Nvidia wird zum Opfer des Handelskriegs von US-Präsident Trump. Der Halbleiterkonzern darf keine Datacenter-Chips mehr nach China liefern, was einen happigen Abschreiber bedeutet. Auch für andere Tech-Konzerne wird es heikel. Das Risiko negativer Überraschungen in der Berichtssaison ist gross.
Die amerikanischen Aktienmärkte haben sich etwas erholt. So richtig traut der Lage aber wohl kaum jemand. Der S&P 500 hat am Dienstag 0,2% schwächer geschlossen, der Nasdaq 100 mit den grössten Technologiewerten ist mit marginalen Gewinnen aus dem Handel gegangen.
Nach der Gegenbewegung der vergangenen Tage bewegt sich der S&P 500 noch rund 12% unter seinem Allzeithoch. Der Nasdaq 100 notiert 15% unter der Bestmarke vom 19. Februar. Am Gesamtbild hat sich weniger verändert. Defensive Aktien aus den Sektoren Basiskonsum, Versorger und Gesundheit liegen seit Anfang Jahr vorne. Am hinteren Ende des Tableaus rangieren Unternehmen aus den Sektoren zyklischer Konsum und Informationstechnologie.
Diverse prominente Tech-Aktien haben seit dem Tief von letzter Woche einen imposanten Sprung gemacht. Branchenleader Apple zum Beispiel hat mehr als 17% gewonnen, Nvidia konnte ebenfalls rund 17% aufholen und Broadcom ist 15% avanciert. Insgesamt verzeichnen die Large Caps aus dem Nasdaq 100 ein Plus von 10% .
Es ist gut möglich, dass der freundliche Trend noch etwas anhält. Fakt ist aber auch, dass sich die spektakulärsten Kurssprünge meist in Bärenmärkten abspielen. Gemäss Dan Niles, einem Tech-Investor mit langjähriger Erfahrung und Gründer von Niles Investment Management, gelang dem S&P 500 während der Finanzkrise von 2008/09 in elf Episoden eine Rally von durchschnittlich 10%, wobei er in anderthalb Jahren aber insgesamt 57% verlor. Nach dem Platzen der Internetblase im März 2000 preschte der US-Leitindex in sieben Phasen durchschnittlich 14% vor, fiel aber bis zum Tief im Oktober 2022 annähernd 50%.
Eine Ausnahme ist das Verhalten der Märkte nach dem Ausbruch der Covid-Pandemie im Frühjahr. Der S&P 500 verbuchte damals gleich drei seiner zehn grössten Tagesgewinne in der Nachkriegszeit. Nachdem er das Tief am 23. März 2020 markiert hatte, stand er Ende Jahr mehr als 50% höher. Die amerikanische Wirtschaft wurde seinerzeit aber mit präzedenzlosen Stimulusmassnahmen aufgepumpt.
Heute ist das Gegenteil der Fall. Die chaotische Zollpolitik der US-Regierung von Präsident Donald Trump verunsichert Unternehmen und Haushalte. Im öffentlichen Sektor werden Tausende von Jobs gestrichen, und weil das Risiko eines erneuten Inflationsschubs beträchtlich ist, wird die US-Notenbank bezüglich Zinssenkungen voraussichtlich bis mindestens Mitte Juni abwarten.
Vorsichtig stimmt in diesem Kontext, dass die amerikanische Wirtschaft bereits seit Herbst an Dynamik verliert. Der negative Trend hat sich in den vergangenen Wochen akzentuiert. Der Citi Economic Surprise Index, der die Abweichung der Konjunkturdaten von den Schätzungen der Ökonomen misst, schwächt sich rasch ab. Selbst wenn die Trump-Regierung ihre groteske Zollpolitik abrupt aufgeben würde, könnte es daher schon zu spät sein, um einen Abschwung zu verhindern.
Ein anschauliches Beispiel zum toxischen Mix aus rückläufigem Wachstum und anhaltendem Inflationsdruck liefert der Empire State Index, der die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe des Grossraums New York abbildet. «Was die Aussichten betrifft, sind Unternehmen zum ersten Mal seit 2022 pessimistisch», hiess es im monatlichen Bericht gestern Dienstag. Von den allgemeinen Geschäftsbedingungen über neue Bestellungen bis hin zu den Auslieferungen und Kapitalinvestitionen knicken die Vorlaufindikatoren reihenweise ein.
Derweil verschärfen sich inflationäre Tendenzen. Wie die Umfrage der Fed-Distriktnotenbank New York ergibt, rechnen Industrieunternehmen sowohl bei den Bestellungen als auch bei den Auslieferungen mit dem stärksten Preisanstieg seit mehr als zwei Jahren.
Umso wichtiger werden die Abschlüsse zum ersten Quartal, die in den kommenden Tagen eintreffen. Anlegerinnen und Anleger haben bisher nur vereinzelte Anhaltspunkte dazu, was die US-Zölle und allfällige Gegenmassnahmen für Umsatz und Margen der Unternehmen bedeuten. Fragen zu den Auswirkungen des Handelskonflikts werden deshalb bei den Ergebnispräsentationen im Fokus stehen.
Aus diesem Grund wagen wir in der heutigen Ausgabe von «The Pulse» eine Vorschau auf die Berichtssaison und befassen uns mit den Top-Themen für Tech-Investoren.
Nvidia schockt mit Milliardenabschreiber
Auf die Börsen kommt in den nächsten Tagen ein massiver Fluss von Unternehmensnachrichten zu. Die heisse Phase der US-Berichtssaison beginnt ab nächster Woche und erreicht den Höhepunkt gegen Ende Monat. In der Woche vom 28. April rapportieren mehr als 170 Konzerne aus dem S&P 500, die zusammen ein Drittel der Marktkapitalisierung des Index ausmachen.
Im Tech-Sektor hat Ericsson am Dienstag den Auftakt gemacht. Die Resonanz auf die Zahlen des schwedischen Herstellers von Telecom-Equipment ist positiv. Die in New York gehandelten ADR-Titel (American Depositary Receipts) legten bis Handelsschluss über 8% zu.
Wie das Management berichtet, haben Netzbetreiber aus Nordamerika im Vorfeld der Zölle mehr Bestellungen aufgegeben. CEO Börje Ekholm geht davon aus, dass Auflagen für US-Importe die operative Marge im zweiten Quartal um einen Prozentpunkt belasten werden, womit sich der negative Effekt vorerst in Grenzen hält.
Doch es gibt auch weniger gute News. Nvidia sorgte gestern nach Handelsschluss für eine böse Überraschung, die einen Schatten auf die anstehenden Unternehmensberichte wirft: Der Halbleiterkonzern warnt vor einem Abschreiber von bis zu 5,5 Mrd. $ im ersten Quartal per Ende April. Der Grund dafür ist eine Korrektur auf dem Lagerbestand an H20-Grafikchips. Der Aktienkurs büsste nachbörslich mehr als 6% ein.
Nvidia hatte die H20-Prozessoren für Rechenzentren speziell dafür konzipiert, dass die Restriktionen der Biden-Administration für Halbleiter-Exporte nach China nicht verletzt werden. Doch jetzt eskaliert die Trump-Regierung den Technologiekrieg. Der Export von Chips, die für künstliche Intelligenz genutzt werden könnten, wird noch mehr verschärft, womit Nvidia auch die H20-Prozessoren nicht mehr in die Volksrepublik verkaufen darf.
Das Unternehmen legt die Quartalszahlen am 28. Mai vor. Gemäss Analystenschätzungen dürfte sich der Umsatz mit H20-Prozessoren im vergangenen Geschäftsjahr auf 12 bis 15 Mrd. $ belaufen haben, was rund 10% der konzernweiten Einnahmen entspricht. Die Intervention kommt auch deshalb unerwartet, weil Nvidia-Chef Jensen Huang erst vor wenigen Tagen für ein Dinner mit Donald Trump 1 Mio. $ hingeblättert hatte. Das Weisse Haus würde von einem Verbot von Exporten nach China absehen, hiess es kurz darauf.
Der Abschreiber dämpft die Stimmung im ganzen Halbleitersektor. Am Dienstagabend kamen auch die Aktien von Branchennachbarn wie AMD, Broadcom und Marvell Technology unter Druck.
Die Auswirkungen des Handelskonflikts auf die Halbleiterindustrie werden im weiteren Verlauf der Woche noch mehr zu Reden geben. Am Mittwochmorgen hat der niederländische Halbleiterzulieferer ASML die Zahlen veröffentlicht, wobei der Auftragseingang hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Am Donnerstagmorgen folgt die taiwanische Chipschmiede TSMC. Nach Handelsschluss in den USA präsentiert dann der Streaming-Pionier Netflix das Ergebnis.
In der kommenden Woche warten Tesla, SAP, IBM, Texas Instruments, Intel und der Google-Mutterkonzern Alphabet mit den Zahlen auf. Weitere Schwergewichte wie Microsoft, Meta Platforms, Apple, Amazon und Qualcomm präsentieren den Leistungsausweis gegen Ende Monat.
Sportliche Vorgaben für Tech-Konzerne
Die anlaufende Saison der Unternehmensabschlüssen stand ohnehin unter schwierigen Vorzeichen. Nach den mehrheitlich durchwachsenen Ergebnissen zum vierten Quartal ist die Stimmung im Tech-Sektor seit Monaten angespannt. Generell wurden die Geschäftszahlen der Konzerne aus dem S&P 500 schon in der letzten und vorletzten Berichtssaison überwiegend negativ aufgenommen.
Mit der Eskalation des Handelskonflikts nimmt die Verunsicherung weiter zu – nicht nur was die operative Performance von Corporate America betrifft, sondern weltweit. Der Citi Earnings Revision Index, der Adjustierungen der Analystenschätzungen misst, ist auf den tiefsten Stand seit dem Gewinneinbruch während der Pandemie gesunken.
Das Hauptproblem ist, dass sich die Auswirkungen der Zölle höchstens ansatzweise abschätzen lassen. Trump kann seine Meinung zudem bekanntlich jederzeit ändern, womit das Spektrum möglicher Szenarien extrem breit ist. Obschon die Gewinnschätzungen nach unten revidiert werden, könnten sie unter Umständen noch immer auf zu optimistischen Annahmen basieren; etwa im Fall einer Rezession.
Gemäss dem Datendienst LSEG rechnet der Analystenkonsens damit, dass die Konzerne im S&P 500 den Gewinn im ersten Quartal um 8% gegenüber dem Vorjahr steigern konnten. Für Unternehmen aus dem IT-Sektor wird eine Verbesserung von 16% erwartet. Für das zweite Quartal wird mit einem Gewinnwachstum von rund 9% für den S&P 500 und 19% für die IT-Branche gerechnet.
Eine überragende Performance wird weiterhin von den Magnificent Seven erwartet. Die sieben Superstars Apple, Microsoft, Nvidia, Amazon, Alphabet, Meta Platforms und Tesla dürften den Gewinn gemäss den Analystenschätzungen im ersten und zweiten Quartal 17 respektive 19% steigern. Im zweiten Halbjahr soll sich das Niveau dann etwas an die Leistung der restlichen Konzerne im S&P 500 angleichen. Der Abschreiber von Nvidia wird in diesen Daten nicht reflektiert.
Für das Gesamtjahr 2025 haben Analysten ihre Schätzungen zum Gewinnwachstum des S&P 500 seit Anfang Jahr von 14% auf etwas weniger als 10% revidiert. Die grössten Abstriche wurden in den Sektoren Industrie, Grundstoffe und zyklischer Konsum vorgenommen. Bei Energiekonzernen geht der Konsens nach dem Einbruch des Ölpreises jetzt von sinkenden Gewinnen aus.
Ziemlich bescheiden sind die Revisionen beim IT-Sektor. Das erstaunt, denn das Exposure vieler Tech-Konzerne ist hinsichtlich Zölle und anderer Handelsrestriktionen überdurchschnittlich gross. Auch ist kein anderer Sektor mehr von Einnahmen ausserhalb des US-Heimmarkts abhängig.
Geschäftsprognosen werden ausgesetzt
Angesichts der hohen Unsicherheit wird sich die Aufmerksamkeit in dieser Berichtssaison noch stärker als sonst auf die Prognosen der Unternehmen richten. Eine besonders wichtige Rolle dürften in diesem Zusammenhang Aussagen zu den Kapitalinvestitionen spielen.
Erste Daten deuten auf eine markante Abschwächung der Zuversicht hin. Gemäss dem US-Aktienresearch von Bank of America ist das Verhältnis von Unternehmen, die mit ihrer Prognose die Analystenschätzungen übertreffen, zu Unternehmen, die enttäuschen, auf den tiefsten Stand seit April 2020 gefallen.
Im ersten Schock nach dem Ausbruch der Pandemie setzten zu dieser Zeit viele Unternehmen die Prognose aus. Für das zweite Quartal 2020 wagten sogar nur noch 10% der Konzerne aus dem S&P 500 einen konkreten Ausblick, wogegen es sonst normalerweise rund 40% sind. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass es hinsichtlich Aussagen zum künftigen Geschäftsverlauf auch in den kommenden Tagen ungewöhnlich still wird.
«Wir gehen davon aus, dass die meisten Technologieunternehmen bei der Ergebnisbesprechung zum ersten Quartal keine Prognose abgeben werden», meint Dan Ives, Analyst in Diensten des Brokers Wedbush Securities. Ein aktuelles Beispiel ist Logitech. Der Hersteller von Computerzubehör, der einen bedeutenden Teil seiner Produktion in China angesiedelt hat, zog letzte Woche den Ausblick für das Geschäftsjahr 2025/26 zurück.
Unternehmen, die auch in schwierigen Zeiten Anhaltspunkte zum künftigen Geschäftsgang geben können, werden an der Börse in der Regel mit einer Bewertungsprämie belohnt. In der Anfangsphase der Pandemie erreichte dieser Aufschlag einen Rekordwert. In den nächsten Monaten dürfte sich ein ähnliches Muster abzeichnen. Im Tech-Sektor sind Softwareunternehmen diesbezüglich in einer relativ komfortablen Position. Schwieriger könnte es für Konzerne aus den Segmenten Halbleiter und Tech-Hardware werden.
Eine Schlüsselfrage ist in diesem Kontext ebenfalls, was Unternehmen zu den Absichten für ihre Kapitalausgaben sagen. Die Trump-Regierung hat es zwar zum Ziel erklärt, Investitionen in den Standort Amerika zu fördern. Angesichts der Ungewissheit um Zölle könnten viele Konzerne ihre Pläne für grösserer Projekte aber vorerst auf Eis legen. Sollte das tatsächlich der Fall sein, wären das auch schlechte Nachrichten für die Konjunkturaussichten in den USA generell.
Ein bedeutender Teil der Kapitalinvestitionen entfiel in den vergangenen zwei Jahren auf das Wettrüsten im Bereich künstliche Intelligenz. Microsoft, Amazon, Alphabet und Meta haben 2024 insgesamt 227 Mrd. $ in Rechenzentren und andere IT-Infrastruktur investiert, was einem Anteil von mehr als 21% an den gesamten Kapitalinvestitionen im S&P 500 gleichkommt.
Für dieses Jahr gehen Analysten davon aus, dass die Kapitalinvestitionen der vier Tech-Riesen auf mehr als 300 Mrd. $ steigen. Da sich Einnahmen mit KI-Diensten aber nicht richtig abschätzen lassen, dürften kritischen Fragen zu den Ausgaben im aktuellen Umfeld zunehmen. Es würde daher nicht überraschen, wenn es nach dem Investitionsboom der letzten Jahre bald zu einer Verdauungsphase kommt.
Deep Diving
An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:
- Larry Summers Leistungsausweis als US-Finanzminister unter Bill Clinton und Wirtschaftsberater von Barack Obama ist umstritten. Dennoch gehört er zu den einflussreichsten Ökonomen der Gegenwart und hat früh vor dem Inflationsschub nach der Pandemie gewarnt. Wer sich für das grosse Bild in der Weltwirtschaft und an den Finanzmärkten interessiert, sollte dieses Interview mit ihm nicht verpassen. Im Gespräch mit dem Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson spricht Summers über die Neuausrichtung des globalen Handelssystems sowie über den Konflikt zwischen den USA und China. Als Verwaltungsrat von OpenAI äussert er sich auch zum Potenzial künstlicher Intelligenz.
- An letzteres Thema knüpft der nächste Beitrag an. Nicht nur amerikanische Tech-Riesen wie Microsoft, Amazon und Alphabet investieren massiv in KI. Auch in China sind in den letzten Jahren gigantische Summen für Rechenzentren aufgewendet worden. Doch wie die «MIT Technology Review» in diesem Hintergrundbericht darlegt, werden viele Investments in Rechenkapazität nun wegen einer verhaltenen Nachfrage und einer Trendverschiebung durch DeepSeek und andere innovative KI-Modelle in Frage gestellt.
- James Cameron gehört zu den erfolgreichsten Hollywood-Produzenten. Der kanadische Filmemacher hat Kassenschlager wie «The Terminator», «Aliens», «Titanic» und «Avatar» in die Kinos gebracht. Für seine Produktionen wendet er oft die neusten Technologien an. In diesem Podcast-Interview teilt der 70-Jährige faszinierende Gedanken zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in der modernen Filmproduktion und speziell für Special Effects.
Und zum Schluss noch dies: «Tim Apple» Strikes Again
Es fällt schwer, auf dem Laufenden zu bleiben. Was Zölle betrifft, wechselt die US-Regierung von Präsident Donald Trump die Meinung ständig, manchmal sogar mehrmals am Tag. Hiess es Ende letzter Woche, dass chinesische Exporte von Smartphones, Computern und anderen Tech-Geräten von Restriktionen ausgenommen werden, haben sich diese Aussagen bereits wieder relativiert.
Wie es im Handelskrieg zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften weitergeht, bleibt ein Ratespiel für die Märkte. Doch wie es scheint, kann auch Apple zumindest etwas aufatmen. Obschon sich der wertvollste Konzern der Welt bemüht, seine Lieferketten zu diversifizieren, bleibt er weitgehend von China abhängig. Die Volksrepublik ist nicht nur ein bedeutender Absatzmarkt, sondern vor allem auch der wichtigste Produktionsstandort.
Apple setzt als Alternative zwar verstärkt auf Indien. Wie es heisst, soll der Konzern letzte Woche eilig rund 1,5 iPhone-Geräte mit einem Gewicht von insgesamt 600 Tonnen von der indischen Fabrik in Chennai in die USA geflogen haben. Dies, um Trumps Zöllen zuvorzukommen.
Rund 80% der iPhone-Produktion entfällt indes noch immer auf China. Der Grossteil davon wird in einem riesigen Fabrikkomplex in Zhengzhou vom Auftragsproduzenten Foxconn gefertigt. Auch als «iPhone City» bezeichnet, lief der Betrieb gemäss der «Financial Times» dort in den vergangenen Wochen mehr oder weniger normal, auch wenn sich viele Fabrikarbeiter um die Auswirkungen des Handelskriegs auf ihren Job sorgen.
Dass sich Apples unbequeme Situation hinsichtlich China zumindest temporär etwas entspannt hat, dürfte massgeblich der Lobbyarbeit von Tim Cook zu verdanken sein. Der Apple-CEO und Trump haben eine lange Geschichte. Von Trump auch schon versehentlich «Tim Apple» genannt, gelang es Cook im ersten Handelskonflikt von 2018/19, dass der Konzern von US-Importrestriktionen ausgenommen wurde.
Wie damals hat sich der Apple-Chef in den vergangenen Monaten erneut beim Weissen Haus angebiedert. Unter anderem spendete er 1 Mio. $ aus seinem persönlichen Portemonnaie für die Feier von Trumps Vereidigung. Apple zählte auch zu den ersten Konzernen, die unmittelbar nach Trumps Amtsantritt eine Grossinvestition in den Standort Amerika angekündigt haben.
Apples Ausgaben in den USA sollen sich über die nächsten vier Jahre auf insgesamt rund 500 Mrd. $ belaufen, versprach Cook grossspurig gegen Ende Februar. Auf den ersten Eindruck hört sich das nach einer beträchtlichen Anstrengung an. In der Medienmitteilung wurde allerdings nicht erwähnt, dass diese Summe mehr oder weniger dem bisherigen Umfang von Apples US-Investitionen entspricht.
Zu den prestigeträchtigsten Projekten des Unternehmens gehört ein Campus für den Streaming-Dienst Apple TV+ in Los Angeles. Die Bauarbeiten in der Gegend von Culver City sind in den letzten Wochen in Gang gekommen. Geplant sind zwei mondäne Gebäude mit mehr als 50’000 Quadratmetern Nutzfläche für Büros und Filmstudios sowie einer Garage für 1200 Autos.
Apple ist schon seit einiger Zeit in L.A. präsent und hegt ambitionierte Ziele im Geschäft mit Unterhaltung. 2019 lanciert, hat Apple TV+ Hits wie «Severance», «Ted Lasso» oder «The Morning Show» gelandet und mit der Tragikomödie «CODA» 2022 als erster Streaming-Dienst den Oscar-Preis für den besten Film gewonnen. Obwohl der Service tiefrote Zahlen schreibt, soll Apples Belegschaft in der Hollywood-Metropole bis 2026 auf 3000 Mitarbeitende wachsen.