Sonntag, Dezember 1

Das Fed will um jeden Preis vermeiden, dass die Inflation erneut ausser Kontrolle gerät. Die Notenbank liefert grösstenteils, was die Märkte erwartet haben.

Das lange Warten auf die Zinswende geht weiter. Die amerikanische Notenbank Fed belässt ihren Leitzins im Zielband von 5,25 bis 5,5 Prozent. Die Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) wollen die Zinsen erst senken, wenn sie mehr Klarheit darüber haben, ob die Inflation tatsächlich unter Kontrolle ist.

Dieser vorsichtige Entscheid hat sich in den vergangenen Wochen so abgezeichnet. Der amerikanischen Wirtschaft geht es zu gut, und die führenden Vertreter des Fed äusserten sich zu kritisch, als dass noch irgendjemand eine Leitzinssenkung im März erwartet hätte.

Die Zuversicht schwindet

Umso genauer haben die Marktteilnehmer unter die Lupe genommen, mit welcher Entwicklung das Fed für den weiteren Verlauf des Jahres rechnet. Im letzten Dezember hatte eine knappe Mehrheit des FOMC erwartet, dass der Leitzins Ende 2024 zwischen 4,5 und 4,75 Prozent oder sogar noch tiefer liegen wird. Zahlreiche Beobachter befürchteten, dass die Mitglieder ihre Meinung revidieren und weniger Zinssenkungen für das laufende Jahr vorsehen würden.

Das hat sich nicht bestätigt. Im Mittel erwarten die FOMC-Mitglieder noch immer, dass der Leitzins Ende 2024 bei 4,6 Prozent liegen wird. Leicht pessimistischer zeigten sie sich in Bezug auf den Absenkpfad im Jahr 2025.

Die Medienmitteilung des Fed unterscheidet sich nur in einem Punkt im Vergleich zur Kommunikation aus seiner letzten Sitzung Ende Januar. Es strich die Passage, dass sich das Jobwachstum verlangsamt hat – ein Hinweis darauf, dass auch die Notenbank überzeugt ist davon, dass die amerikanische Wirtschaft weiterhin robust unterwegs ist.

Der US-Aktienmarkt hat zunächst mit Gewinnen auf die Mitteilung des Fed reagiert.

Hartnäckige Rest-Inflation

Die Inflation in den USA liegt noch immer deutlich über dem Zielwert von 2 Prozent – im Februar betrug die Jahresteuerung 3,2 Prozent. Lässt man die volatilen Preise für Benzin und Nahrungsmittel aussen vor, ist die Inflation im Februar noch einmal merklich höher ausgefallen als erwartet.

Das Fed wird um jeden Preis eine Jo-Jo-Geldpolitik verhindern wollen, wie es sie etwa in den 1970er-Jahren betrieb. Damals beging die amerikanische Notenbank mehrfach den Fehler, den Leitzins zu früh wieder zu senken – und damit die Inflation, die man im Griff zu haben glaubte, neu zu entfachen.

Die Fed-Vertreter möchten zwar auch vermeiden, dass eine zu strikte Geldpolitik die erhoffte «weiche Landung» der Wirtschaft gefährdet und die USA doch noch in eine Rezession stürzt. Die aktuellen Wirtschaftsdaten liefern ihnen aber wenig Gründe, die Zügel frühzeitig zu lockern.

Die US-Wirtschaft läuft trotz dem hohen Zinsniveau immer noch erstaunlich robust und bedarf keines geldpolitischen Zuckerschocks. Ein Grund dafür ist auch die grosszügige Fiskalpolitik der Regierung Biden. Sie führt ihre massiven Investitionsprogramme im Wahljahr unvermindert weiter. Die damit einhergehende zunehmende Verschuldung der USA könnte für spätere Regierungen zu einem Problem werden, lindert aber derzeit die Auswirkungen der hohen Leitzinsen.

Die Arbeitslosenquote hat sich leicht auf 3,9 Prozent erhöht, was im historischen Vergleich immer noch niedrig ist; die amerikanische Wirtschaft schafft zudem weiterhin zahlreiche neue Jobs. Im Mittel beträgt das jährliche Lohnwachstum 5 Prozent, wie die Federal Reserve Bank in Atlanta berechnet hat.

Eine verfrühte Senkung des Leitzinses könnte daher das Lohnwachstum weiter anheizen und damit eine eigentliche Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen.

Angesichts der positiven Wirtschaftsdaten haben die Vertreter des Fed in den vergangenen Monaten in ihrer Kommunikation die Euphorie der Märkte ein wenig zu bremsen versucht. Notenbankchef Jerome Powell sagte Anfang März vor dem US-Kongress, dass es «an einem Punkt in diesem Jahr» wohl angezeigt sein werde, die restriktive Geldpolitik etwas zu lockern.

Sogar die zuletzt sehr optimistischen Finanzmärkte liessen sich davon beeindrucken. Sie haben von ihren wildesten Fantasien Abstand genommen, dass die US-Notenbank die Zinsen 2024 noch ganze fünf oder sechs Mal senken wird. Derzeit impliziert das Verhalten der Marktteilnehmer, dass sie mehrheitlich im Juni mit einer ersten Zinssenkung rechnen, und dass sie von weiteren zwei oder drei Schritten bis zum Jahresende ausgehen.

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