Dienstag, November 26

Hinter den jüngsten Kursfeuerwerken an den Börsen steckt nicht zuletzt die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen. Die amerikanische Notenbank zeigt aber keine Eile für einen solchen Richtungswechsel.

Wenn die Sicht vernebelt ist, ist Stehenbleiben oft die beste Strategie. Das sagt sich auch die amerikanische Notenbank Fed. Sie hat deshalb am Mittwoch an der ersten Sitzung im neuen Jahr den Leitzins unverändert in der Bandbreite von 5,25 bis 5,5 Prozent belassen. Überraschend kommt der Entscheid nicht, zumal im Vorfeld des Treffens praktisch niemand mit einem Zinsschritt gerechnet hatte. Gleichwohl verband man an den Finanzmärkten grosse Erwartungen mit der geldpolitischen Sitzung.

Spekulation auf Zinssenkungen

Der Grund für die Anspannung: Anleger warten auf Hinweise, wann das Fed ihre im März 2022 begonnene Straffungspolitik beenden und erste Zinssenkungen verfügen wird. Dass ein solcher Kurswechsel dieses Jahr stattfinden wird, gilt an den Märkten als ausgemacht. Vor einem Monat machte auch der Fed-Chef Jerome Powell entsprechende Andeutungen. Aus den Zinsprognosen des Fed liess sich damals herauslesen, dass 2024 drei Zinssenkungen um je 0,25 Prozentpunkte resultieren könnten.

Das Fed macht in seinem Entscheid deutlich, dass es keine Eile hat mit Blick auf Zinssenkungen. Zwar nennen die Währungshüter – anders als bisher – nicht länger die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen. Gleichzeitig heisst es in der Mitteilung aber auch, eine Reduzierung der Leitzinsen sei so lange nicht angemessen, bis man zuversichtlicher sei, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung des Zwei-Prozent-Ziels bewege. An der Börse, wo man in einer ersten Reaktion mit leichten Kursabschlägen reagierte, kam diese Ankündigung nicht gut an.

Für das am Mittwoch beschlossene Zuwarten der Notenbank gibt es aber gute Gründe. So präsentieren sich die Daten derzeit mehrdeutig: Zwar bewegt sich die Inflation in die richtige Richtung; seit dem Höchststand von über 9 Prozent im Sommer 2022 ist sie auf 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die Freude wird aber dadurch getrübt, dass die Preise im Dezember wieder stärker als erwartet angezogen haben. Das zeigt, dass die Rückkehr zum 2-Prozent-Ziel keineswegs gradlinig verläuft.

Auf dem Weg zur Preisstabilität ist die «letzte Meile» erfahrungsgemäss die schwierigste, auch in den USA. Dort erweisen sich derzeit vor allem die steigenden Wohnkosten als hartnäckig. Für Zuversicht sorgt aber zumindest, dass die Kernrate des Konsumentenpreisindexes weiter gesunken ist. Diese Kernrate spiegelt den allgemeinen Preistrend zuverlässiger als die Gesamtinflation, weil sehr schwankungsanfällige Komponenten wie Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden.

Die Tücken hohen Wachstums

Wenngleich die Richtung stimmt: Unklar bleibt, wie viel Zeit man für die letzte Meile brauchen wird. Denn sowohl das Wachstum als auch der Arbeitsmarkt sind in den USA in solider Verfassung und zeigen sich wenig beeindruckt von der geldpolitischen Straffung. Man kann diese Resilienz positiv deuten, zumal das Szenario einer «sanften Landung» und somit das Verhindern einer Rezession in den USA wahrscheinlicher wird. Die wirtschaftliche Stärke sorgt beim Fed aber auch für Probleme.

Denn bei brummender Konjunktur – im vierten Quartal wuchs die Wirtschaft mit annualisiert 3,3 Prozent stärker als erwartet – steigen meistens auch die Löhne. Und bei robustem Konsum, der in den USA für zwei Drittel der Wirtschaftskraft verantwortlich ist, fällt es Unternehmen leichter, höhere Kosten auf Konsumenten zu überwälzen. Solche Zweitrundeneffekte erschweren den Kampf gegen die Inflation und sprechen dafür, mit Zinssenkungen eher noch zuzuwarten.

In den USA liegt das Wirtschaftswachstum bereits seit sechs Quartalen über dem langfristigen Trendwachstum. Entsprechend gross ist die Gefahr, mit vorschnellen Zinssenkungen den Preisdruck und somit die Inflation erneut zu verstärken. Diese Gefahr wurde an den Märkten noch im Dezember oft ausgeblendet; viele Investoren rechneten damals schon für März mit einer Zinssenkung. Jüngst mehren sich aber die Stimmen jener, die eine solche Zäsur erst im zweiten Quartal erwarten.

In den USA liegt der Leitzins höher als im Euro-Raum und in der Schweiz

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