Donnerstag, November 28

Investoren finden wachsenden Gefallen an Anbietern preisgünstiger Medikamentenkopien. Davon profitiert auch Teva.

Bis vor wenigen Wochen hatten die rund 250 Mitarbeitenden am Hauptsitz des Basler Generikaherstellers Sandoz ihre Büros noch auf dem Campus von Novartis. Doch nun sind sie in einem Teil des Bürogebäudes Elsässertor direkt neben dem Bahnhof SBB in Basel eingemietet. Näher bei den Perrons lässt sich kaum arbeiten, was vor allem für Pendler grosse Vorteile bietet.

Konzernführung in aufgeräumter Stimmung

Mit dem Umzug hat Sandoz auch räumlich die Trennung vom ehemaligen Mutterkonzern Novartis vollzogen. Rechtlich ausgegliedert und in die Selbständigkeit entlassen wurde das Unternehmen bereits vor 13 Monaten, am 4. Oktober 2023. Gleichentags startete auch der Handel mit den Aktien von Sandoz an der SIX Swiss Exchange.

Am Montag bei der offiziellen Eröffnung des neuen Hauptsitzes zeigten sich der Verwaltungsratspräsident von Sandoz Gilbert Ghostine und der Konzernchef Richard Saynor in aufgeräumter Stimmung. Das erste volle Jahr seit der Abspaltung sei sehr intensiv, aber auch erfüllend verlaufen, sagte Ghostine.

Der Präsident zeigte sich vor allem darüber zufrieden, dass wichtige Zielvorgaben, die man im Vorfeld des Börsengangs kommuniziert habe, erfüllt worden seien. «Wir haben geliefert, was wir versprochen haben. Und das zeigt sich im Aktienkurs.»

Auf dem Weg in den SMI?

Für einen Börsenneuling hat sich Sandoz eindrücklich entwickelt. Seit vergangenem April ist der Aktienkurs des Unternehmens auf immer neue Höhen gestiegen. Am Montag erreichte er mit 40.50 Franken zeitweise einen weiteren Rekordstand.

Gegenüber dem Schlussstand am ersten Handelstag vor Jahresfrist hat sich die Notierung um zwei Drittel verteuert. Mittlerweile beträgt die Börsenkapitalisierung über 17 Milliarden Franken, und bei Sandoz ist man hoffnungsfroh, im kommenden Jahr den Aufstieg in den Swiss-Market-Index und damit in den Kreis der zwanzig wertvollsten Schweizer Konzerne zu schaffen. «Wir drücken uns dafür selbst die Daumen», sagte Ghostine.

Mit einem derart schwungvollen Start wagte vor einem Jahr bei Sandoz kaum jemand zu rechnen. Unter der Führung von Novartis war das Geschäft mit Generika jahrelang kaum gewachsen, die Profitabilität wurde durch starken Preisdruck vorab in den USA beeinträchtigt.

Zur Vorsicht mahnte auch das schwache Abschneiden direkter Konkurrenten an der Börse, namentlich der beiden anderen internationalen Schwergewichte Teva Pharmaceuticals und Viatris. Allerdings hat jüngst auch Teva an der Börse brilliert. Der Aktienkurs des israelischen Anbieters von Generika ist seit Anfang Jahr sogar um 75 Prozent gestiegen und hat damit selbst die Notierung von Sandoz überflügelt. Auch ist Teva damit der wertvollste Hersteller von Medikamentenkopien geblieben, die Börsenkapitalisierung liegt nun bei fast 21 Milliarden Dollar.

Viatris scheint hingegen weiterhin nicht auf Touren zu kommen. Der Marktwert des US-Konzerns ist seit Jahresbeginn nur leicht um 7 Prozent auf knapp 14 Milliarden Dollar gewachsen.

Wachstumsprognose zum zweiten Mal nach oben korrigiert

Sandoz hat dieses Jahr die Erwartungen für den Geschäftsverlauf bereits zweimal nach oben geschraubt. Jüngst war dies erst vergangene Woche der Fall, als das Unternehmen ankündigte, im laufenden Gesamtjahr neu mit einem Umsatzzuwachs im hohen einstelligen Prozentbereich zu rechnen. Zuvor war man – ebenfalls in Lokalwährungen – von einer Steigerung im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich ausgegangen.

Solche Anpassungen kommen bei Investoren selbstredend gut an. Noch wichtiger dürfte für Anleger aber sein, wie sich Sandoz auf mittlere Sicht schlagen wird.

Finanzanalysten trauen dem Konzern diesbezüglich einiges zu. So rechnen sie laut der Datenbank von Bloomberg damit, dass Sandoz bis 2027 den Umsatz jährlich im Durchschnitt um rund 5 Prozent erhöhen wird. Bei den beiden Konkurrenten Teva und Viatris, die anders als Sandoz neben Nachahmerprodukten indes auch Originalpräparate im Angebot haben, erwarten sie ein Wachstum von lediglich knapp 3 Prozent beziehungsweise sogar leicht schwindende Einnahmen.

Bei der Produktion noch immer abhängig von Novartis

Sandoz profitiert davon, über ein wachsendes Angebot besonders im Geschäft mit sogenannten Biosimilars zu verfügen. Diese Nachahmerprodukte beruhen anders als Generika nicht auf chemisch, sondern biotechnologisch hergestellten Medikamenten. Weil ihre Herstellung mit höheren Anforderungen verknüpft ist, gibt es weniger Konkurrenz und Preisdruck.

Allerdings ist der Basler Konzern bei der Produktion von Biosimilars noch immer stark abhängig von Leistungen seiner ehemaligen Muttergesellschaft sowie weiterer Drittfirmen. Ein grosses Produktionswerk in Slowenien befindet sich erst im Bau.

Bei allen Fortschritten, die das Management bei der Verselbständigung bereits erzielt hat, ist Sandoz damit weiterhin nicht Herr über sämtliche operativen Tätigkeiten. Hinzu kommt, dass das Unternehmen von Novartis Kostenstrukturen geerbt hat, die zum hochmargigen Geschäft mit innovativen Pharmaprodukten passen, aber nicht opportun für einen Generikahersteller sind.

Der Konzern hat begonnen, Land für Land Anpassungen vor allem bei der Administration und beim Verkauf vorzunehmen. Doch die Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern ziehen sich in die Länge. Sandoz wird in dieser Hinsicht noch eine Weile stark mit sich selbst beschäftigt sein.

«Stolzer» Schweizer Steuerzahler

Eine zentrale Rolle bei der Optimierung der Kostenstruktur, die ab kommendem Jahr jährliche Einsparungen von 200 Millionen Dollar ermöglichen soll, spielt Indien. Sandoz beschäftigt dort, verteilt über Funktionen in der Produktion, Entwicklung und Verwaltung, rund 3000 von weltweit 20 000 Mitarbeitenden.

Indien ist vom Personalbestand her damit ungefähr gleich bedeutend wie der grösste europäische Markt, Deutschland. In der Schweiz arbeiten, die Schweizer Tochtergesellschaft in Rotkreuz eingeschlossen, lediglich 400 Personen für Sandoz. Der Konzern betreibt hierzulande weder Labors noch Produktionsstätten. Man sei aber stolz darauf, in der Schweiz Steuern zu zahlen, betonte Ghostine.

Exit mobile version