Sonntag, September 8

Als Auftragsfertiger wirkt der Medikamentenhersteller Corden Pharma im Hintergrund. Doch die Firma profitiert vom Boom im Bereich der Abnehmspritzen. Damit ist sie für einen Börsengang prädestiniert.

Das Treppenhaus ist alt. Auch die Büros und Sitzungszimmer des Basler Unternehmens Corden Pharma unweit des Aeschenplatzes sind sichtlich in die Jahre gekommen. Von Prunk, wie er in vielen Räumlichkeiten der beiden Branchenschwergewichte Roche und Novartis vorherrscht, ist nichts zu sehen.

Im Schatten von Roche und Novartis

Man achte auf Kosteneffizienz, sagt Michael Quirmbach, der Geschäftsführer des Unternehmens. «Als Lohnhersteller haben wir gar keine andere Wahl. In unserer Branche ist der Wettbewerbsdruck gross. Es gibt viele Anbieter.»

Firmen, die wie Corden im Auftrag von Pharmakonzernen Wirkstoffe sowie fertige Medikamente produzieren, stehen generell etwas im Schatten. Sie sind längst nicht so bekannt wie die beiden Basler Riesen Novartis und Roche oder die grossen Akteure aus den USA wie Pfizer, Johnson & Johnson und Eli Lilly. Bei Corden kommt hinzu, dass das Unternehmen im Gegensatz zu anderen Schweizer Lohnherstellern wie Lonza, Siegfried und Bachem nicht börsenkotiert, sondern in Privatbesitz ist.

Mehrere Milliarden wert

Seit gut eineinhalb Jahren gehört Corden der französischen Private-Equity-Gesellschaft Astorg. Der Finanzinvestor übernahm damals die Firma vom deutschen Chemiekonglomerat International Chemical Investors Group, das seinerseits vom Industriellen Achim Riemann kontrolliert wird. Riemann hat sich inzwischen wie sein Mitstreiter Patrick Schnitzer als Minderheitsaktionär wieder in Corden eingekauft. Der Verkaufspreis wurde damals nicht kommuniziert, doch ist aus Branchenkreisen zu vernehmen, dass er rund 3 Milliarden Euro betragen habe.

Dieser stattliche Betrag zeigt, dass sich Corden unter den sogenannten Contract Development & Manufacturing Organizations (CDMO), wie die Auftragsfertiger der Pharmabranche auch genannt werden, nicht zu verstecken braucht. Bachem bringt es zum Vergleich gegenwärtig auf eine Marktkapitalisierung von 5 Milliarden Franken, Siegfried wird mit gut 4 Milliarden bewertet.

Corden betreibt elf Produktionsstandorte und ein Forschungszentrum in Europa sowie in den USA. Insgesamt arbeiten 3000 Beschäftigte für die Firma. Knapp ein Fünftel von ihnen entfällt auf die Schweiz, wo das Unternehmen an drei Standorten, in Liestal, Ettingen und in Freiburg, produziert.

Kaum noch für Generika im Einsatz

In den vergangenen Jahren ist Corden stark gewachsen. Vor zehn Jahren erklärte Riemann als damaliger Eigentümer gegenüber dem Branchenportal Chemanager International, der Umsatz liege bei 350 Millionen Euro. Mittel- und langfristig plane man eine Verdoppelung oder gar eine Verdreifachung auf über 1,2 Milliarden Euro. Vom letzteren Zielwert ist das Unternehmen nicht mehr allzu weit entfernt. Im laufenden Jahr werde man einen Umsatz von rund 900 Millionen Euro erwirtschaften, sagt Quirmbach, der seit 2019 als CEO wirkt und damit seine Position auch unter der neuen Eigentümerschaft behalten hat.

Corden hat sich auf die Produktion patentgeschützter Medikamente spezialisiert. Dies bietet dem Unternehmen den Vorteil, dem Preisdruck weniger ausgesetzt zu sein. Generika steuern laut Quirmbach nur noch 10 Prozent zum Umsatz bei. Früher stellte das Unternehmen in einem Werk in Italien auch Antibiotika her. «Leider lässt sich in diesem Geschäft kein Rappen mehr verdienen», bedauert der Firmenchef.

Wie anderen Auftragsfertigern verschaffte die Pandemie auch Corden hohe Einnahmen. Das Unternehmen profitierte dabei vor allem von seiner Fertigkeit, Lipide herzustellen. Diese fettähnlichen Substanzen wurden in grosser Zahl benötigt, um darin den mRNA-Impfstoff einzukapseln. Weil das Geschäft mit Covid-19-Impfungen fast vollständig weggebrochen ist, muss die Firma einen dreistelligen Millionenbetrag beim Umsatz kompensieren. Man habe dies geschafft, sagt der Unternehmensleiter.

Dank dieser Leistung war die Firma anders als gewisse Mitbewerber auch nicht gezwungen, Arbeitsplätze abzubauen. Der Personalbestand soll im Gegenteil weiter zunehmen. Im laufenden Jahr plant das Unternehmen, ihn um eine zweistellige Zahl zu erhöhen.

Polypeptide überholt?

Ähnlich wie Bachem verspricht sich Corden hohes Wachstumspotenzial bei sogenannten GLP-1-Agonisten, die zur Behandlung von Diabetes und zunehmend von Fettleibigkeit verabreicht werden. Bei dieser Wirkstoffklasse gelangen Peptide zum Einsatz, deren Herstellung eine Spezialität beider Unternehmen ist.

Bachem gilt als unbestrittener Marktführer in der Peptidherstellung, doch ist es Corden laut eigenen Angaben gelungen, jüngst die Firma Polypeptide als zweitgrössten Anbieter zu überholen. Polypeptide konnte dies auf Anfrage nicht bestätigen. Allerdings kämpft das Zuger Unternehmen seit geraumer Zeit mit operativen Problemen und könnte so gesehen gut Marktanteile verloren haben.

Angesprochen darauf, welchen Exit der neue Mehrheitsaktionär Astorg dereinst wählen könnte, sagt Quirmbach, dass ein Börsengang nicht ausgeschlossen sei. Als zunehmend unwahrscheinlich erachtet der aus Düsseldorf stammende Manager, der seit über zwanzig Jahren in der Schweiz lebt, den Verkauf an einen Konkurrenten. Da man mittlerweile unter die zehn grössten Auftragsfertiger vorgestossen sei, gebe es nicht viele Mitbewerber, die sich einen solchen Zukauf noch leisten könnten.

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