Die Verbindungen der Blauen Moschee zum Regime in Teheran waren seit langem unübersehbar. Zu ihren Direktoren gehörte sogar ein späterer iranischer Präsident. Trotzdem hat die deutsche Regierung lange gezögert, sie zu schliessen.
Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) war schon lange eine Anomalie. In den sechziger Jahren in der Hansestadt von iranischen Kaufleuten gebaut, handelt es sich bei der Blauen Moschee um eine der ältesten islamischen Gebetsstätten Deutschlands und Europas. In einem Villenviertel direkt an der Aussenalster gelegen, sticht der schmucke Kuppelbau mit seinen zwei Minaretten nicht nur optisch heraus. Auch politisch wirkt das Zentrum wie eine Anomalie. Denn es gilt als zentrale Einrichtung des Teheraner Regimes in Deutschland.
Nicht nur von iranischen Regimegegnern, sondern auch von deutschen Politikern wurde seit Jahren kritisiert, dass die Regierung mitten in Hamburg eine solche Dependence der Islamischen Republik dulde. Der Grünen-Chef Omid Nouripour bezeichnete es gar als «wichtigstes Spionagenest» Irans. Das IZH bestritt zwar stets, direkt mit dem iranischen Staat verbunden zu sein, und beteuerte seinen rein religiösen Charakter. Doch die Nähe zum Regime war unübersehbar.
So entstammten alle Direktoren dem klerikalen Establishment der Islamischen Republik. Der letzte Leiter des Zentrums war Hojatoleslam Mohammed Hadi Mofatteh, ein Sohn des religiösen Gelehrten und politischen Aktivisten Mohammed Mofatteh, der eine führende Rolle in der iranischen Revolution gespielt hatte. Seit seiner Ermordung im Dezember 1979 wird er vom Regime als Märtyrer verehrt. Zahllose Plätze und Strassen in Iran sind heute nach ihm benannt.
Ein Direktor des IZH wurde später iranischer Präsident
Mofatteh war ein enger Weggefährte von Ayatollah Mohammed Hossein Beheshti, der nach der Fertigstellung der Blauen Moschee 1965 deren erster Direktor war. Später avancierte Beheshti zu einem der Anführer der Revolution in Iran und trug 1979 als stellvertretender Vorsitzender der Verfassungsversammlung entscheidend dazu bei, dass das Konzept der Herrschaft des Rechtsgelehrten («velayat-e faqih») zur Grundlage des politischen Systems Irans gemacht wurde.
Beheshtis Nachfolger in Hamburg wurde 1970 der schiitische Theologe und Philosoph Mohammed Mojtahed Shabestari, der wie Beheshti ein Schüler des iranischen Revolutionsführers Ayatollah Khomeiny war. Shabestari wurde später zu einem führenden Vordenker der Bewegung für die Reform des politischen Systems in Iran. Sein Nachfolger in Hamburg war wiederum Mohammed Khatami, der 1997 an der Spitze der Reformbewegung zum Präsidenten Irans gewählt wurde.
Die politische Ausrichtung des IZH führte schon 1993 dazu, dass es vom Hamburger Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellt wurde. Eine Rolle bei der Entscheidung dürfte auch das Mykonos-Attentat im September 1992 gespielt haben, als der iranische Geheimdienst vier kurdisch-iranische Oppositionelle in Berlin ermorden liess. Später befand ein Berliner Gericht die iranische Staatsführung schuldig, das Attentat in Auftrag gegeben zu haben.
Berlin wollte den Kontakt zu Teheran nicht abreissen lassen
Trotz diesem spektakulären Urteil blieb der iranische Geheimdienst in Deutschland aktiv. Angehörige der Exilopposition beklagten schon damals, dass die deutsche Regierung bewusst wegschaue, um die guten Handelsbeziehungen mit Iran nicht zu stören. Unter Helmut Kohl setzte die Bundesregierung lange auf das Konzept Wandel durch Handel. Auch später, als der Atomstreit die Beziehungen belastete, war Berlin bemüht, den Kontakt nicht ganz abbrechen zu lassen. Dies erklärt womöglich auch, warum Berlin nie gegen das IZH vorging.
Nach aussen gab sich das IZH gemässigt, organisierte Veranstaltungen zum interreligiösen Dialog und nahm am Tag der offenen Moschee teil. Gleichzeitig vertrieb es laut dem Verfassungsschutz aber das Buch «Der Islamische Staat» – die zentrale politisch-theologische Schrift Khomeinys. Auch war es an der israelfeindlichen Demonstration zum Al-Kuds-Tag beteiligt, der 1979 von Khomeiny ins Leben gerufen worden war, um für die Befreiung Jerusalems zu demonstrieren.
In den letzten Jahren wuchs der Druck auf die Regierung, zu handeln. Anschläge und Anschlagsversuche in Frankreich, den Niederlanden und Dänemark verdeutlichten, wie aktiv der iranische Geheimdienst noch immer ist – und wie wenig Rücksicht er auf die diplomatischen Beziehungen nimmt. Hinzu kam, dass das Regime vermehrt westliche Staatsbürger als Geiseln nahm. Angesichts der brutalen Repression der «Frau, Leben, Freiheit»-Proteste in Iran sprachen sich die Parteien der Ampelkoalition dann im Herbst 2022 dafür aus, eine Schliessung des IZH zu prüfen. Nun hat die Regierung das Zentrum verboten.

