Im nächsten Frühling muss die SP gleich zwei Stadträte ersetzen. Das macht die Ausgangslage für die Freisinnigen interessant.
Lange hat sie es spannend gemacht, nun ist klar: Die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) gibt ihr Amt zu den Erneuerungswahlen im Frühling 2026 nach 17 Jahren ab. Das ist eine lange Zeit. Gut, gibt es nun einen Wechsel im Stadtrat, der gemessen an den Amtsjahren überaltert ist. Dem Stadtrat fehlen die Dynamik und die Frische in der rot-grünen Hegemonie.
Mauch selbst hat in ihrer Amtszeit einen erstaunlichen Wandel durchgemacht. Wurde sie zu Beginn wegen ihrer farblosen Erscheinung als «graue Mauch» verspottet, meistert sie öffentliche Auftritte heute gut. Den Stadtrat führt sie wie eine Managerin, betont, wie wichtig ihr Teamarbeit sei.
In der Stadtbevölkerung ist sie beliebt – kein Wunder, denn Mauch erfüllt ihr und dem links dominierten Parlament jeden erdenklichen Wunsch. Liegenschaftenkäufe für Hunderte von Millionen Franken, ein Sportzentrum für 400 Millionen, ein neues Schulhaus für eine Viertelmilliarde Franken – alles kein Problem. Das Geld ist ja da, die Steuereinnahmen sprudeln.
Unter diesen Umständen ist Regieren einfach, und mit einem dicken Portemonnaie fällt es leicht, Krisen wie die Pandemie einigermassen schadlos zu überstehen. Da hat man es der Stadtpräsidentin abgesehen, dass sie eher eine Verwalterin als eine Gestalterin war. Von Innovation war bei ihr wenig zu spüren. Auch für die logische Forderung bei einer übervollen Stadtkasse – eine Steuersenkung – hat sie sich nie eingesetzt.
Eines der grössten und wichtigsten Projekte, die sie als oberste Kulturchefin anpackte und gross anpries, war das neue Förderkonzept für die Tanz- und Theaterszene. Man kann es getrost als Flop bezeichnen. Es hinterliess frustrierte Kulturschaffende, profitiert haben nur die grossen, stark subventionierten Häuser wie etwa das Schauspielhaus mit seinem erfolglosen Kurs in den letzten Jahren.
Vor den Medien bezeichnete Mauch Zürich am Montag als starke und prosperierende Stadt. Das stimmt. Doch es ist nicht Mauchs Verdienst, dass die Stadt finanziell so gut dasteht. Zürich hat seinen Wohlstand massgeblich den Banken und Versicherungen und ihren gut verdienenden Mitarbeitern zu verdanken.
Eigentlich wollte sich die Stadt vom Klumpenrisiko der – von der SP verteufelten – Finanzindustrie lösen. Davon ist man heute weit entfernt.
Auch das ist ein Erbe, das Corine Mauch hinterlässt: Unter ihr ist der Verwaltungsapparat stark gewachsen, und die Stadtpräsidentin hat bisher kein Interesse an einer Verschlankung der Strukturen gezeigt.
Das ist nicht die einzige Baustelle. Die Stadt nimmt viel Fremdkapital auf, um ihre kostspieligen Liegenschaftenkäufe zu finanzieren – und kommt beim Drittelsziel für gemeinnützigen Wohnraum doch nicht vom Fleck. Die Ausgaben steigen von Jahr zu Jahr, das Budget hat die Elf-Milliarden-Franken-Grenze geknackt.
Für magere Zeiten scheint die Stadt nicht gewappnet zu sein. Doch das Prinzip des unbegrenzten Wachstums kann auf die Dauer nicht funktionieren. Ein Wechsel an der Spitze der Stadt wäre deshalb heilsam.
Mit den Wahlen im nächsten Jahr bietet sich die Möglichkeit für eine Erneuerung im Stadtrat. Die Ausgangslage ist interessant: Weil neben Corine Mauch auch ihr Parteikollege André Odermatt nicht mehr antritt, muss die SP gleich zwei Mitglieder ersetzen. Interessiertes Personal dürfte sie genug haben.
Das gilt aber auch für die Konkurrenz, die sich nun in Position bringt. Insbesondere für die FDP als zweitstärkste Partei in der Stadt ist die Chance so gross wie schon lange nicht mehr, der rot-grünen Dominanz entgegenzutreten. Der FDP-Parteichef Përparim Avdili hat bereits angekündigt, dass die Liberalen drei Kandidaten aufstellen wollen und Anspruch auf Mauchs Nachfolge erheben.
Was das Stadtpräsidium betrifft, muss man sich keine Illusionen machen: Die Linken haben Zürich fest im Griff, und wenn der Bisherige Raphael Golta tatsächlich antritt, hat er gute Chancen, gewählt zu werden. Trotzdem müssen die Bürgerlichen versuchen, das Präsidium anzugreifen – und den Wählerinnen und Wählern eine Alternative zum linken Einheitsbrei bieten.