Donnerstag, April 24

Der Kanton hat den Zugang zum Online-Grundbuch angepasst. Auf ein Log-in will er verzichten.

Wem gehört eigentlich das Nachbarhaus? Und wohnt in der schicken Villa am Hang wirklich der Gemeindepräsident? Mit einem Klick ins Online-Grundbuch wollte es der Kanton Zürich ermöglichen, unkompliziert die Eigentümerschaft eines bestimmten Grundstücks zu ermitteln.

Im letzten Sommer war die Online-Abfrage aufgeschaltet worden – ein Service, der in anderen Kantonen längst Standard ist, denn Eigentümerdaten sind öffentlich zugänglich. Bisher musste man dafür aber auf dem Grundbuchamt anrufen. Damit sollte es vorbei sein.

Das Interesse an der neuen Dienstleistung war gross. Kurz nach der Aufschaltung des Online-Grundbuchs Ende August wurden riesige Datenmengen abgefragt. Die Zahl der Abfragen sprang auf fast 12 000 an einem Tag, zwei Monate später pendelte sich die Zahl dann bei knapp 6300 Anfragen ein.

Doch was Zürich als neusten Coup in der Digitalisierung feierte, erwies sich rasch als IT-Flop. Und es sollte Monate dauern, bis die Probleme behoben werden konnten.

Schon kurze Zeit nach Aufschaltung des neuen Services konnten Nutzerinnen und Nutzer Abfragen nur noch in den frühen Morgenstunden tätigen. Wer es später versuchte, dem wurde beschieden, die Abfragenlimite sei schon erreicht. Die zuständigen Techniker hatten die Limiten gezielt herabgesetzt, weil es Hinweise auf Missbrauch gab, wie die Tamedia-Zeitungen berichteten.

Zweifel an den Sicherheitsmassnahmen

Problematisch beim Abrufen von öffentlichen Daten sind Massenabfragen. Denn Sammler von Informationen könnten Paralleldatenbanken für kommerzielle oder gar kriminelle Zwecke anlegen. Der Kanton Zürich wollte automatisierte Abfragen mit einer sogenannten Captcha-Prüfung verhindern: einem Bilderrätsel, auf dem man etwa Fotos mit Velos anklicken muss.

Experten bezweifelten allerdings von Anfang an, dass diese Sicherheitsmassnahmen genügten. Gegenüber der NZZ erklärte der auf Datenschutz spezialisierte Zürcher Rechtsanwalt Martin Steiger, diese seien «nicht zeitgemäss».

Im Oktober stellte das für das System zuständige Notariatsinspektorat fest, dass es tagelang unerklärliche Häufungen von Abfragen in wechselnden Gemeinden gegeben hatte. Ob es wirklich eine Massenabfrage gab und wenn ja, von welcher Quelle, konnte nicht abschliessend geklärt werden. Stattdessen beschäftigten sich Techniker mit der Frage, ob zusätzliche Sicherheitselemente notwendig sind.

Das Problem mit den Massenabfragen hatte lange zuvor auch der Kanton Aargau erkannt, der Zürich mit dem Online-Grundbuch voraus war. Dort konnte es erst mit der Einführung einer Zwei-Faktor-Authentifizierung per Mobiltelefon gelöst werden. Jeder Nutzer muss ein Konto anlegen und sowohl Name als auch Telefonnummer angeben.

Im Kanton Zürich wurde als Reaktion auf den möglichen Missbrauch der öffentliche Zugang zu den Daten eingeschränkt. Pro Gerät waren nur noch zwei statt fünf Abfragen pro Tag möglich. Zudem wurde die Maximalzahl der täglichen Abfragen insgesamt herabgesetzt.

Inzwischen sind wieder fünf Abfragen pro Tag möglich. Um die Gefahr von Missbrauch zu verringern, hat das Notariatsinspektorat gemäss Mitteilung ein neues Authentifizierungssystem eingeführt: Um das Online-Grundbuch verwenden zu können, müssen Nutzerinnen und Nutzer ihre Handynummer angeben und erhalten dann kostenlos per SMS einen Bestätigungscode auf ihr Mobiltelefon. Dieser muss anschliessend ins Feld im Abfragesystem eingetippt werden.

Ein Log-in wie im Kanton Aargau ist weiterhin nicht nötig. Die verwendete Mobiltelefonnummer wird aber im Auskunftssystem zwei Jahre lang gespeichert und danach wieder gelöscht.

«Keine hohen Kosten angefallen»

Weshalb hat Zürich nicht von Anfang an das Aargauer System kopiert?

Vor der Einführung des Auskunftssystems seien diverse Optionen für eine Zugangskontrolle evaluiert worden, sagt der Mediensprecher des Zürcher Notariatsinspektorats Lukas Häusermann. Man habe sich für die Captcha-Prüfung entschieden, weil sie einfach in der Anwendung und kostengünstig sei.

Durch die nun vollzogene Kehrtwende seien keine hohen Kosten angefallen, betont Häusermann. Bei der Captcha- und der SMS-Lösung handle es sich um Standardprodukte, die in das eigene System eingebunden worden seien und die lediglich «Kosten im tiefen vierstelligen Bereich» ausgelöst hätten.

Auch die internen Kosten der Einbindung würden sich in Grenzen halten, sagt Häusermann. Das Auskunftssystem müsse sowieso überwacht werden und sei vom Bund vorgegeben.

Immerhin: Die Grundbuchabfrage funktioniert nun wieder. Auch nach acht Uhr morgens.

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