «Erkenntnis», die man aus dem Jahr 1933 ziehen müsse: «Eine falsche Entscheidung, die sich richtig anfühlt, und schon ist Hitler Reichskanzler.»

Auf dem Titelbild der Ausgabe sind der amerikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump, die französische Politikerin des Rassemblement national Marine Le Pen und der thüringische Landeschef der AfD Björn Höcke in einer Reihe zu sehen. Das Cover ist in den Farben der deutschen Flagge gehalten, den Abgebildeten wird ein faschistisches Weltbild zugeschrieben.

Überbietungswettbewerb linker Medien

Es ist nicht das einzige Titelbild dieser Art. Linke Magazine überbieten sich regelmässig mit Fotomontagen und Illustrationen in der Dämonisierung von AfD-Politikern. Der «Stern» bildete die Bundesvorsitzende Alice Weidel ab mit der Frage: «Was können Sie eigentlich ausser Hass?» Das Wort «Hass» war in Frakturschrift geschrieben, das Doppel-S soll wohl an die SS erinnern.

Die Behandlung durch die Medien scheint bei einigen betroffenen Politikern wiederum zu einer erhöhten Kaltschnäuzigkeit zu führen. Der Parteichefin Weidel merkt man die jahrelangen Diffamierungen inzwischen an. Kaum ein Interview vergeht, ohne dass sie auf die «Nazis in ihrer Partei» oder den «Faschisten Höcke» angesprochen wird.

In einer Pressekonferenz antwortete sie mit unbeeindrucktem Gesichtsausdruck auf die Frage eines Reuters-Journalisten: «Wer sind Sie eigentlich, ich hab Sie noch nie gesehen, Sie haben sich ja auch eben kaputtgelacht. Bisschen unseriös.» – «Ich hab nur einmal gelacht», entgegnet der Journalist. «Wer sind Sie denn?», will Weidel erneut wissen. Die Frage habe sie schon beantwortet, sagt sie und guckt demonstrativ weg.

Im Sommerinterview der ZDF wirkte sie mit fortschreitender Zeit aggressiver, sprach von «Schiessbudenfiguren» – gemeint waren wohl Politiker der Ampelkoalition. Die Redaktion des ZDF hatte sich als Kulisse für das Gespräch dafür entschieden, Weidel im Wald zu platzieren. Der deutsche Wald gehört zum Mythos des Nationalsozialismus. Eine ähnliche Inszenierung würde man mit Politikern der Grünen oder der SPD nicht machen. Es gehört zur Spezialbehandlung der AfD.

In Talkshows ist die AfD unterrepräsentiert – schaden tut es nicht

Auch in den Talkshows der öffentlichrechtlichen Sender ist die AfD gemessen an ihrem Sitzanteil im Deutschen Bundestag unterrepräsentiert, wie Daten zeigen. Eine Auswertung aus dem ersten Halbjahr von 2024 zeigt, dass in Gesprächsrunden von ARD und ZDF Politiker der AfD neun Mal zu Gast waren und damit sogar weniger als Vertreter der Linkspartei, die zwölf Mal zu Gast waren.

Die Frontfrau des neu gegründeten Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) war ebenfalls zwölf Mal zu Gast. Schon vor der Gründung war Wagenknecht eine der gefragtesten Gesprächspartnerinnen. Ohne diese konstante Medienpräsenz wäre der überraschende Erfolg des BSW bei den Landtagswahlen möglicherweise nicht erreicht worden.

Gefruchtet haben Dämonisierung und Verbannung nicht. Im Gegenteil. Früh ist die AfD auf alternative Kanäle ausgewichen. Sie sendet reichweitenstark und ohne kritische Einordnung durch Journalisten auf Youtube, Telegram, Tiktok und anderen Plattformen. Ihre Anhänger scheinen das zu goutieren und vielleicht sogar zu schätzen. Denn die wenigsten dürften es gut finden, wenn die Politiker, die sie wählen, in den Medien immer wieder als Faschisten beschimpft werden.

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